Tasmund machte ein unbestimmbares Geräusch und zuckte dann die
Schultern. »Es ist dein Ehrentag, Nedeam, und der Llaranas. Wenn die Hohe
Dame Larwyn keine Einwände hat, will ich mich dem elfischen Brauch
fügen.«
Es dauerte noch zwei Zehnteltage, bis es endlich so weit war. Nedeam war
aufgeregt wie ein junges Fohlen. Larwyn schien sich mit allen anderen gegen
ihn verschworen zu haben, und so hielt man ihn vom Betreten des
Haupthauses und der Halle ab. Er war dazu verurteilt, von den Treppen vor
der Unterkunft aus zuzusehen, wie die Gäste eintrafen. Der Pferdelord hatte
das Gefühl, dass alle bestens informiert waren, während man ihn im
Ungewissen ließ. Einmal, ein einziges Mal, konnte er seine Llarana aus
einiger Entfernung sehen, und ihr Lächeln war ihm der einzige Lichtblick.
Unter dem Tor der Burg von Eternas erklang das Poltern von Hufen. Der
alte Scharführer Kormund, ein treuer Kampfgefährte und Freund von Nedeam
und Dorkemunt, trabte mit einem Ehrenberitt der Schwertmänner herein.
Lederzeug, Rüstungen und Waffen blitzten im Sonnenlicht, und die Männer
bemühten sich, keine Miene zu verziehen. Dennoch konnten einige von ihnen
ein Grinsen nicht unterdrücken, als sie den nervösen Bräutigam bemerkten, zu
dessen Ehren sie einrückten.
Dann, Nedeam mochte es kaum mehr glauben, begann die Zeremonie.
Dorkemunt trat an seine Seite. Der kleinwüchsige Pferdelord hatte Nedeam
kennengelernt, als dieser zwölf Jahre alt war und gerade seinen Vater Balwin
verloren hatte. Als Nedeam kurz darauf den Eid des Pferdelords ablegte, war
es Dorkemunt gewesen, der für ihn sprach, und so würde es auch an diesem
Tage sein.
Die Schwertmänner auf den Stufen zum Hauptgebäude nahmen
Ehrenhaltung an, und die beiden Pferdelords traten in den Eingang der großen
Halle, die von Stimmengewirr erfüllt war. Ein wenig verlegen entkleideten sie
sich. Schwertmänner nahmen die zusammengefalteten Bündel auf und legten
sie zu einem Stapel mit den Kleidungsstücken der anderen Gäste. Dorkemunt
schaffte es, eine unbeteiligte Miene zu machen, während Nedeam Nervosität
und Vorfreude im Gesicht standen. Nur noch das Klatschen ihrer nackten
Füße auf dem steinernen Hallenboden war zu hören, als der Lärm der
anwesenden Personen verstummte und andächtiger Stille wich.
Jenseits der beiden schwarzen Säulenreihen, welche die Halle an den
Längsseiten säumten, hatte man Tische und Bänke für die anschließende Feier
gestapelt. Wimpel der Beritte, das Banner der Hochmark und bunte Bänder
schmückten den Raum. Sonst hingen hier auch einige erbeutete Orkbanner,
doch für diesen Tag hatte man sie entfernt. Gemessenen Schrittes gingen
Nedeam und Dorkemunt zwischen den Anwesenden hindurch, die für sie eine
Gasse bildeten. Menschen, Elfen und eine kleine Gruppe Zwerge folgten den
beiden auf ihrem Weg zur Stirnseite der Halle mit den Blicken.
Dort, wo normalerweise die Stühle des Pferdefürsten der Hochmark und
ihrer Herrin standen, erhob sich nun eine hüfthohe Säule mit einem
Wasserbecken darauf. Das große Banner der Mark war durch Blüten und
grüne Zweige ersetzt. Unter diesem Schmuck standen Jalan-olud-Deshay und
Llarana.
Dorkemunt schien, im Gegensatz zu Nedeam, ein paar Anweisungen
erhalten zu haben, denn einige Schritte vor den beiden Elfen hielt er den
Bräutigam sanft zurück. Die nackte Haut von Vater und Tochter schimmerte
im Licht, das durch die hoch gelegenen Fenster der Halle fiel. Ihre Körper
waren makellos und wiesen keine Spuren des Alters auf. Nur wenn man
genau hinsah, konnte man am Leib Jalans die Narben der Wunden erkennen,
die er im Kampf erlitten hatte.
»Zu einer Zeit, da der Fuß des Menschen den Boden noch nicht berührte,
erblickten die Häuser der Elfen das Licht der Welt.« Jalans Stimme war leise
und erfüllte doch die Halle. »Wir Elfen haben die Geburt der
Menschengeschlechter verfolgt und ihren Weg begleitet. Wir sind von
unterschiedlicher Art, wir Elfen und ihr Menschen. Und doch sind wir eins,
denn unser Blut ist von gleichem Ursprung.«
Der Älteste des Hauses Deshay trat an die Schale heran und griff in das
bläulich glitzernde Wasser. Als er die Hand wieder herauszog, blitzte in ihr
die Klinge eines kleinen Dolches auf. »An diesem Tag wird sich das Blut
unserer Völker vermischen. Ein Sohn des Menschenvolkes und eine Tochter
der Elfen werden sich vereinen. Ihr Blut und ihr Leben werden eins sein.«
Llarana trat an die Seite ihres Vaters, und Dorkemunt gab Nedeam einen
unmerklichen Stoß. Jalan sah den Pferdelord eindringlich an. In seinem Blick
schien eine Mahnung zu liegen. Der Elf stand den Menschen eigentlich
kritisch gegenüber und war ursprünglich gegen die Verbindung der beiden
gewesen. Doch Nedeams Kampf für das Haus Deshay, gegen Graue Zauberer
und Orks, hatten dem Pferdelord den Respekt Jalans eingebracht. Und sein
Einsatz zur Befreiung der Ältesten aus den Händen der Schwärme der See
hatte dann zu wirklicher Freundschaft zwischen ihnen geführt. So war Jalans
Blick in diesem Moment nicht Ausdruck einer Skepsis gegenüber der
Verbindung zwischen Mensch und Elf, sondern zeigte die Besorgnis eines
Vaters, der allein das Glück seiner Tochter im Sinn hatte.
Jalan ritzte mit dem Dolch die Daumenkuppen des Paares an und ließ ihn
zurück ins Wasser gleiten, als einige Tropfen Blut in die Schale fielen. Dann
presste er die Wunden sanft aneinander. »So, wie sich nun euer Blut
vermischt, soll auch euer Atem sich vermischen und darin zum Symbol eures
gemeinsamen Lebens werden.«
Llarana erwiderte Nedeams Blick und hauchte ihm ins Gesicht. »Mein
Atem sei deine Wärme und dein Leben«, sagte sie mit weicher Stimme.
Nedeam spürte einen Kloß in seinem Hals und schluckte