Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
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doch. Wenn sie so viel über die Bergmoosbacher weiß, dann kann sie ihre Informationen miteinander verknüpfen und zumindest erahnen, was in der Zukunft passiert.«

      »Kerstin, das ist eine sehr interessante Überlegung«, sagte Matthias.

      »Elvira Draxler, das Orakel von Bergmoosbach, ich glaube, das würde ihr gefallen«, stellte Anna lachend fest.

      »Wir sollten sie es aber besser nicht hören lassen, sonst sitzt sie irgendwann bei uns im Wartezimmer und stellt ihre eigenen Diagnosen.«

      »Keine Sorge, Sebastian, so lange Gerti bei euch ist, wird das niemals passieren. Sie würde Elvira in so einem Fall gefesselt und geknebelt vor die Tür setzen und nicht mehr in die Praxis lassen«, erwiderte Anna und klopfte ihm beruhigend auf die Schulter.

      »Auf jeden Fall, so würde es ausgehen«, stimmte Matthias Anna amüsiert zu.

      Auch Kerstin musste herzlich lachen. Mit Arndt habe ich niemals so viel Spaß, dachte sie, und das bestärkte sie erneut in ihrem Entschluss, sich endlich von ihm zu trennen.

      »Doktor Seefeld, das ist aber gut, dass ich Sie treffe.« Die ältere Dame in dem rostfarbenen Dirndl, die aus der Drogerie kam, hängte zwei vollgepackte Einkaufstaschen an die Lenkstange ihres Fahrrades, löste es aus dem Ständer, der den Namenszug der Drogerie trug, und kam zum Brunnen. »Wissen Sie, Herr Doktor Seefeld, mich plagt in der letzten Zeit in der Früh das Sodbrennen. Ich weiß gar nicht mehr, was ich dagegen tun soll«, sagte sie und zuckte ratlos die Schultern.

      »Wann tritt dieses Sodbrennen denn auf, Frau Bachmeier? Vor dem Frühstück oder danach?«, erkundigte sich Sebastian.

      »Immer danach.«

      »Was essen Sie zum Frühstück?«

      »Ein bissel einen Speck, zwei drei hartgekochte Eier, einen Johannisbeerensaft, wegen der Vitamine, Brot, dazu noch einen Kaffee.«

      »Versuchen Sie es mit Rühreiern, Brot und nur Kaffee.«

      »Keinen Speck, keinen Saft?«

      »Und keine hart gekochten Eier.«

      »Nie mehr?«

      »Nicht alles zusammen.«

      »Früher hab ich’s aber vertragen.«

      »Im Alter werden wir alle ein wenig empfindlicher, Frau Bachmeier.«

      »Geh, Herr Doktor, da meinen Sie sich aber noch nicht«, entgegnete Frau Bachmeier lachend.

      »Sehen Sie meine Tochter an, dann wissen Sie, wo ich stehe.«

      »Ja, die Emilia, so ein hübsches Madl, manchmal hab ich schon gedacht, ich seh die Carla, wenn die Kleine mit ihren Freunden durchs Dorf spaziert. Ihre Mutter, Herr Doktor, war ein Madl, nach dem sich alle umgedreht haben, bildschön war sie«, fügte Frau Bachmeier hinzu und schien für einen Moment in der Vergangenheit gefangen. »Haben Sie schon gehört, wer den Preis gewonnen hat?«, fragte sie und schaute wieder auf.

      »Welchen Preis?«, wollte Anna wissen.

      »Den die Drogerie ausgerufen hat. Seit einer Woche gibt es dort Lose an der Kasse. Der Hauptgewinn ist ein Wellnesstag im Hotel Sonnenblick, mit Gesichtspflege, Massagen und so was.«

      »Elvira Draxler hat das große Los gezogen, richtig?«

      »Geh, Frau Bergmann, dann hat sie es Ihnen schon erzählt?«

      »Sagen wir, sie hat es uns verraten.«

      »So, verraten, aha. Also dann, noch einen schönen Tag. Ich muss dann wieder, mein Alois wartet auf seinen Nachmittagskaffee.« Frau Bachmeier stieg auf ihr Fahrrad, und als sie gleich darauf über das Kopfsteinpflaster fuhr, schwankte das Rad gefährlich von einer Seite auf die andere.

      Sebastian amtete erleichtert auf, als sie endlich die asphaltierte Straße erreichte und die Fahrt über den Marktplatz ohne Blessuren für sie ausgegangen war.

