Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman. Tessa Hofreiter. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Tessa Hofreiter
Издательство: Bookwire
Серия: Der neue Landdoktor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740980672
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auf den ehemaligen Bauernhof, den die Gemeinde schon seit langem als Jugendherberge nutzte.

      Auf Kerstin machte das aus dunklem Holz erbaute Haus mit seinen zwei Stockwerken, den weißen Sprossenfenstern und den hellgrünen Dachziegeln einen freundlichen Eindruck. Es lag umgeben von Tannen mitten auf einer Wiese, hatte einen Spielplatz mit Klettergerüst und Schaukeln und einen Grillplatz.

      »Jetzt seht euch doch erst einmal um«, beruhigte sie die Mädchen, während sie ihren Rucksack aus dem Gepäckfach über ihrem Sitz nahm.

      »Wozu? Hier gibt es nur Wald und Wiesen«, meldete sich das blonde Mädchen mit den Zöpfen wieder zu Wort.

      »Bitte, Lizzy, nörgle nicht an allem herum. Ich bin sicher, die Bergmoosbacher Mädchen werden euch schon etwas bieten.«

      »Was denn? Sollen wir ihre Kühe auf den Weiden besichtigen oder die Auswahl in ihrem Tante-Emma-Laden bewundern?«

      »Lizzy hat recht, mir ist jetzt schon total langweilig«, schloss sich ein rothaariges Mädchen mit rundem Gesicht und Sommersprossen an.

      »Danke, Inka«, sagte Lizzy und nickte.

      »Okay, Leute, steigen wir aus.« Kerstin zählte innerlich bis zehn, zog den weißen Pulli glatt, den sie über ihrer Jeans trug, schlüpfte mit einem Arm unter die beiden Trageriemen des Rucksacks und verließ den Bus.

      Nach und nach folgten ihr die Mädchen, auch wenn sie sich weiterhin genervt zeigten. Schließlich standen sie alle mit ihren Rucksäcken über den Schultern neben ihr auf dem Parkplatz.

      »Keine Menschenseele weit und breit«, seufzte Lizzy.

      »Wir sehen uns erst einmal unsere Zimmer an«, schlug Kerstin vor.

      »Das Madl wird immer dünner«, murmelte Heinz besorgt, der noch hinter dem Steuer des Busses saß.

      Die hellblaue Regenjacke mit der Kapuze war der kleinen schmalen Frau zu groß, beinahe verloren sah sie darin aus, dabei hatte sie ihr vor ein paar Wochen noch gepasst, wie sich Heinz erinnerte. Auch das schwarze Haar hatte seinen seidigen Glanz verloren, und ihre dunklen Augen versprühten nicht mehr dengleichen Glanz wie noch vor einigen Monaten. Vielleicht braucht sie nur wieder eine Auszeit, so wie damals vor zwei Jahren, als er sie zufällig in der Stadt traf und sie ihm erzählte, dass sie für ein Vierteljahr verreisen würde. Als er sie dann später nach ihrer Rückkehr wiedersah, schien sie vollkommen erholt.

      »Es wird schon nichts sein«, beruhigte er sich, während er durch den Bus lief und alles einsammelte, was die Mädchen liegen gelassen hatten.

      »Willkommen in Bergmoosbach, Frau Richter, Madls.« Margot Wendelstein, die Herbergsmutter, stand in dem weiten Eingangsbereich und begrüßte die Schwabinger Fußballerinnen.

      Margot war eine stattliche Frau mit dunklen kurzen Locken. Das grüne Dirndl spannte ein wenig in der Taille, aber das schien sie nicht zu stören. Sie war bester Laune, und ihr Lächeln stimmte sogar die missmutigen Mädchen ein wenig freundlicher.

      »Auf den ersten Blick ist es ja ganz nett hier«, stellte Inka fest, und die anderen Mädchen nickten dazu.

      Helle Dielen und helle Wände, eine schöne alte Holztreppe, die in die anderen Stockwerke hinaufführte, und ein Empfangstresen aus gemasertem Kiefernholz, hinter dem Fotografien der Gegend und einige Kinderzeichnungen hingen.

      »Jetzt richtet euch erst einmal ein.« Margot verstellte den Eingang zum Aufenthaltsraum, als eines der Mädchen auf die geschlossene Tür zusteuerte.

      »Wo sind unsere Zimmer?«, erkundigte sich Kerstin.

      »Ihr seid an diesem Wochenende die einzigen Gäste, ihr habt den ganzen ersten Stock für euch. Es gibt dort auch zwei Einzelzimmer, eines für Sie und eines für den netten Herrn«, sagte Margot, als Heinz mit einer Reisetasche hereinkam.

