Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
Скачать книгу
sie sich wie von einer Wolke des Glücks umhüllt und wünschte sich, dieses Gefühl würde ewig andauern.

      Bald aber zog ein kühler Wind von den Bergen herüber, und da es schon recht spät war und sie beide am Morgen früh aufstehen mussten, wurde es Zeit aufzubrechen. Als sie sich schließlich vor Monas Haustür voneinander verabschiedeten, versprachen sie sich, dass sie sich gleich am nächsten Tag wiedersehen würden. So lange musste ihre Sehnsucht warten.

      *

      »O nein!«, rief Mona erschrocken, als sie am Morgen aufwachte und auf den Wecker schaute, der auf dem Tisch neben dem Schlafsofa stand.

      Sie hätte vor einer halben Stunde aufstehen müssen. Offensichtlich hatte sie den Wecker im Halbschlaf ausgeschaltet, als er zuvor geklingelt hatte. Sie sprang aus dem Bett, eilte unter die Dusche, schlüpfte in ihre weiße Jeans und das gelbweiß gestreifte T-Shirt mit den kurzen Ärmeln und dem runden Ausschnitt. Lidstrich, ein bisschen Wimperntusche, noch schnell die Haar gebürstet, zu mehr reichte die Zeit nicht mehr. Den Apfel aber, den Jonas ihr am Abend geschenkt hatte, den aß sie auf ihrem Weg zum Hotel, und in diesem Moment war ihr Jonas wieder ganz nah.

      »Was ist denn los?«, fragte sie verwundert, als sie den Kosmetiksalon im Hotel Sonnenblick betrat und Simone völlig aufgelöst hinter dem Empfangstresen stand.

      »So etwas ist mir noch nie passiert«, jammerte Simone und zupfte aufgeregt an dem obersten Knopf der Knopfleiste ihres roten Kleides. Das hochgesteckte blonde Haar hatte sich zum Teil aus der Spange gelöst und hing ihr wirr im Gesicht.

      »Was ist dir denn passiert?«, wollte Mona wissen.

      »Ich habe gerade eine Kundin mit unserem Gesichtswasser behandelt, nun ist ihre Haut mit roten Flecken übersät.«

      »Eine Allergie?«

      »Ich denke schon, ich muss Doktor Seefeld anrufen und ihn fragen, was ich tun soll.«

      »Wäre es nicht besser, die Dame zu ihm zu schicken?«

      »Schon, aber sie weigert sich, so auf die Straße zu gehen.«

      »Allerdings weigere ich mich«, sagte die Frau in dem hellen Kostüm, die aus dem Behandlungsraum kam und sich ein weißes Frotteehandtuch so vor das Gesicht hielt, dass nur ihre Augen zu sehen waren.

      »Es tut mir wirklich sehr leid, Frau Winter«, entschuldigte sich Simone erneut, »aber ich konnte nicht ahnen, dass Sie auf das Gesichtswasser allergisch reagieren.«

      »Und ich konnte nicht ahnen, dass Sie hier derart aggressive Mittel verwenden. Ich gehe regelmäßig zu meiner Kosmetikerin in München, so etwas ist da noch nie vorgekommen. Mein Mann und ich wollten heute Abend unseren fünfundzwanzigsten Hochzeitstag feiern, und nun das«, stöhnte sie und sah Simone mit blitzenden Augen an.

      »Ich habe eine Idee.« Mona öffnete den Schrank, in dem sie die Hüte aufbewahrten, die sich modebewusste Damen hin und wieder bei Simone ausliehen. Einer davon, ein weißer Strohhut mit einem roten Band, hatte einen weißen Gazeschleier, hinter dem Frau Winter ihr Gesicht verbergen konnte. »Wenn Sie den aufsetzen, wird niemand etwas bemerken«, sagte sie und zeigte Frau Winter den Hut.

      »Wer sind Sie?«, fragte Frau Winter, nachdem sie den Hut begutachtet hatte.

      »Das ist meine Kollegin Frau Wagner«, stellte Simone Mona vor.

      »Und Sie würden mich zu diesem Arzt fahren?«

      »Ja, selbstverständlich.«

      »Nimm meinen Wagen«, sagte Simone und gab Mona ihren Autoschlüssel.

      »Nun gut, dann machen wir es so«, erklärte sich Frau Winter einverstanden und legte das Handtuch auf den Tresen.

      »Ich helfe Ihnen«, sagte Mona, setzte ihr den Hut vorsichtig auf die kurzen dunklen Locken und zog ihr den Schleier vor das Gesicht. Das sieht wirklich schlimm aus, dachte sie, als sie die vielen roten Flecken sah, die Frau Winters Haut entstellten. Hier konnte nur noch ein Wunder helfen.

