Caldera. V. S. Gerling. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: V. S. Gerling
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783956691614
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informiert. Dieser hatte eine Zeit lang die Moschee überwacht, und als sich nichts Verdächtiges ergeben hatte, die Observierung wieder eingestellt.

      Dann, vor ein paar Monaten, buchte sich Al Farag ein Ticket, stieg in eine Lufthansa-Maschine und flog nach Genf.

      Sie flogen mit.

      Dann geschah etwas völlig Unvorhergesehenes.

      Al Farag wurde von Unbekannten in einen abgesperrten Bereich des Flughafens gebracht. Dort stieg er in eine Gulfstream und flog davon. Es gelang den iranischen Agenten, Fotos der Männer zu machen, die Al Farag am Flughafen erwartet hatten. Und mit viel Mühe und einer Menge Geld erfuhren sie auch das Ziel des Privatjets. Eine Insel im Atlantik, die zu Spanien gehörte. Drei Tage später war Al Farag wieder in Deutschland.

      Was er während dieser drei Tage getan hatte, wussten sie nicht.

      Deshalb machte Alawi auch keine Meldung.

      Was hätte er auch mitteilen sollen?

      Alawi erhielt einige Tage später den Bericht einer anderen Einheit des iranischen Geheimdienstes. Diese hatte beobachtet, wie sich der bekannte Terrorist Mahmud Moslehi in Wien mit einem Imam getroffen hatte, der in einer Moschee in Berlin arbeitete.

      Moslehi war führendes Mitglied der Volksmudschahedin, einer militanten iranischen Oppositionsbewegung, die überwiegend von Albanien aus agierte. Aus diesem Bericht erfuhr Alawi auch, dass Moslehi nach dem Treffen mit dem Imam nach Norwegen geflogen war. Eher durch Zufall stieß Alawi Wochen später auf einen Artikel, in dem vom Mord an zwei Software-Entwicklern aus der Nähe von Oslo berichtet wurde. Alawi recherchierte und stellte fest, dass dieser Doppelmord exakt zu der Zeit erfolgt sein musste, als Moslehi ebenfalls in Norwegen war.

      Moslehi war also zu einem Kurztrip nach Norwegen aufgebrochen, an dessen Ende ein Holzhaus abgebrannt war und nur Metall und die sterblichen Überreste zweier Männer übriggeblieben waren. Und das kurz nachdem Moslehi sich mit einem Imam getroffen hatte, der bekannt dafür war, in Deutschland junge Moslems zu radikalisieren. Übrigens war er Imam der Moschee, die auch seit Längerem von Al Farag aufgesucht wurde.

      Das alles wussten sie nun.

      Aber sie verstanden es nicht.

      Hatten keine Ahnung, was das zu bedeuten hatte.

      Also beobachteten sie Al Farag weiter.

      Und verloren wichtige Zeit.

      Ihr Anführer, Mohammad Alawi, war zutiefst beunruhigt.

      Schließlich machte sich Al Farag erneut auf den Weg auf die Insel im Atlantik.

      Diesmal gelang es Alawi, Männer mitzuschicken. Die observierten Al Farag unter anderem mit einer winzigen Drohne. So fanden sie heraus, dass Al Farag auf der Insel mehrere Tage lang eine ganz bestimmte Bergkette aufgesucht und dort Messungen vorgenommen hatte. Sie berichteten Alawi von ihren Ergebnissen und der verständigte seinen Vorgesetzten in Teheran.

      »Moslehi plant etwas und Al Farag ist darin verstrickt. Da geht was vor sich«, sagte Alawi. »Ich weiß noch nicht, was, aber ich vermute, es ist etwas Großes.«

      »Einen Anschlag?«

      »Ich vermute es.«

      »Auf wen?«

      »Ich weiß es nicht«, gab Alawi zu.

      »Das ist nicht genug, um etwas zu tun«, sagte sein Vorgesetzter mürrisch. »Beobachten Sie ihn weiter. Sobald Sie mehr Informationen haben, melden Sie sich wieder.«

      Alawi betete zu Allah, dass es dann nicht schon zu spät war.

