Felix wurde sehr blass. »Dann ist das alles eine riesengroße Lüge, die du hier aufgetischt hast?«
»Nein, natürlich nicht!« Fiona war den Tränen nahe, aber dieses Mal waren sie echt. »Was redet ihr denn alle? Das Kind ist von dir, Felix! Und diese ganzen Vorwürfe, ich hätte das alles nur wegen deines Geldes getan, sind verrückt! Woher hätte ich denn von deiner Erbschaft wissen sollen?«
Caro antwortete mit nur einem Wort: »Internet!«
»Aber, aber was wollt ihr denn? Ihr spinnt doch alle! Und beweisen könnt ihr gar nichts!« Alle Sanftheit war plötzlich von Fiona abgefallen, und ihr süßes, rundes Gesicht wurde hart und kantig.
»Noch nicht, Fiona!«, entgegnete Caro eisig. »Aber im Moment der Geburt deines Kindes wird es einen Vaterschaftstest geben, verlass dich drauf!«
»Aber bis dahin könnt ihr mir gar nichts!«, giftete Fiona. Im selben Augenblick, als sie es gesagt hatte, begriff sie, dass sie sich verplappert hatte. »Verdammt!«, entfuhr es ihr.
Felix schaute sie fassungslos an. »Alles nur gespielt!«, murmelte er kaum hörbar. »Alles, bis hin zu perfekten Panikattacken.«
Oliver sagte kühl: »Du wirst jetzt deine Sachen packen und mitkommen. Ich habe im Hotel ein Zimmer für dich gebucht, die Gastfreundschaft von Felix und Caro hast du schon viel zu lange überstrapaziert. Morgen fahren wir zurück nach München.«
»Ich denke ja gar nicht daran!«
»Oh, doch, es gibt eine Menge für uns zu tun«, antwortete Oliver ruhig. »Du wirst dich auf die Geburt vorbereiten, und wir werden mit einem Anwalt und dem Jugendamt über das Sorgerecht sprechen. Ich bezweifle, dass aus uns jemals wieder ein Paar werden wird, aber nach allem, was geschehen ist, werde ich das Kind nicht allein deiner Verantwortung überlassen! Wir sind die Eltern, Fiona, ob es dir nun passt oder nicht, und ich schwöre, dass ich gut für mein Kind sorgen werde!
Der Test wird den eindeutigen Beweis bringen, aber Felix und Caro haben es verdient, dass sie jetzt aus deinem Mund die Wahrheit erfahren, Fiona: wer ist der Vater des Babys?«
Fiona schaute niemandem ins Gesicht, als sie flüsterte: »Du, Oliver.«
Es gab nichts mehr zu sagen.
Felix war immer noch wie vor den Kopf geschlagen. Er hielt Caros Hand umklammert wie einen Rettungsanker. »Wie hat das alles nur geschehen können? Warum haben wir ihr alle geglaubt?«
»Oh, Fiona kann sehr überzeugend sein!«, antwortete Caro trocken.
Sie standen in der Eingangshalle und sahen zu, wie Oliver Fionas großen Rollkoffer ins Auto lud. Der Mann wies auf den eleganten Kinderwagen und die luxuriöse Babyausstattung, die sich inzwischen angesammelt hatte. »Die Sachen werden zurückgeschickt, ich kümmere mich darum!«, versprach Oliver. »Du bekommst das Geld zurück, das Fiona sich erschlichen hat.«
»Nein, warte!«, sagte Felix plötzlich. »Nehmt es mit, in wenigen Wochen werdet ihr es brauchen können.« Er lächelte schief. »Irgendwie passt der Wagen besser nach München als ins ländliche Bergmoosbach. Wenn Caro und ich mal einen Kinderwagen brauchen, dann wird es ein ganz anderer sein.«
Bei diesen Worten spürte Caro ein Flattern wie von hundert Schmetterlingen in ihrem Bauch.
Oliver nickte. »Wie du willst.« Er schaute den anderen Mann prüfend an. »Das ist aber sehr großzügig von dir. Immerhin hat Fiona ein übles Spiel mit dir getrieben.«
»Es ist nicht für Fiona, es ist für den Kleinen«, antwortete Felix weich. »Und … er hätte ja auch mein Kind sein können.«
Oliver klopfte ihm kameradschaftlich auf die Schulter. »Du bist ein feiner Kerl, Felix, alle Achtung! Ich wünsche dir und deiner bemerkenswerten Caro alles Gute.«
»Danke, wir euch auch!«
Fiona wandte ihr blasses und verweintes Gesicht ab, als der Wagen anfuhr, und verschwand auf Nimmerwiedersehen aus Felix’ und Caros Leben.
