Die Pferdelords 07 - Das vergangene Reich von Jalanne. Michael Schenk. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Schenk
Издательство: Bookwire
Серия: Die Pferdelords
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783750222137
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Lebenswasser tatsächlich bewirken mochte, Jalan hatte offenbar die

      Hoffnung, dadurch Nedeams Leben und so das Glück der beiden verlängern

      zu können. Es musste ein kostbares und wohlbehütetes Geheimnis gewesen

      sein, da selbst Llaranya ahnungslos gewesen war. Nedeam begriff nun auch

      den Konflikt, in dem sich der Elf befand. Das Lebenswasser reichte nur für

      eine Person. Fraglos hätte sich Jalan für Nedeam entschieden, doch er spürte

      die tiefe Verbundenheit der Anwesenden mit der dem Tod geweihten Larwyn.

      »Sie soll es erhalten«, entschied Nedeam ohne langes Zögern. »Sie muss es

      erhalten.«

      Jalan nickte und übergab das Gefäß an Leoryn. Diese flößte der Herrin der

      Hochmark die sirupartige Flüssigkeit ein. Nun warteten alle gespannt, ob sich

      Larwyns Zustand bessern würde. Nach einigen Augenblicken entspannte sich

      ihr verkrampfter Körper. Sie schöpften schon Hoffnung, doch dann schüttelte

      Leoryn bedauernd den Kopf.

      »Das Lebenswasser wirkt«, flüsterte sie. »Es hält die Vergiftung auf oder

      verzögert sie zumindest. Aber es ist nicht genug, um das Gift wirksam zu

      bekämpfen und Larwyn genesen zu lassen.«

      Nedeam stieß einen Seufzer der Enttäuschung aus. »Dann ist sie endgültig

      verloren?«

      »Nicht unbedingt.« Die elfische Heilerin richtete sich ächzend auf. »Das

      Lebenswasser zögert den Tod hinaus. Wenn wir mehr davon hätten …«

      Jalan erkannte die unausgesprochene Frage und schüttelte den Kopf. »Das

      war alles, was ich besaß. Es tut mir leid.«

      »Das Wasser muss doch von irgendwoher kommen«, wandte Llaranya ein.

      »Beschaffen wir einfach mehr davon.«

      »Einfach?« Jalan sah seine Tochter betrübt an. »Ich weiß nicht einmal,

      woher es stammt.«

      »Woher habt Ihr das Gefäß?«

      »Von den Grauen Zauberern, die das Haus Deshay mit ihrem Bann

      belegten«, erwiderte Jalan. »Aber nicht einmal das vermag ich genau zu

      sagen. Wir fanden das Gefäß, nachdem das Haus befreit war. Ich erkannte die

      Flüssigkeit anhand der alten Schriften unseres Hauses.«

      »Von den Grauen? Und die elfischen Schriften enthalten Hinweise dazu?«

      Nedeam schöpfte neue Hoffnung. Im Kampf um das Haus Deshay hatte er mit

      Llaranyas Hilfe einen der Grauen Magier bezwungen. Und er würde sich

      erneut einem dieser schrecklichen Wesen stellen, wenn er dadurch Larwyns

      Leben retten konnte.

      »Die Hinweise sind nur undeutlich«, erklärte Jalan. »Ihr versteht bestimmt,

      dass dieses Lebenswasser für uns Elfen nicht sonderlich von Belang war. Wir

      sind unsterblich und benötigen derartige Mittel nicht.«

      »Ja, das verstehe ich. Doch was sagen denn nun Eure Schriften?«

      »Nur, dass es das Lebenswasser gibt und sich seine Quelle irgendwo im

      Süden befinden soll.«

      »Das ist nicht gerade viel«, brummte Nedeam enttäuscht.

      »Die Grauen kannten die Quelle, doch wir können sie schwerlich danach

      fragen.«

      Nein, das konnten sie nicht. Die Grauen Zauberer, die so lange

      wohlwollend die Geschicke der Menschen begleitet hatten, waren

      verschwunden oder dem Schwarzen Lord verfallen. Selbst die Weißen

      Zauberer schienen Vergangenheit zu sein. Sollte sich die Hoffnung, Larwyn

      mit dem Lebenswasser retten zu können, nun doch wieder zerschlagen?

      Enttäuscht ging er zu dem Stuhl hinüber, den Larwyn wohl in dieser Nacht

      benutzt hatte, und setzte sich. Er wollte sich gerade anlehnen, als Elodarion

      aufschrie. Der Elf sprang vor, packte Nedeam am Arm und zerrte ihn von

      dem Sitzmöbel herunter. Nedeam stieß unwillkürlich einen leisen Fluch aus,

      bis er Elodarions entsetzte Miene sah.

      »In der Lehne«, ächzte der leichenblasse Elf. »In dem Polster steckt

      etwas.«

      Nedeam wandte sich erschrocken um. Und als Elodarion auf die Stelle

      wies, sah er es auch. »Bei den Finsteren Abgründen. Welch eine

      Niedertracht!«

      Im Rückenpolster des Stuhls steckte ein spitzer Gegenstand, den man nur

      bei genauem Hinsehen erkennen konnte. Larwyn hatte ihn sicher nicht

      bemerkt, als sie Platz genommen und sich angelehnt hatte, wobei sie sich die

      Spitze dann selbst ins Fleisch gestoßen haben muss.

      »Nicht berühren«, warnte Elodarion. »Es ist einer der Stachelpfeile der

      Sandmenschen.«

      »Ja, ohne Zweifel.«

      Nedeam blickte auf, als im vorderen Hof der Burg ein Hornsignal ertönte.

      Das Klappern von Hufen und Kommandos waren zu hören. Es war nur eine

      kleine Schar, und er ahnte, wer dort zu früher Morgenstunde in die Burg

      einritt. Sein Gespür sollte ihn nicht täuschen.

      Einen Augenblick später pochte es an der Tür, und Kormund blickte

      herein. »Der Hohe Lord Garwin ist soeben eingetroffen.«

      Das Gesicht des alten Kämpen war von Sorge um die Herrin gezeichnet.

      Wahrscheinlich würde er sich noch zusätzlich Vorwürfe machen, wenn er von

      dem feigen Mordanschlag erfuhr, obwohl er ihn kaum hätte verhindern

      können.

      Als der Pferdefürst die Treppe emporkam, fuhr Kormund herum. Er

      machte eine knappe Ehrenbezeugung und verließ den Raum. Garwin

      bevorzugte wie sein Vater Garodem schlichte Gewänder. Er trug ein

      einfaches blaues Wams und helle lederbesetzte Reithosen. Dazu die typischen

      rotbraunen Stiefel und ein ebensolches Wehrgehänge, in dem Dolch und

      Schwert steckten. Statt des üblichen Grüns hatte er für seinen Umhang einen

      blauen Farbton gewählt, der dem der elfischen Überwürfe glich.

      »Die Torwache berichtete mir, meine Mutter sei ernsthaft erkrankt«, sagte

      er