Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
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das ihr als Küche, Wohn- und Schlafraum diente. Die Küchenzeile aus hellem Kiefernholz an der Längsseite gleich neben der Tür zur Diele, in der Mitte des Raumes ein Esstisch mit vier Stühlen, und vor dem Fenster das rote Ecksofa mit Bettkasten, das sich zu einer bequemen Liege ausklappen ließ. Alles war aufgeräumt, und es sprach nichts dagegen, Jonas hereinzubitten, worauf er aber vielleicht gar nicht eingehen würde.

      »Ja, bitte«, meldete sie sich zaghaft, als es wenig später klingelte und sie den Hörer der Türsprechanlage abnahm.

      »Jonas Kastner, ich bringe die Kräuter. In welchem Stockwerk wohnen Sie?«, wollte er wissen.

      »Dachgeschoss«, antwortete sie, hängte den Hörer wieder ein und öffnete die Wohnungstür. Mit klopfendem Herzen schaute sie auf die Stockwerksanzeige des Lifts, gleich würde er da sein. Als sich die Tür des Aufzugs öffnete, erging es ihr wie am Tag zuvor, als sie Jonas das erste Mal gesehen hatte, sie fühlte sich verunsichert und wusste nicht, wo sie hinschauen sollte. Wieder spürte sie dieses aufregende Kribbeln, als sie den jungen Mann betrachtete, der das hellblaue Hemd locker über der Jeans trug. Ja, er gefällt mir, dachte sie, als er den Korb mit den Kräutern anhob, den er im Lift abgestellt hatte, und ihm eine Strähne seines blonden Haares in die Stirn fiel.

      »Hallo, Frau Wagner, wohin mit dem Korb?«, fragte er, und sie zuckte erneut zusammen, als sein Blick über sie hinwegglitt, ganz kurz und ohne auch nur die Spur eines unangenehmen Gefühls zu hinterlassen.

      »Hier herein, bitte.« Sie trat zur Seite, damit er in die Wohnung konnte. »Wenn Sie den Korb vor der Küchenanrichte abstellen, dann nehme ich die Kräuter schnell heraus.«

      »Ich helfe Ihnen«, entgegnete er und nahm auch gleich zwei der 300 g schweren Leinensäckchen, in die er die Kräuter gepackt hatte, aus dem Korb. »Ich hoffe, ich habe nichts vergessen.«

      »Es ist alles da«, sagte Mona und schaute auf die zwölf beschrifteten Leinensäckchen. »Soll ich bar bezahlen oder das Geld überweisen?«, fragte sie, als er die Rechnung dazulegte.

      »Überweisen ist in Ordnung, also dann, bis zum nächsten Mal«, sagte er, rührte sich dabei aber nicht von der Stelle, so als suchte er nach einem Grund, noch bleiben zu können.

      Ich werde ihm jetzt einfach etwas zu trinken anbieten, dachte Mona, weil auch sie diese zweite Begegnung zwischen ihnen noch ein wenig verlängern wollte.

      »Entschuldigen Sie mich kurz«, bat er sie, als sein Handy läutete, das in der Brusttasche seines Hemdes steckte. Er zog es heraus, schaute auf das Display und nahm den Anruf sofort an. »Elo, was gibt es?«, fragte er. »Alles klar, ich bin gleich da.«.

      »Ist etwas passiert?«, erkundigte sich Mona.

      »Eine unserer Milchkühe hat sich wohl gerade entschlossen, ihr Kälbchen zu bekommen. Normalerweise schaffen sie das auch sehr gut allein, aber für unsere Zenzi ist es das erste Mal, da könnte es sein, dass sie ein wenig Zuspruch braucht.«

      »Dann müssen Sie sicher gleich los.«

      »Ja, das sollte ich tun.«

      Schade, dann werde ich wohl heute nicht mehr viel über dich erfahren, dachte Mona enttäuscht. »Möchten Sie zuvor noch ein Glas Orangensaft?«, fragte sie, um den Abschied hinauszuzögern.

      »Gern«, antwortete er und hielt ihren Blick fest.

      Hoffentlich fällt mir nichts aus der Hand, dachte Mona, weil sie ein bisschen zitterte, als sie die Flasche mit dem Orangensaft aus dem Kühlschrank nahm und zwei Gläser füllte.

      »Möchten Sie mitkommen?«, fragte er.

      »Zu ihrer Zenzi?«

      »Tut mir leid, das war wohl keine gute Idee«, entschuldigte er sich und schüttelte über sich selbst den Kopf.

      »Doch, es war eine gute Idee, ich würde sehr gern mitkommen«, sagte sie und dieses Mal sah sie ihn direkt an. Danke, dass du mich gefragt hast, dachte sie.

      »Wirklich?«, vergewisserte er sich noch einmal.

