ihm, dass dies zum ersten Mal seit Langem ohne Schmerz geschah. Das
offensichtliche Glück des Paares schien selbst der Hohen Dame Trost zu
spenden.
Hinter dem Amtsraum lag der Gang, von dem die Räume abzweigten, die
von Larwyn sowie von Tasmund mit seiner Gemahlin Meowyn genutzt
wurden. Am Ende des Ganges, knapp vor der Treppe, die auf den hohen
Signalturm der Burg hinaufführte, lagen die Gemächer, in denen von nun an
Nedeam und seine Llaranya wohnen würden.
Larwyn hatte recht. Alles war bereit und wie es sein sollte. Wie es ein
junges Brautpaar des Pferdevolkes sich nur wünschen konnte. Die Räume
waren von sanftem Lampenschein erhellt, auf dem Tisch standen ein Schale
Obst, kalter Braten und zwei Karaffen mit kühlem Wasser und mit Wein. Die
Tür zum Schlafgemach war offen und das Bett mit frischen Blüten bestreut,
deren Duft den Raum erfüllte.
Als die beiden darauf niedersanken, fügte sich alles. So, wie es sich immer
fügt, wenn zwei Menschen füreinander bestimmt sind. Nichts störte ihre
Liebe und nichts die Ruhe der Nacht, als sie schließlich erschöpft und
glücklich in den Schlaf glitten.
Bis Nedeam den Schrei hörte.
Er wusste nicht, wie spät es war. Durch das kleine Fenster fiel Sternenlicht
herein und erleuchtete schwach den Raum. Gerade genug, um sich orientieren
zu können.
Da war es wieder.
Der Pferdelord richtete sich ruckartig auf. War es überhaupt ein Schrei
gewesen?
Neben ihm schlug Llaranya die Augen auf. Sie bemerkte sofort die
angespannte Haltung ihres Gemahls und war augenblicklich hellwach. Die
Sinne eines Elfen waren ohnehin schärfer als die der Menschen, und die
Jahre, in denen ihr Heim unter der Herrschaft der Feinde gestanden hatte,
hatten ein Übriges getan. »Gefahr?«
Nedeam lauschte. »Ich weiß nicht. Ich meinte, einen Schrei gehört zu
haben. Nein, es war eher eine Empfindung als ein wirklicher Laut. Ein …
Gefühl, verstehst du?«
Llaranya schwang sich entschlossen von der Bettstatt. Sie zögerte keinen
Moment. »Lass uns nachsehen.«
In den Gewohnheiten des Pferdevolkes war es tief verwurzelt, während der
Nacht an der Schlafstelle eine Waffe griffbereit zu haben. Jahrtausendealte
Erfahrungen mit Raubtieren und Feinden hatten es die Menschen gelehrt.
Doch in dieser Nacht fand das Paar keine Waffen vor. So traten sie leise und
unbewehrt auf den Gang hinaus, der die Räume des Obergeschosses
miteinander verband.
Llaranya lauschte. »Ich höre leisen Gesang aus der Halle. Wenn man das
Gejaule so bezeichnen mag.«
»Es müssen die Zwerge und die Männer deines Volkes sein«, murmelte
Nedeam geistesabwesend. »Andere werden sich kaum noch auf den Beinen
halten können.«
»Töne aus elfischen Kehlen bezaubern die Sinne«, erwiderte Llaranya
selbstbewusst. »Das dort müssen also Zwerge sein.«
»Wie auch immer. Diese Laute haben mich nicht aufgeschreckt. Es war
etwas anderes.«
»Sonst ist nichts zu hören. Halt, da bewegt sich jemand über uns.«
»Die Wache auf dem Signalturm.« Sie musste wirklich erstaunlich scharfe
Sinne haben, denn er selbst konnte die Schritte des Schwertmanns nicht
hören. Nedeam blickte nach rechts und links. Sein Unbehagen wuchs, als er
zu der Tür blickte, die zum Amtsraum des Pferdefürsten führte. Er gab sich
einen Ruck und schritt darauf zu.
Nedeam wusste nicht, ob die Hohe Dame Larwyn inzwischen den Raum
verlassen und ihre eigenen Gemächer aufgesucht hatte. So klopfte er an die
Tür, wie es sich gebührte, und öffnete sie, als keine Antwort kam.
»Larwyn!«
Er sah sie sofort.
Die Herrin der Hochmark lag zwischen Stuhl und Schreibtisch mit dem
Rücken auf dem Boden. Ihre Augen waren weit aufgerissen, Speichel sickerte
aus den Mundwinkeln, und ihre Glieder zuckten.
»Kormund!«, schrie Nedeam. »Schwertmänner der Wache! Die Herrin ist
erkrankt!«
Llaranya schob ihn einfach zur Seite und kniete sich neben die Hohe
Dame. »Rasch, Nedeam, hole meine Elfenschwester Leoryn. Sie ist Heilerin
und wird helfen können.«
»Und Meowyn, meine Mutter. Auch sie beherrscht die Heilkunst.«
Nedeam wandte sich den Gemächern Tasmunds und seiner Mutter zu.
Hinter ihm war ein Poltern zu hören, als Scharführer Kormund, durch den
Schrei alarmiert, mit gezückter Klinge hereinstürzte. Betroffen blieb der alte
Kämpfer beim Anblick Larwyns stehen. »Ist die Herrin gestürzt?«
»Sie ist erkrankt«, wiederholte Nedeam und hastete in den Gang. Auf
seinen Ruf hin kamen Bewegung und Unruhe in die Burg. Schritte und
Stimmen waren zu vernehmen.
Kormund kniete sich neben Larwyn und Llaranya nieder. »Sie schlägt um
sich. Wir müssen sie festhalten, damit sie sich nicht verletzt.«
»Sie krampft.« Die Elfin schüttelte den Kopf. »Wenn wir sie dabei
festhalten, kann es sein, dass sie sich die Knochen bricht. Es ist besser, wir
schieben Stuhl und Tisch zur Seite, sodass sie sich nicht an ihnen stoßen
kann.« Llaranya wandte den Blick zur Tür. »Wo bleibt die Heilerin?«, rief
sie.
Als sie den Blick zu Kormund wandte, erkannte dieser die tiefe Sorge, von
der Llaranya erfüllt war. »Ist es so ernst?«
Die Elfin nickte. »Wenn die Heilerinnen nicht rasch kommen, wird sie
sterben. Doch ich fürchte,