Caldera. V. S. Gerling. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: V. S. Gerling
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783956691614
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stattfinden sollte.

      Für Alawi schloss sich hier der Kreis.

      Jetzt war er sich sicher, dass Moslehi einen Anschlag plante, den die Welt noch nicht gesehen hatte. Der alles bislang Dagewesene in den Schatten stellen würde.

      Millionen Menschen würden ihr Leben verlieren. Und das auf zwei Kontinenten.

      Im Stillen musste er Moslehi für die Kühnheit seines Vorhabens bewundern. Aber er würde diesen Anschlag verhindern. Mittlerweile war es Alawi egal, ob seine Vorgesetzten ihm dafür grünes Licht gaben oder nicht. Ihm war nur allzu bewusst, dass das, was er herausgefunden hatte, mehr als unwahrscheinlich klang. Seine Vorgesetzten würden das mit Sicherheit genauso sehen. Aber für ihn sprachen die Indizien eine eindeutige Sprache. Und wenn es wirklich schlimm laufen sollte, würden alle Finger auf den Iran zeigen. Zu Unrecht. Aber wer würde seinen Worten dann noch Glauben schenken? Niemand. Ganz sicher nicht.

      Er wandte sich an seinen engsten Vertrauten und Stellvertreter, Ahmad Al Rahman. »Was können wir tun? Mit wem könnten wir sprechen?«

      Rahman dachte über die Frage nach. Dann erhellte sich sein Gesicht. Er holte sein Smartphone aus der Jackentasche, aktivierte es und suchte nach etwas Bestimmten.

      Geduldig wartete Alawi. Schließlich legte Rahman sein Handy auf den Tisch und spielte ein Video ab. Alawi sah einen ihm unbekannten Mann, der eine angeregte Diskussion mit dem nationalen Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten führte. Das Video hatte keine besonders gute Qualität, aber es reichte aus, um zu verstehen, was gesprochen wurde.

      Als er hörte, was der ihm unbekannte Mann sagte, weiteten sich seine Augen vor Erstaunen. »Wer ist dieser Mann?«, wollte er von Rahman wissen.

      »Sein Name ist Nicolas Eichborn. Er ist der Nationale Sicherheitsberater des deutschen Bundeskanzlers. Ich denke, er ist der Mann, den du suchst.«

      21

      »Lasst diese Frau nicht entwischen.«

      Johannes Kernberger

      Helen Eichborn hatte das Gefühl, über Nacht erneut zehn Kilo zugenommen zu haben, als sie die Treppen zur Praxis ihrer Frauenärztin hinaufstieg. Dabei war sie immer so fit gewesen. Ihre beiden Personenschützer hatten sich wie jedes Mal vor dem Eingang des Ärztehauses aufgeteilt. Die Frau war bei Helen geblieben, der männliche Personenschützer hatte schon die Praxis betreten und überprüft, ob dort alles in Ordnung war. Über sein Kragenmikrofon hatte er gemeldet, dass es sicher sei, und Helen konnte mit dem Aufstieg beginnen.

      Ihre Tochter wuchs stetig, und Helen war mehr als glücklich, dass sie die Kleine in nicht einmal sieben Wochen endlich in den Händen halten konnte. Einzig vor der Geburt hatte sie ein klein wenig Angst. Aber das wäre normal, versicherten ihr alle Mütter, die sie kannte. Auch ihre Ärztin hatte das bestätigt. Lange musste sie nicht warten, dann konnte sie das Sprechzimmer betreten. Sie plauderte eine Weile mit der Ärztin, dann zog sich Helen aus und legte sich auf die Liege. Wie immer überfiel sie ein kleiner Schauer, als das kalte Kontrastmittel auf ihren Unterleib geschmiert wurde.

      Voller Vorfreude starrte sie auf den Monitor.

      Da war er, der Herzschlag ihrer kleinen Tochter. Schon wieder füllten sich ihre Augen mit Tränen, was ihre Ärztin schmunzelnd zur Kenntnis nahm.

      »Sehen Sie? Da ist das rechte Bein. Hier ist der Oberschenkelknochen«, sagte die Ärztin.

      »Ja«, antwortete Helen mit erstickter Stimme, »ich sehe es.«

      Dann folgten die üblichen Messungen des Kopfumfanges und der Größe.

      »Es ist alles in bester Ordnung«, sagte die Ärztin schließlich.