Felix zog Caro in seine Arme und barg sein Gesicht an ihrer Schulter. »Bin ich wirklich ein feiner Kerl?«, murmelte er. »Ich bezweifle es. Wegen eines falsch verstandenen Ehrgefühls habe ich dich verletzt, und ich hätte dich beinahe verloren, Caro! Dabei bist du der wichtigste Mensch in meinem Leben, und ich möchte keinen Tag mehr ohne dich sein!«
»Mach’s doch nicht so kompliziert, mein Schatz! Worauf wartest du denn noch?« Unter Lachen und unter Tränen streckte sie ihm ihre Arme entgegen.
»Äh …, was …?«, stotterte Felix, der nicht ganz begriff.
»Na, trag mich doch endlich über die Schwelle des Kapitänshaus«, lächelte Caro. »Oder muss auch ich vier Jahren warten, so wie Magdalena auf ihren Heinrich?«
»Nein!«, rief Felix glücklich und wollte Caro schwungvoll auf die Arme heben, unterbrach aber plötzlich die Bewegung. »Moment! Bin gleich wieder zurück!« Weg war er und sauste die Treppe nach oben ins Schlafzimmer. Eine Minute später sprang er mit langen Sätzen die Treppe wieder hinunter und trat strahlend auf die Eingangsstufen des Kapitänshauses. In der Hand hielt er eine kleine, offensichtlich sehr alte Schachtel aus dunkelgrünem Leder mit verblasster Goldprägung. Er öffnete sie behutsam, und auf hellem Samt lagen drei alte Ringe.
Es waren die schlichten, goldenen Eheringe Heinrichs und Magdalenas und ihr Verlobungsring, ein wunderschöner Rubin, der von Diamanten umgeben in einer antiken Fassung ruhte. »Man kann nur über die Schwelle dieses Hauses getragen werden, wenn man es ganz ernst meint, Caroline, einmal und für immer. Dafür hat uns Tante Magdalena ihre Ringe hinterlassen. Sie hat gewusst, dass wir uns lieben werden.«
»Einmal und für immer, Felix!«, antwortete Caro strahlend.
Der Verlobungsring glitt auf ihren Finger, Felix hob sie in seine Arme und trug sie über die Schwelle des alten Hauses, das aus Liebe und für die Liebe gebaut worden war.
*
Bergmoosbach ist ein idyllischer, kleiner Ort, und Neuigkeiten verbreiten sich dort schnell. Die abenteuerliche Geschichte von Fionas Kommen und Gehen wurde ausgiebig diskutiert, ohne dass Einzelheiten an die Öffentlichkeit gerieten.
»Man wüsste ja schon gerne genauer, was da wirklich los war!«, sagte Afra im vertraulichen Tonfall zu Gerti, als sie wieder einen Termin bei Doktor Seefeld hatte.
»Da kann ich dir leider nicht weiterhelfen«, antwortete die ältere Sprechstundenhilfe freundlich.
»Nicht?« Gekränkt zog Afra die Augenbrauen in die Höhe. »Und das bei deinen Beziehungen! Du arbeitest doch mit Caro zusammen, und außerdem sieht man dich ja neuerdings nur in Begleitung dieses Anwalts, der das Testament eröffnet hat. Das ist doch ein Onkel vom Felix, gell? Hat der denn gar nichts erzählt? Oder bist du doch nicht so vertraut mit diesem Korbinian Wamsler?«
Gerti schaute von ihren Papieren auf und lächelte mit einem Schimmer in ihren hellen Augen, der früher nicht dagewesen war. »Wenn wir uns treffen, der Korbinian und ich, dann haben wir gar keine Zeit zu tratschen, liebste Afra. Dann sind wir sehr mit anderem beschäftigt«, antwortete sie honigsüß.
»Dann eben nicht!« Gekränkt verzog Afra sich ins Wartezimmer. Sie bekam nicht mit, wie Sebastian Seefeld und Caro im Nebenzimmer mit einander sprachen.
»Ich freue mich für Sie und Herrn Messner, dass dieser Spuk vorüber ist!«, sagte Sebastian. »Haben Sie beide Lust, heute Abend bei uns vorbeizuschauen? Ihre Freundin Anna kommt auch, ebenso Gerti und Herr Wamsler. Die Schatten der vergangenen Wochen haben uns alle ziemlich beschäftigt. Es wäre doch nett, wenn wir jetzt alle Ihre glückliche Zukunft feiern können.«
»Danke, wir kommen sehr gern!«, strahlte Caro.
Das unkomplizierte Treffen im Garten des Doktorhauses wurde zu einer Art improvisierten Verlobungsfeier. Es wurde viel erzählt und gelacht, man stieß auf das Glück des Paares an, und der Kummer wegen Fionas Intrige gehörte