Caldera. V. S. Gerling. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: V. S. Gerling
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783956691614
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die Herren einen Kaffee? Oder lieber Tee? Wir hätten auch noch etwas Gebäck im Haus.«

      Sie tauschen kurze Blick aus und schüttelten unisono die Köpfe.

      Ich hob den Telefonhörer ab und wählte die eins. Eine Ziffer, die mich direkt mit Frau Möller verband.

      »Bitte vier Kaffee, etwas Tee und Gebäck. Ich nehme ein Bier.«

      Ich lauschte ihrer Antwort.

      »Ja, richtig. Das mit dem Bier war ein Scherz.«

      Ich legte den Hörer wieder auf und lächelte die drei entschuldigend an. »Frau Möller und ich sind noch in der Kennenlernphase.«

      »Herr Eichborn«, sagte Dorneburg. »Sie haben all unsere Verträge, die wir in mühsamer Kleinarbeit mit den jeweiligen Ministerien ausgehandelt haben, einfach so gekündigt. Wir wüssten gerne, warum.«

      »Warum reden immer alle von Kündigungen? Ich habe die Verträge ausgesetzt.«

      »Was einer Kündigung gleichkommt«, belehrte mich Schultheiß.

      »Nicht da, wo ich herkomme«, entgegnete ich.

      Die drei wechselten einen irritierten Blick.

      Gut so.

      »Warum haben Sie die Verträge … ausgesetzt?«, fragte mich Hauptmann.

      »Weil es hier einen außerordentlichen Interessenskonflikt gibt«, antwortete ich. »Und ich bin mehr als überrascht, dass das bislang kein Thema gewesen ist.«

      Dorneburg beugte sich vor. »Um was für einen Interessenskonflikt geht es?«

      Ich sah ihn an. Erst jetzt bemerkte ich, was für extrem blaue Augen er hatte.

      Blau und eiskalt.

      Der Anblick jagte mir einen Schauer über den Rücken.

      Dorneburg war offenbar der Wortführer der drei. Und somit auch derjenige, der die Entscheidungen traf.

      »Ich bin der nationale Sicherheitsberater der Bundesrepublik Deutschland. Hätte ich eine Stellenbeschreibung, würde darin stehen, dass meine Hauptaufgabe die Sicherstellung der nationalen Sicherheit ist. Und es ist mit dieser Aufgabe nicht vereinbar, dass externe Unternehmen Einblick in streng geheime Dokumente und Abläufe erhalten.«

      »Sie wissen aber schon, dass wir deutsche Staatsbürger sind?«, wollte Dorneburg wissen.

      »Was hat das eine mit dem anderen zu tun?«, konterte ich.

      »Herr Eichborn, ich bitte Sie …«

      »Darüber hinaus haben wir Stillschweigeabkommen unterzeichnet«, fügte Hauptmann an.

      »Sehr strenge Abkommen«, versicherte Schultheiß.

      Ich schüttelte den Kopf. »Meine Herren, wollen Sie mich kollektiv verarschen?«

      Schultheiß schnappte nach Luft.

      Hauptmann verlor ein wenig Farbe im Gesicht.

      Dorneburg lächelte. »Ein Freund klarer Worte«, stellte er fest.

      »Unbedingt«, versicherte ich.

      Die Temperatur im Raum sank merklich.

      Dorneburg blickte mich lange prüfend an. »Ich vermute, wir erreichen hier heute keinen Kompromiss. Habe ich recht?«

      »Ja.«

      »Sie wissen, dass wir die Regierung auf Schadenersatz verklagen können, der in die Millionen gehen würde?«, vergewisserte er sich.

      »Ja.«

      Dorneburg stutzte. »Und das ist Ihnen egal?«

      »Ja.«

      Die drei wechselten einen kurzen Blick.

      Dorneburg lehnte sich zurück. »Das wird teuer«, stellte er fest.

