Der Erste Schwertmann konnte keine Rücksicht auf den Freund nehmen,
und gemeinsam mit Kormund schaffte er es, Dorkemunt aus der Halle und
hinüber zu dem großen Brunnen im vorderen Burghof zu führen. Zu jenem
Brunnen, den Larwyn einst hatte anlegen lassen. Aus dem Maul des
springenden Pferdes ergoss sich eiskaltes Wasser in das Becken, und ein
Schwall davon ließ Dorkemunt prustend zu sich kommen.
Wasser lief ihm über Haare und Gesicht, als er sich stöhnend auf die
gemauerte Einfassung setzte und langsam die Vorgänge um sich herum zu
erfassen begann. »Ah, bei allen Finsteren Abgründen, was geht da vor sich?«,
murmelte er. »Was machen all die braven Pferdelords auf dem Hof? Noch
dazu unter Waffen. Oh, mein armer Kopf …«
»Haltet ihn noch einmal ins Wasser«, befahl Garwin, der den drei Männern
zusammen mit Tasmund und Elodarion nach draußen gefolgt war. »Vielleicht
hilft das seinem Kopf.«
»Ah, der Pferdefürst«, ächzte Dorkemunt. »So viel der Ehre?« Er blinzelte
benommen. »Ich, äh, ich habe mich doch nicht unbotmäßig benommen, oder?
Wahrhaftig, ich gab mir Mühe, den Becher mit Elfen und Zwergen
gleichermaßen zu erheben. Ein gerüttelt Maß an Völkerver…ständigung.«
Dorkemunt stieß auf und wandte sich hastig zum Brunnen um. »Verzeiht, mir
ist ein wenig flau im Magen, und in meinem Kopf hämmert es ganz
schrecklich. Ich muss irgendwo angestoßen sein.«
»Verdammtes Blor«, brummte Tasmund. »Auf ein kurzes Hochgefühl
folgt eine Tageswende Elend. Ich fürchte, der gute Herr Dorkemunt wird uns
heute kaum von Nutzen sein.«
»Soll er seinen Rausch kurieren«, sagte Garwin ungeduldig. »Wir
brauchen ihn nicht.«
Es hatte einfach keinen Zweck. Der alte Pferdelord war noch immer vom
Alkohol betäubt und seufzte erleichtert, als die Gruppe von ihm abließ. Dem
Brunnen gegenüber lag die alte Unterkunft der Schwertmänner. Mit dem Bau
der neuen Quartiere draußen am Übungsplatz waren die Wachen ausgezogen.
Tasmund und Meowyn hatten hier eine Weile gewohnt, und zuletzt Nedeam
als Erster Schwertmann. Der massige Bau aus sorgfältig behauenen Steinen
war nun leer und wirkte plötzlich düster und bedrohlich.
Tasmund wies auf den Eingang. Man musste ein paar Stufen hinaufsteigen,
um die Unterkunft zu betreten. Die Fenster waren hoch gelegen und sehr
klein. »Wir haben kein Verlies in der Burg, Hoher Lord Garwin. Es gab nie
Bedarf dafür. Aber die alte Unterkunft bietet sich an. Wenn wir die Tür von
außen zusperren und Wachen davorstellen, könnte sie als Gefängnis dienen.«
»Wozu brauchen wir ein Gefängnis?«, fragte Garwin kalt. »Das Rundohr
ist schuldig. Wir töten es auf der Stelle und können wieder in Sicherheit
leben.«
»Nein!« Nedeams Stimme war scharf, und Garwin sah ihn an, empört über
den energischen Widerspruch. »Seine Schuld ist noch nicht bewiesen, und er
hat das Recht auf einen Schiedsspruch.«
»Ein Schiedsspruch? Das Urteil der Ältesten? Gar gesprochen auf dem
öffentlichen Platz der Stadt Eternas?« Garwin lachte auf. »Ihr macht Euch
lächerlich, Erster Schwertmann.«
Tasmund räusperte sich. »Nun, Hoher Lord Garwin, wie auch immer man
Fangschlag bezeichnen mag, er lebte die letzten Jahreswenden in der
Hochmark. Die Tradition des Pferdevolkes verlangt …«
»Ah, Ihr und Eure Traditionen.« Garwin schüttelte den Kopf. »Sie gelten
nicht für einen verfluchten Ork.«
»Aber sie gelten für das Pferdevolk, dem Ihr angehört, Hoher Lord
Garwin«, schaltete sich Elodarion lächelnd ein. »Die Bestie stand unter Eurer
Obhut, denn Ihr seid der Pferdefürst der Hochmark und tragt Verantwortung
für das, was in Eurem Land geschieht.«
Garwin musste sich zur Ruhe zwingen. »Wollt Ihr behaupten, ich trüge die
Schuld?«
»Natürlich nicht«, beschwichtigte Elodarion. »Aber Ihr seid verantwortlich
dafür, dass jeder Bewohner der Hochmark gerecht behandelt wird.«
»Na schön«, zischte Garwin. »Machen wir ihm den Prozess, obwohl es
Zeitverschwendung ist.«
»Ihr müsst seine Schuld erst beweisen.« Elodarion zupfte an seinem
Gewand. Er empfand keinerlei Sympathie für eine Bestie. Aber er hatte
dieselben Zweifel, die auch Nedeam plagten.
Garwin stieß ein verächtliches Schnauben aus und gab den sie
begleitenden Schwertmännern einen Wink. Das leise Schaben von Klingen,
die aus ihren Scheiden glitten, war zu hören. Die Männer empfanden keine
Furcht vor einem einzelnen Rundohr. Es war das Verhalten von Kämpfern,
die wussten, dass sie einem Feind begegneten.
Nedeam ließ seine Klinge stecken. Er ging seinen Männern voran, stieg die
Stufen empor und stieß die Tür auf. Noch während sie aufschwang, drängten
sich die Pferdelords in die Kammer, bereit, ihre Schwerter zu benutzen.
Fangschlag stand neben der Bettstatt. Er hatte die Kapuze seines Umhangs
zurückgeschlagen und sah den Menschen entgegen. Der Blick aus seinen
roten Augen mit den gelben Schlitzpupillen war nicht zu deuten. Er schwieg,
während Nedeam den Pferdelords ein beschwichtigendes Zeichen gab und
vortrat. »Fangschlag, man beschuldigt dich des feigen Mordanschlags auf die
Hohe Dame Larwyn.«
»Fangschlag hat die Unruhe auf dem Hof bemerkt. Ich habe gehört, dass
ihr mit Waffen zu mir kommt.« Fangschlag lächelte grimmig. Seine Lefzen
glitten von den Fangzähnen zurück, und in diesem Augenblick ähnelte er der
Bestie, welche die meisten Menschen in ihm sahen. »Fangschlag ist ein
Krieger«, verkündete er stolz, »und wenn ich mit dem