      »Wenn du noch etwas von deinem freien Nachmittag haben willst, dann solltest du schnell verschwinden, sonst entwickelt sich das hier noch zu einer Freiluftsprechstunde«, sagte Matthias und machte Sebastian auf die beiden Bergmoosbacherinnen in den hellblauen Dirndln aufmerksam, die mit ihren Einkaufstüten aus dem Supermarkt kamen und geradewegs auf den Brunnen zusteuerten.

      »Die Lohmeier Zwillinge, das gibt gleich doppelt Arbeit«, flüsterte Anna und sah auf die Frauen, die nicht voneinander zu unterscheiden waren.

      »Was hältst du davon, wenn wir mal wieder unser Patenkind besuchen?«, schlug Sebastian ihr vor.

      »Ein Spaziergang zum Mittnerhof?«

      »Daran habe ich gedacht.«

      »Gute Idee«, erklärte sich Anna sofort einverstanden.

      »Also dann, gehen wir.« Sebastian sprang vom Brunnenrand, reichte Anna die Hand und half auch ihr herunter.

      »Wenn ihr Unterstützung braucht, ihr habt meine Handynummer«, verabschiedete sie sich von Kerstin und Matthias.

      »Wo geht er hin?«, fragten die Lohmeier Zwillinge gleichzeitig, als sie gleich darauf den Brunnen erreichten.

      »Spazieren, aber die Praxis ist geöffnet. Wenn es also etwas Dringendes gibt, Frau Lohmeier und Frau Lohmeier, dann hilft Ihnen Doktor Benedikt Seefeld sicher gern«, sagte Matthias.

      »Es gibt aber nichts Dringendes«, antworteten die beiden, rückten ihre grauen Lodenhütchen zurecht und marschierten im Gleichschritt weiter.

      »Anna und Sebastian Seefeld haben ein gemeinsames Patenkind?«, fragte Kerstin, als sie schließlich allein mit Matthias auf dem Rand des Brunnens saß.

      »Sie haben dem Jungen in einer stürmischen Nacht draußen auf dem Mittnerhof gemeinsam auf die Welt geholfen.«

      »Und sonst?«

      »Was meinst du?«

      »Ist da mehr zwischen ihnen?«

      »Sebastian trauert noch um seine Frau.«

      »Es muss grauenvoll sein, jemanden zu verlieren, den man liebt. Vielleicht wäre es besser, sich erst gar nicht zu verlieben.«

      »Eltern, Kinder, Großeltern, Freunde, es wird immer jemanden geben, den du liebst.«

      »Aber ich muss mich nicht verlieben. Dieser Liebe kann ich aus dem Weg gehen.«

      »Nein, das kannst du nicht, weil sie sich nicht ankündigt, sie ist irgendwann einfach da. Und sie ist es wert, ein Risiko einzugehen.«

      »Das sind nur Worte.«

      »Du warst noch nie richtig verliebt, nicht wahr?«

      »Kann man auch falsch verliebt sein?«, fragte sie und versuchte ein Lächeln.

      »Falsch würde ich es nicht nennen, aber manchmal ist es eben nur der Hauch von Liebe, den wir spüren, nichts, was wirklich bis dorthin dringt, ganz tief in unsere Seele«, sagte er und berührte die zarte Haut zwischen ihrem Hals und ihrem Dekolleté.

      »Danke, ich glaube, ich weiß, was du meinst.« Behutsam schob sie seine Hand zur Seite. Ich weiß sogar sehr genau, was du meinst, dachte sie, weil sich Matthias‘ Berührung ganz wundervoll angefühlt hatte und sie sich wünschte, dass er sie in seine Arme nehmen würde. Sie spürte plötzlich eine Sehnsucht, die sie noch nie zuvor empfunden hatte, auch nicht für Arndt. »Matthias, du irrst dich, wenn du sagst, dass es nur manchmal ein Hauch von Liebe ist. Ich denke, es ist meistens nur ein Hauch, nur manchmal ist es mehr.« Kerstin drehte sich zur Seite und tauchte ihre Hände in das Brunnenwasser, ließ sie ein paar Mal hin und her gleiten, so als hätte sie sich an etwas verbrannt und müsste ihre Haut kühlen.

      Matthias hätte sie gern gefragt, was sie jetzt gerade empfand, warum sie sich von ihm abwandte, obwohl er doch spürte, dass sie sich zu ihm hingezogen fühlte, aber dazu blieb ihm keine Zeit mehr. Die Mädchen kamen zurück.

      »Matthias, wir möchten gern heute Abend ins Kino gehen«, verkündete Emilia,