9
Die Tätigkeit des OLAF wird durch einen fünfköpfigen Überwachungsausschuss kontrolliert (Art. 15 OLAF-VO). Dessen Mitglieder erfüllen in ihrem jeweiligen Mitgliedstaat die Voraussetzungen, um hochrangige Aufgaben in Zusammenhang mit dem Tätigkeitsbereich des Amtes wahrzunehmen. Sie werden vom Parlament, dem Rat und der Kommission im gegenseitigen Einvernehmen für einen Zeitraum von fünf Jahren ernannt.
2. Zuständigkeiten
10
Hauptaufgabe des OLAF als Verwaltungs- und Ermittlungsdienst ist die Durchführung von Kontrollen zur Untersuchung von Betrug, Korruption und sonstigen rechtswidrigen Handlungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union (Art. 2 Abs. 1 OLAF-Beschluss). Hierzu übt es die gem. Art. 3 und 4 OLAF-VO die der Kommission durch Art. 2 und 5 der VO Nr. 2185/96[4] sowie Art. 9 der Verordnung Nr. 2988/95[5] übertragenen Befugnisse zu Kontrollen und Überprüfungen aus. Einerseits fungieren diese Kontrollen als Ergänzung zur Verantwortung der Kommission für die Ausführung des Haushaltsplans, darüber hinaus dienen sie aber auch der Beweisgewinnung. Dies betrifft u.a.[6]
– | Zollbetrug, |
– | missbräuchliche Subventionsverwendung, |
– | Steuerverkürzungen, die für den Gemeinschaftshaushalt bedeutsam werden und |
– | Verfehlungen von EU-Bediensteten bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeiten. |
Dabei handelt das Amt in Form eines sog. „unionsunmittelbaren Vollzugs“, also ohne an Weisungen der Kommission gebunden zu sein.[7] Für solche Sektoren, in denen Betrug zulasten der EU besonders lukrativ ist (Zigaretten, Alkohol, Olivenöl etc.) hat OLAF Task Groups für die jeweils betroffenen Produkte eingerichtet.[8]
11
In Ergänzung zu dieser repressiven Aufgabe erarbeitet das OLAF präventive Strategien und Gesetzgebungsinitiativen zur Betrugsbekämpfung.[9] Allerdings soll nach Einrichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA, vgl. unten Rn. 138 ff.) wegen der überlappenden Zuständigkeiten das OLAF nur noch dann verwaltungsrechtliche Untersuchungen durchführen, wenn die EUStA nicht selbst ermittelt oder ihre Ermittlungen eingestellt hat (Art. 101 EUStA-VO).
3. Befugnisse
12
OLAF-Untersuchungen sind – in Abgrenzung zu strafrechtlichen Ermittlungen oder Rechtshilfe – als Verwaltungsuntersuchungen ausgestaltet und in vorbereitender Weise auf Tatsachenfeststellung, Beweiserhebung und -ermittlung bezogen. Sie finden anlassbezogen statt und erfordern den objektiven Verdacht des Vorliegens von Unregelmäßigkeiten.[10] Die entsprechenden Befugnisse entstammen im Wesentlichen der OLAF-VO. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen können im Austausch auch solchen Behörden zur Verfügung gestellt werden, deren Aufgabe es ist, Rückforderungen vorzunehmen oder Verwaltungs- und Disziplinarsanktionen zu verhängen.
13
Im Gegensatz zu Eurojust und früher zu Europol hat OLAF eigene Ermittlungsbefugnisse erhalten:
a) Interne Ermittlungen
14
Im Jahr 1998 war eine Rechtsgrundlage zugunsten der UCLAF für die Vornahme kommissionsinterner Ermittlungen geschaffen worden.[11] In der Durchführung solcher administrativer Untersuchungen innerhalb der Organe, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen der EU besteht auch nach der Ablösung des UCLAF durch das OLAF noch die Hauptaufgabe des Amtes. Ziel ist es nach wie vor, schwerwiegendes Fehlverhalten der EU-Bediensteten bei der Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit aufzudecken.