      »Herr Bodekind, unser Fahrer, Frau Wendelstein«, machte Kerstin die beiden miteinander bekannt.

      »Guten Tag, Frau Wendelstein.« Heinz reichte Margot die Hand und betrachtete sie mit einem charmanten Lächeln.

      Sie gefällt ihm, dachte Kerstin.

      »Wer übernachtet mit wem im Zimmer?«, fragte Lizzy und baute sich vor den anderen Mädchen auf.

      »Du hast wohl das Kommando?«

      »Sie ist unsere Mannschaftskapitänin und unsere Torkönigin«, antwortete Inka der Herbergsmutter.

      »Mei, die unsrige hat auch schon einige Tore geschossen. Sie kommt aus einem großen Verein«, erzählte Margot stolz.

      »Aha, woher denn? Vielleicht aus Kaufbeuren oder Ottbeuren oder einer anderen niedlichen kleinen Stadt?«, fragte Lizzy, sichtlich überzeugt davon, dass sie keine Überraschung erwartete.

      »Geh, in Toronto hat sie gespielt«, erwiderte Margot und sah in die Runde.

      »Toronto, tatsächlich«, murmelte Lizzy und musste erst einmal schlucken. »Sehen wir uns die Zimmer an, Leute!«, rief sie und lief die Treppe hinauf.

      »Echt Toronto?«, hakte Inka bei Margot nach.

      »Ja, unsere Emilia ist dort geboren.«

      »Interessant«, sagte Inka beeindruckt und eilte an Heinz vorbei, der schon auf halber Treppe hinauf in den ersten Stock war.

      »In unserem Alter geht es ein wenig gemächlicher vorwärts«, seufzte er, als Inka ihn beinahe umrannte und er gerade noch zur Seite ausweichen konnte.

      »Deshalb haben wir auch mehr Gespür für die Feinheiten«, erwiderte Margot, die den kleinen Vorfall beobachtet hatte.

      »Was ich als sehr angenehm empfinde, Frau Wendelstein.«

      »In einer Viertelstunde gibt es Kaffee und Kuchen für alle, in gemütlicher Atmosphäre, ganz ohne Hetze.«

      »Ich werde es den anderen ausrichten.«

      »Mei, so ein sympathisches Mannsbild«, flüsterte Margot und schaute Heinz noch eine Weile nach.

      So wie der Empfangsbereich waren auch die Zimmer im ersten Stock mit hellen Kiefernmöbeln eingerichtet. In den drei Gemeinschaftsräumen standen Stockbetten, und in den Einzelzimmern, die beide ein eigenes Bad hatten, war das Bett so breit, dass auch zwei Personen bequem darin Platz finden konnten. Dunkelblaue Bettwäsche und hellblaue Gardinen sorgten für ein wenig Farbe.

      Nachdem Heinz den Mädchen verkündet hatte, dass ihre Herbergsmutter mit Kuchen auf sie wartete, beeilten sie sich, ihre Sachen auszuräumen. Als aktive Sportlerinnen mussten sie keine Kalorien zählen, und Kuchen stand bei ihnen besonders hoch im Kurs.

      *

      »Leute, das müsst ihr euch ansehen!«, rief Lizzy, die wenig später als erste in den Aufenthaltsraum stürmte.

      »Wow, das nenne ich einen Empfang«, erklärte Inka und blickte genauso erstaunt wie ihre Mannschaftskameradinnen auf die Mädchen des Bergmoosbacher Fußballvereins, die sie mit einem riesigen Willkommensbanner und Applaus begrüßten.

      »Hallo, Anna!« Kerstin hatte ihre Jugendfreundin entdeckt, die inmitten der Mädchen stand. In Jeans und T-Shirt, das brünette Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden, war sie ihr unter den Teenagern nicht gleich aufgefallen. »Ich freue mich, dich zu sehen, so einen Empfang haben wir gar nicht erwartet, danke«, sagte sie und umarmte Anna.

      »Wenn wir schon einen Münchner Verein bei uns zu Gast haben, dann wollen wir dieses Treffen auch gebührend würdigen.«

      »Schwabinger Verein«, wurde Anna von Lizzy verbessert.

      »Klar, Leopoldstraße, Cafés und Clubs«, meldete sich ein Mädchen aus Bergmoosbach zu Wort.

      »Und coole Boutiquen, die gibt es bei euch auf dem Land eher nicht«, entgegnete Lizzy und schaute auf das Mädchen mit den kurzen blonden Haaren, das ganz in Schwarz gekleidet war.

      »Ich komme aus Hannover.«

      »Das scheint dann wohl auch eine ziemlich farblose