      »Freilich schaut der Herr Doktor sich das an. Nehmen Sie im Wartezimmer Platz«, bat Gerti Fechner, Sebastians Sprechstundenhilfe, nachdem Frau Winter den Schleier ihres Hutes ein wenig gelüftet hatte. »Da wird sich schon etwas finden, das ein bissel Erleichterung bringt«, versicherte sie der Unglücklichen.

      Gerti, die schon seit über dreißig Jahren in der Praxis Seefeld angestellt war, stand hinter ihrem Tresen und nickte Frau Winter aufmunternd zu, dabei versprühte die kleine rundliche Frau in dem strahlend weißen Kittel so viel Zuversicht, dass es Frau Winter gleich ein wenig besser ging.

      »Einen schönen guten Morgen wünsch ich.«

      »Guten Morgen, Eleonore«, begrüßte Gerti Jonas’ Schwester, die im Sturmschritt hereinkam. Sie hatte ihr blondes strähniges Haar mit einem Stück Kordel zusammengebunden und trug Gummistiefeln zu ihrer bunten Kittelschürze.

      »Was ist Ihnen denn passiert?«, fragte Eleonore, die noch einen Blick auf Frau Winters Gesicht hatte werfen können, bevor sie es wieder hinter dem Schleier verbarg.

      »Aggressives Gesichtswasser«, antwortete Frau Winter.

      »Da schau an, die Frau Wagner, war das Ihr Werk?«, wandte sich Eleonore mit frohlockendem Blick Mona zu.

      »Guten Morgen, Frau Kastner, nein, das war nicht mein Werk«, antwortete Mona höflich, während Frau Winter ins Wartezimmer ging.

      »Wie auch immer, geht’s dann gleich los, Gerti? Ich muss so schnell wie möglich wieder zurück zum Hof«, erklärte Eleonore der Sprechstundenhilfe.

      »Nur Blut abnehmen, oder willst du auch zum Doktor?«

      »Zum Doktor müsst ich auch, das Kreuz, weißt, es schmerzt halt alleweil recht stark.« Eleonore stöhnte und fasste sich an das Steißbein.

      »Wenn du zum Doktor willst, dann musst dich aber nachher noch ein bissel gedulden. Zur Blutabnahme da entlang, ich komme gleich«, sagte Gerti und deutete auf die Tür in der Mitte des Ganges, die zu einem Behandlungsraum führte.

      »Diese arme Frau hat es ja böse erwischt. Ich denke, ich werde es mit Traudel halten und mich auf Ihre Kräutermasken und die Naturkosmetik verlassen, Frau Wagner«, sagte Gerti.

      »Auch Kräuter können Allergien auslösen, deshalb muss ich mich absolut auf meinen Lieferanten verlassen, dass er nicht aus Versehen irgendein Unkraut unter meine Bestellung mischt.«

      »Wo holen Sie Ihre Kräuter denn?«

      »Auf dem Kastnerhof.«

      »Dann müssen Sie sich darum keine Sorgen machen, auf die Kastners ist Verlass.«

      »Ich weiß«, antwortete Mona mit einem verträumten Blick.

      »Jonas kann eine junge Frau recht beeindrucken, nicht wahr?« Gerti streichelte Mona lächelnd über den Arm.

      »Stimmt, das kann er«, gab Mona unumwunden zu. »Würden Sie Frau Winter bitte ausrichten, dass ich draußen auf sie warte?«

      »Das mache ich, und ich werde Doktor Seefeld Bescheid sagen, dass er sie bald aufruft und sie ein bisschen beruhigt.« Gerti hatte beschlossen, Frau Winter als Notfall zu behandeln; je schneller sie Hilfe bekam, umso schneller würde sich ihr Ärger legen.

      »Danke, Frau Fechner«, sagte Mona und ging hinaus in den Hof.

      »Ich könnte mir vorstellen, dass das Madl seinerseits unseren Jonas durchaus auch beeindrucken könnte«, sagte Gerti leise, während sie Mona nachschaute.

      »Das mit dem Beeindrucken wird hoffentlich bald wieder vorbei sein«, murmelte Eleonore, die auf einer Liege saß und ihren rechten Arm freigemacht hatte. Sie hatte die Unterhaltung zwischen Mona und Gerti verfolgt, und es hatte sich für sie nichts verändert. Es gefiel ihr nicht, dass diese Frau sich derart von Jonas angezogen fühlte und ihm den Kopf verdrehte.

      »Ich glaube, ich könnte mich in Mona verlieben«, hatte er ihr heute beim Frühstück gestanden, und das hatte ihr einen gehörigen Schrecken eingejagt. So etwas hatte er schon lange nicht