      »Beide Seiten würden verlieren«, klärte ich ihn auf. »Wir verlieren Geld, sie verlieren jede Menge Kunden. Und Reputation.« Ich erhob mich, um so zu signalisieren, dass das Meeting vorbei war. »Ich denke sehr gut über meine nächsten Schritte nach und empfehle ihnen, das Gleiche zu tun.«

      Nachdem die drei verschwunden waren, machte ich mich auf den Weg zum Büro des Kanzlers. Seine Vorzimmerdame, die garantiert in einer der Schubläden des Schreibtisches Handfeuerwaffen verstaut hatte, lächelte mir gönnerhaft zu und machte eine einladende Geste. Rainer erwartete mich also bereits.

      Ich klopfte an die Tür und trat ein.

      Er hob den Blick. »Und«, wollte er wissen. »Wie war’s?«

      Ich ging zu seinem Schreibtisch und setzte mich. »Gruselig.«

      »Ach ja?«

      Ich dachte einen kleinen Moment nach. »Ich gehe jede Wette ein, dass dieser Dorneburg ganz genau weiß, was Sache ist. Er weiß, dass wir wissen, dass er mit seiner Firma hinter der Verschwörung steckt. Bei den anderen beiden bin ich mir nicht so sicher …«

      Schranz nahm seine Brille ab und rieb sich die Nasenwurzel. »Ich habe auch nachgedacht«, sagte er leise. »Wenn das, was Wittgenstein gesagt hat, zutrifft, dann geht diese Verschwörung bis ins Weiße Haus. Diese drei Geschäftsführer, die gerade bei dir waren, sind im Vergleich zu ihren Bossen, die die kompletten Konzerne steuern, ziemlich kleine Lichter. Glaubst du wirklich, dass sie die Verantwortlichen sind?«

      »Mitverantwortlich oder nicht, ist mir ehrlich gesagt scheißegal. Ich muss irgendwo anfangen. Und ich fange bei Dorneburg an.«

      12

      »Er weiß etwas. Da bin ich mir sicher.«

      Alexander Dorneburg

      Alexander Dorneburg saß mit Schultheiß und Hauptmann an der Hotelbar. Sie redeten über das Gespräch mit Eichborn und was das für sie bedeuten würde.

      Alles in allem recht unerfreuliche Konsequenzen.

      Nicht existenzbedrohend, aber unerfreulich.

      Dorneburg verabschiedete sich nach einer Stunde von seinen beiden Kollegen und zog sich auf seine Suite zurück. Er zog sich die Schuhe aus, öffnete den Zimmersafe und entnahm ihm ein modernes, abhörsicheres Telefon. Dann setzte er sich in den bequemen Sessel, zündete sich verbotenerweise eine Zigarette an und wählte. Es klickte in der Leitung und nach einem Augenblick ertönte das Freizeichen.

      »Yes?«

      »Ich bin’s. Das Gespräch mit diesem Eichborn lief erwartungsgemäß. Die Verträge liegen bis auf Weiteres auf Eis«, sagte Dorneburg im perfekten Englisch.

      »Was zu erwarten war«, antwortete der Mann, der über siebentausend Kilometer Luftlinie in seinem Büro saß.

      »Ja. Allerdings ist da noch etwas …«

      »Und das wäre?«

      »Nur so ein Gefühl. Aber ich glaube, er weiß, dass wir hinter den Anschlägen stecken.«

      »Wie kommen Sie darauf?«

      »Ich sagte ja, es ist ein Gefühl. Die Art, wie er sich verhalten hat. Wie er mich angesehen hat. Er weiß etwas. Da bin ich mir sicher.«

      »Also hat Wittgenstein doch geredet.« Keine Frage, eine Feststellung.

      »Davon sollten wir ausgehen, ja.«

      Schweigen am anderen Ende.

      Dann: »Was wollen Sie tun?«

      »Ich muss darüber nachdenken.«

      »Tun Sie das. Melden Sie sich, wenn Sie wissen, was getan werden muss.«

      Sie beendeten das Gespräch. Dorneburg stand auf, ging ins Bad und spülte die Reste der Zigarette in der Toilette hinunter. Dann kehrte er in den Wohnbereich zurück, ließ sich im Schneidersitz auf den Teppichboden nieder, schloss die Augen