      14

      »Diesmal kann es etwas länger dauern.«

      Jonathan Seiler

      Ein unscheinbarer Mann mittleren Alters mit Hornbrille und grauem Geschäftsanzug von der Stange verließ das endlich fertiggestellte und sogar eröffnete Flughafengebäude Berlin-Brandenburg. Das Gesicht des Mannes war so durchschnittlich, dass man sich daran nicht erinnern würde. Er trug sowohl im Unter-, als auch im Oberkiefer eine sehr teure Zahnprothese aus Ungarn. So würde man ihn nicht an seinem Gebiss identifizieren können. Die Rillen seiner Fingerkuppen waren schon vor Jahren weggeätzt worden. In einem Geheimfach seiner Reisetasche trug der Mann eine Reihe von aufklebbaren Fingerabdrucken längst verstorbener Personen mit sich. Das würde in bestimmten Fällen bei den Ermittlern für Verwirrung sorgen.

      Der Mann blickte sich nach einem Taxi um.

      Eine kleine Schlange wartender Menschen hatte sich auf dem Fußweg gebildet.

      Leiser Nieselregen hatte eingesetzt.

      Der Mann schätzte seine Wartezeit auf nicht einmal zwei Minuten ein.

      Zweieinhalb Minuten später saß er im Fond einer Mercedes-Limousine.

      »Hotel ›Holiday Inn‹ am Alexanderplatz«, wies er den Fahrer an.

      »Allet klärchen«, antwortete der Fahrer und fädelte sich in den Verkehr ein.

      Zwanzig Minuten später saß Jonathan Seiler auf dem breiten Bett seines Zimmers.

      Fast wirkte es, als wäre er im Sitzen eingeschlafen.

      Aber er war hellwach.

      Und hoch konzentriert.

      Langsam ließ Jonathan sich nach hinten sinken, bis er die Horizontale erreicht hatte.

      Er schloss seine Augen.

      Die vor ihm liegende Aufgabe war im höchsten Maße brisant.

      Und herausfordernd.

      Das lag zum einen daran, dass es sich um mehr als nur eine Zielperson handelte.

      Es waren vier.

      Hinzu kam, dass die Zielperson mit der höchsten Priorität im Kanzleramt arbeitete und rund um die Uhr von vier Personenschützern bewacht wurde.

      An sie heranzukommen, war mehr als schwer.

      Es war nahezu unmöglich.

      Bei den anderen drei Zielen handelte es sich um Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma, die früher einmal der Zielperson gehörte.

      Sie zu eliminieren war einfach.

      Eine dieser Personen war die Ehefrau des Mannes, der ganz oben auf Jonathans Liste stand.

      Was für wunderbare Nebenschauplätze dieser Auftrag ihm doch bot …

      Jonathan tauchte ab. In Gedanken spielte er verschiedene Szenarien durch.

      Was, wenn er zuerst Zielperson Nummer eins ausschaltete?

      Die Wahrscheinlichkeit, dass die anderen drei Ziele auf den Gedanken kommen würden, dass auch sie in Gefahr schwebten, ging gen Null.

      Warum sollten sie auch damit rechnen?

      Das Ganze sah allerdings anders aus, sobald er den ersten von ihnen getötet hatte.

      Das würde die verbliebenen zwei Zielpersonen sicher warnen.

      Es sei denn, er würde nach dem ersten Anschlag direkt die Frau von Zielperson eins töten.

      In diesem Fall würden die anderen zwei nicht automatisch daran denken, dass auch sie auf einer Todesliste standen.

      Aber sicher sein konnte Jonathan sich nicht.

      Das gefiel ihm nicht.

      Er würde Unterstützung benötigen.

      Seine Wahl fiel auf Monika. Mit ihr hatte er schon häufiger zusammengearbeitet.

      Das letzte Mal sogar für denselben Auftraggeber, für den er jetzt arbeitete.

      Langsam erhob er sich und ging zu seinem Rollkoffer. Er öffnete ihn und holte ein Prepaidhandy aus einer der Seitentaschen. Nummern waren dort nicht eingespeichert.

      Es