15
Allerdings hat OLAF im Vergleich zu der Vorgängerorganisation eine wesentlich stärkere Position. So besteht u.a. die Befugnis, auch gegen den Willen eines EU-Organs in dessen Sphäre zu ermitteln (Art. 4 Abs. 2 OLAF-VO). Zu diesem Zweck erhalten OLAF-Kontrolleure ohne Voranmeldung unverzüglich Zugang zu sämtlichen Informationen und Räumlichkeiten der Unionsorgane, Einrichtungen, Ämter und Agenturen, um deren Rechnungsführung überprüfen zu können. Von allen dort befindlichen Dokumenten sowie vom Inhalt aller Datenträger dürfen sie Kopien anfertigen, Auszüge davon erhalten und die Dokumente und Daten sicherstellen (Art. 4 Abs. 2 lit. a) OLAF-VO). Durchsuchungen zu Kontrollzwecken dürfen sogar bei den gewählten Mitgliedern des Europäischen Parlaments durchgeführt werden, soweit hierdurch deren Immunität nicht beeinträchtigt wird.[12] Die eingeleiteten Verfahren müssen ggf. durch OLAF an nationale Justizstellen abgegeben werden, wo sie als strafrechtliche Ermittlungsverfahren weiterbetrieben werden (Art. 12 Abs. 2 OLAF-VO). Umstritten ist hingegen, ob sich aus der Kompetenz zur Ermittlung gegen den Willen eines Organs auch das Recht auf Beschlagnahme von Akten und auf förmliche Vernehmung von Zeugen ableiten lässt. Letzteres dürfte sich jedoch aus Art. 9 Abs. 2 OLAF-VO ableiten lassen.[13]
16
Gem. Art. 4 OLAF-VO führt das Amt administrative Untersuchungen innerhalb der Organe, Einrichtungen sowie Ämtern und sonstigen Stellen durch. Dabei hat OLAF die Vorschriften der Verträge, insb. des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen, sowie des Statuts unter den Bedingungen und nach den Modalitäten, die in dieser Verordnung und in den von den einzelnen Organen, Einrichtungen sowie Ämtern und Agenturen zu erlassenden einschlägigen Beschlüssen vorgesehen sind, zu beachten.
b) Externe Ermittlungen
17
Daneben führt OLAF – in Anknüpfung an die Arbeit der UCLAF – administrative Kontrollen bei Wirtschaftsteilnehmern durch, die entweder an Unregelmäßigkeiten beteiligt bzw. davon betroffen sind (Art. 3 Abs. 2 OLAF-VO) oder aus anderen Gründen über Informationen verfügen könnten, die für den Untersuchungsgegenstand relevant sind.[14] Über die Einleitung solcher Untersuchungen entscheidet der Generaldirektor (Art. 5 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 OLAF-VO). Auch hier besteht die Möglichkeit, dass die Untersuchungsergebnisse in späteren Ermittlungen, auch durch die Behörden der Mitgliedstaaten, verwendet werden.[15] Theoretisch besteht auch ein unmittelbares Recht zur Ausübung von Exekutivbefugnissen gegenüber Einzelpersonen in den Mitgliedstaaten, die allerdings „in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats“ vorbereitet werden müssen. Faktisch ist OLAF also auf die zuständigen nationalen Ermittlungsbehörden angewiesen. Im Falle von „Vor-Ort-Kontrollen“ bei einem Wirtschaftsteilnehmer, müssen sich die OLAF-Kontrolleure an die Verfahrensvorschriften des jeweiligen Mitgliedstaats halten und dürfen keine Zwangsmaßnahmen ergreifen.[16]
18
Gem. Art. 3 OLAF-VO übt das Amt die der Kommission durch die Verordnung Nr. 2185/96 übertragenen Befugnisse zur Durchführung von Kontrollen und Überprüfungen vor Ort in den Mitgliedstaaten und gem. den geltenden Kooperationsabkommen in den Drittstaaten aus. Im Rahmen seiner Untersuchungsbefugnisse führt OLAF Kontrollen und Überprüfungen gem. Art. 9 Abs. 1 der VO Nr. 2988/95 und gem. den sektorbezogenen Regelungen nach Art. 9 Abs. 2 der genannten Verordnung in den Mitgliedstaaten und gem. den geltenden Kooperationsabkommen in den Drittstaaten durch.
4. Verfahren
19
OLAF verfügt weder über eigene Strafverfolgungszuständigkeiten noch über eigene Beitreibungs-, Einziehungs- oder Sanktionsbefugnisse.[17] Maßnahmen auf Grundlage seiner Ermittlungsergebnisse können von OLAF lediglich empfohlen