Ehre.«
Dorkemunt nickte und zog einen Beutel mit getrockneten Fleischstreifen
vom Gürtel, wie ihn die Pferdelords bei längeren Ritten als Proviant
mitführten. »Ich werde dir noch etwas Würzfleisch hierlassen. Nicht dass du
die Leute verschreckst, weil du draußen nach Essbarem suchst.«
»Ich bin nicht dumm«, knurrte der Ork mit seiner tiefen Stimme. »Ich bin
ein Krieger, und ich bin nicht dumm.«
»Ich weiß, Fangschlag.« Dorkemunt zuckte die Schultern. »Ich wollte dich
nicht beleidigen. Ich bin nur sehr nervös, verstehst du?«
»Fangschlag versteht.« Die Gestalt wandte sich Nedeam zu. »Es ist, weil
dein Junges heute ein Weibchen bekommt.«
Tasmund runzelte verblüfft die Stirn, und Dorkemunt lächelte
entschuldigend. »Nun ja, in den vergangenen Jahreswenden habe ich ihm so
einiges beigebracht, ihr versteht? Wolltiere hüten und sie nicht gleich
schlachten, Zäune flicken und Dächer reparieren. Nützliches Zeug halt. Er
kann sich inzwischen sogar dem einen oder anderen Pferd nähern, ohne dass
sie sich gegenseitig zu beißen versuchen. Nun, bekanntlich haben ja die Orks
keine zwei Geschlechter. Sie wissen natürlich, dass es sich damit bei uns
anders verhält. Also, ich meine, dass es bei uns Männer und Frauen gibt. Ich
habe ihm nur die gröbsten Zusammenhänge erklärt … so gut es halt ging. Er
versteht nichts von Frauen. Aber, nun, wer tut das schon?« Dorkemunt kratzte
sich im Nacken. »Bei der Gelegenheit … Wir sollten jetzt wirklich gehen.
Und mit dir, Nedeam, mein Sohn, hätte ich noch ein paar Worte zu wechseln.
Draußen vor der Tür, wenn es recht ist.«
Tasmund nahm Olruk in Beschlag, der noch immer leicht benommen
wirkte. Und Dorkemunt zog seinen Freund und Ziehsohn Nedeam in den
Schatten des Aufgangs, der zu den Kammern führte.
»Nedeam, mein Sohn, es ist vielleicht nicht der rechte Ort und die rechte
Zeit, aber es gibt da ein paar Dinge, die du unbedingt wissen solltest. Ich hätte
wohl früher mit dir darüber sprechen sollen, doch irgendwie hat sich nie die
Gelegenheit ergeben. Es gibt da ein paar Dinge im Zusammenleben von
Mann und Frau …«
Nedeam dachte an Tasmunds Worte und lachte leise auf.
Dorkemunt errötete ein wenig. »Ich meine nicht jene Dinge, die ein Mann
und sein Weib so tun. Es geht um Llarana, mein Junge. Zum einen ist sie eine
Elfin. Aber sie ist vor allem eine Frau. Und eine Kriegerin, Nedeam, vergiss
das nicht. Sie ist kein gewöhnliches Weib, du verstehst? Ich sollte dir …«
Nedeam nahm die Ratschläge hin und begann sich zu fragen, ob ihm bei
all den gut gemeinten Worten überhaupt noch Zeit für die Zeremonie bleiben
würde. Er ahnte, dass seine Mutter Meowyn wohl auch noch ihren Beitrag
leisten würde, und unterdrückte ein Seufzen. Er wollte es endlich hinter sich
bringen und seine geliebte Llarana in die Arme schließen. Viel zu lange hatte
er ihre Liebe schon vermisst. In dieser Nacht würden sie auch erstmals die
Bettstatt miteinander teilen. Das bereitete ihm eigentlich die größten Sorgen.
Die Elfen waren in allen Künsten bewandert, aber Nedeam war diesbezüglich
noch ohne Erfahrung. Als er und Llarana sich einander versprochen hatten, da
hatte er ihr durchaus näher kommen wollen, doch die Elfin hatte ihn sanft
zurückgewiesen und es mit den Traditionen ihres Volkes begründet. Bei den
Finsteren Abgründen, drei Jahre mochten für eine unsterbliche Elfin nur ein
Atemzug sein, aber ahnte sie denn, wie viele Atemzüge er in dieser Zeit getan
hatte? Doch zuerst kamen die Zeremonie und die Feier. Nedeam nahm sich
sicherheitshalber vor, das Blor seiner Zwergenfreunde an diesem Tag zu
meiden.
Dann, endlich, hatten sich Larwyn, Meowyn und die Elfen über den
Ablauf der Zeremonie verständigt, und das Ergebnis wurde den beteiligten
Pferdelords verkündet.
»Unbedeckt?!« Tasmunds Gesicht verriet Fassungslosigkeit. Auch
Nedeam und Dorkemunt staunten ungläubig. »Ihr meint, vollkommen nackt?
Ohne jegliche Bekleidung?«
Jalan-olud-Deshay, Erster des Hauses Deshay und Llaranas Vater, nickte
gleichmütig. »So ist es elfischer Brauch.«
»Das ist … das ist aber … ungebührlich«, brummte Tasmund. »Nur Mann
und Weib zeigen sich einander nackt.«
»Wenn Ihr Pferdemenschen nach einem langen Ritt auf einen Weiher
stoßt, so badet Ihr auch unbedeckt und zeigt Euch einander, nicht wahr?«
Elodarion-olud-Elodarion, dessen Kinder Lotaras und Leoryn gute Freunde
der Pferdelords und vor allem Nedeams waren, machte eine versöhnliche
Geste.
»Das ist etwas anderes.« Dorkemunt strich sich über das Kinn. »Da
schauen schließlich keine Weiber zu.«
»Wenn wir das Licht des Lebens erblicken«, sagte Elodarion leise, »so tun
wir dies ebenfalls unbekleidet. Es hat rein symbolischen Charakter, Ihr
Pferdelords. Man tritt schutzlos zwischen die seinen und vertraut sich ihnen
an. Eben dies soll die Nacktheit während der Zeremonie zum Ausdruck
bringen.«
Nedeam räusperte sich. »Immerhin, sie findet in der großen Halle statt und
nicht auf dem öffentlichen Platz der Stadt. Die Zahl der Zuschauer ist
begrenzt.«
»Es geht nicht um Zahlen«, knurrte Tasmund. »Es entspricht nicht unserer
Tradition.«
»Die Bräuche der elfischen Häuser sind älter«, entgegnete Jalan lakonisch.
Elodarion nickte. »Bedenkt den Anlass, meine menschlichen Freunde. Es
ist sehr lange her, dass sich ein elfisches Wesen und ein Mensch miteinander
verbanden.«
»Die Zeremonie wird nicht lange dauern«, sagte Nedeam entschlossen,
»und