      »Ja, unbedingt«, versicherte sie ihm und versank in seinen grünen Augen.

      »Wollen wir los?«, fragte er, nachdem sie den Saft im Stehen getrunken hatten, dabei kaum ein Wort gewechselt hatten und sich nur anschauten.

      »Ja, gehen wir«, sagte Mona, räumte die Gläser in die Spülmaschine und ging in die Diele, um ihre Gummistiefel aus dem Garderobenschrank zu holen. »Interessantes Auto«, stellte sie fest, als Jonas ihr die Beifahrertür des weißen Geländewagens mit der offenen Ladefläche aufhielt.

      »Ich habe ihn erst seit Kurzem. Sebastian Seefeld hat mich von den Vorzügen dieser Wagen überzeugt. Er hat lange in Kanada gelebt, dort sind sie ziemlich verbreitet, und für meine Lieferungen an die Geschäfte im Umkreis hat er sich als wirklich praktisch erwiesen.«

      »Ich habe gehört, dass Doktor Seefelds Frau bei einem Unfall ums Leben gekommen ist«, sagte sie, während sie die Straße ins Dorf hinunterfuhren.

      »Wegen ihr ist er damals dort geblieben. Sie stammte aus Quebec. Ich glaube nicht, dass er zurückgekommen wäre, wenn das nicht passiert wäre. Zumal es auch für Emilia nicht leicht war, aber ich denke, die Bergmoosbacher tun ihr Bestes, damit sie sich zu Hause fühlen.«

      »Davon bin ich überzeugt«, stimmte Mona ihm zu. Auch ihr waren die Einheimischen bisher immer freundlich und hilfsbereit begegnete, und das, obwohl sie keinerlei Bezug zu ihrem Dorf hatte.

      *

      »Das ist unsere Zenzi«, stellte ihr Jonas die weißbraun gefleckte Kuh vor, die allein in einer Ecke auf dem strohbedeckten Boden des Stalls lag und sich immer wieder eine andere Stellung suchte, um sich den Fortgang der Geburt zu erleichtern. »Du machst das sehr gut, Zenzi, du schaffst das«, sprach er mit beruhigender Stimme auf Zenzi ein, die ihn mit ihren großen dunklen Augen voller Vertrauen anschaute. »Es geht los«, sagte er, als Zenzi plötzlich aufstand.

      »Die Beinchen sind schon zu sehen«, flüsterte Mona gleich darauf.

      »Kommen Sie, halten wir ein bisschen Abstand, damit sie sich nicht gestresst fühlt«, sagte Jonas leise und setzte sich auf den sauberen Strohhaufen, der in der Mitte des Stalls aufgehäuft war. »Doch Angst vor der Natur?«, fragte er, als Mona zögerte, seinem Beispiel zu folgen.

      »Püppchen in feinen Kleidchen setzen sich nicht ins Stroh«, erklärte Eleonore, die in den Stall hereinmarschierte, in dunkelgrünen Gummistiefeln, bunter Kittelschürze, mit Kopftuch und der dicken Brille auf der Nase.

      »Ich bin auf dem Land aufgewachsen, mir macht das mit dem Stroh nichts aus«, antwortete Mona höflich, obwohl die hagere Frau sie voller Missachtung betrachtete.

      »So, auf dem Land, aha«, entgegnete Eleonore.

      »Meine Schwester Eleonore, Mona Wagner«, machte Jonas die beiden miteinander bekannt.

      »Hallo, Frau Kastner«, sagte Mona und wollte Eleonore die Hand geben, aber Eleonore übersah diese Geste, zog ein Paar rosa Gummihandschuhe aus der Tasche ihrer Kittelschürze und stülpte sie sich über.

      »Warte noch, Elo, gib ihr ein wenig Zeit«, bat Jonas.

      »Ich weiß, was ich zu tun hab, ich hab schon den Kälbchen auf die Welt geholfen, da warst du noch im Kindergarten«, erwiderte sie und setzte eine beleidigte Miene auf.

      »Es geht weiter.« Mona hatte sich neben Jonas auf das Stroh gesetzt und schaute fasziniert zu, wie sich das Kälbchen nach und nach ins Leben schob.

      »Ich hol Wasser«, brummte Eleonore, stapfte zu dem Waschbecken neben der Stalltür und stellte die kleine Wanne, die dort an der Wand lehnte, unter den Hahn.

      »Jetzt ist es gleich soweit.« Jonas erhob sich und reichte Mona die Hand, um ihr aufzuhelfen.

      Vorsichtig näherten sie sich Zenzi, die nun alle Kraft aufbot, um ihrem Kalb auf die Welt zu helfen.

      »Jonas, die Wanne ist zu schwer, komm, hilf mir!«, rief Eleonore.

      »Behalte