      Während Helen untersucht wurde, entstand im Wartezimmer eine kaum wahrnehmbare Diskussion der beiden Personenschützer. Ohne seiner Frau etwas davon zu erzählen, hatte Nicolas Eichborn entschieden, dass vier Beamte für die Sicherheit seiner Frau zuständig sein sollten. Zwei davon würden so arbeiten, wie man es von der Sicherungstruppe des BKA gewohnt war. Zwei weitere jedoch waren sozusagen undercover. Es handelte sich bei ihnen um junge Frauen, die so taten, als wären sie Patientinnen der Praxis. Helens Ärztin war eingeweiht worden, sodass es für die zwei BKA-Beamtinnen sogar Patientenakten gab.

      Einer dieser verdeckten Personenschützerinnen war etwas aufgefallen. Gestern am späten Nachmittag war eine neue Patientin in der Praxis der Frauenärztin aufgetaucht. Ihr Name war Marianne Volkmann und sie wohnte in der Bellermannstraße in Berlin Mitte. Das BKA überprüfte, ob unter der angegebenen Adresse eine Person mit diesem Namen gemeldet war. War sie. Normalerweise wäre es das gewesen. Aber es waren keine normalen Zeiten, daher ging die Überprüfung weit über das hinaus, was Standard war. Als die Sicherungsgruppe des BKA feststellte, dass sie Marianne Volkmann, die in der Bellermannstraße 14 gemeldet war, fünfundsiebzig Jahre alt war, schrillten sämtliche Alarmglocken. Denn die Frau, die sich unter diesem Namen in der Praxis angemeldet hatte, war laut Ausweis achtundzwanzig.

      Die Personenschützer schalteten in den Krisenmodus.

      Der Präsident des BKA, Johannes Kernberger, wurde darüber informiert, dass eine potentielle Gefahrensituation für Helen Eichborn entstanden war.

      Er ordnete unverzüglich an, die verdächtige Frau zu überwachen, um ihren Unterschlupf herauszufinden. Denn in der Bellermannstraße 14 wohnte sie mit Sicherheit nicht. Um die Observation so unauffällig wie nur irgend möglich zu gestalten, kamen auch kleine Überwachungsdrohnen zum Einsatz. Die waren kaum größer als ein herkömmliches Notebook, hatten eine Reichweite von mehreren Kilometern und konnten sowohl per Live-Feed Videoaufnahmen übertragen, als auch Fotos schießen.

      »Lasst diese Frau nicht entwischen«, warnte Kernberger das Observierungsteam. »Wenn Helen etwas zustößt, dann …«

      »Wir werden sie schnappen«, beruhigte Tobias Kofler seinen Chef. »Das garantiere ich.«

      22

      »Bist du sicher, dass du diesen Weg gehen willst?«

      Nicolas Eichborn

      Als ich die Vereinigten Staaten endlich verlassen konnte, hatte ich ein weiteres Treffen mit McFarlan und Tony Soprano hinter mir. Beide behaupteten, mir nette Grüße vom Präsidenten auszurichten. Ich glaubte ihnen kein Wort. Erst als das Flugzeug mitten über dem Atlantik war, fuhr ich langsam runter. Müde war ich nicht, aber erschöpft. Der Flug war nach sieben Stunden vorbei und wir erreichten den Flughafen Berlin-Brandenburg gegen 23:00 Uhr. Irgendein Beamter fuhr mich nach Hause, und gegen 1:00 Uhr in der Nacht fiel ich neben Helen ins Bett und verlor sofort das Bewusstsein.

      Am nächsten Morgen saß ich um 7:00 Uhr an meinem Schreibtisch, als mein Telefon klingelte. Es war Kernberger, der mir sagte, er würde in etwa einer Stunde bei mir sein.

      Es vergingen nur vierzig Minuten, da stand er vor mir. »Wir müssen reden«, sagte er.

      »Das letzte Mal, dass das jemand zu mir sagte, war vor etwa fünfzehn Jahren. Ihr Name war Sonja und sie sagte mir gleich darauf, dass sie sich von mir trennen will. Willst du mich etwa verlassen?«

      Kernis Gesicht blieb ausdruckslos, was ungewöhnlich war.

      »Was ist los?«

      Fünf Minuten später war auch mein Gesicht wie eingefroren. Kernberger hatte mir gerade die Geschichte von Marianne Volkmann erzählt, und mir war klar, was das bedeutete.

      »Wie hoch schätzt du die Wahrscheinlichkeit ein, dass es sich bei der Frau, die sich für Volkmann ausgibt, um eine professionelle Killerin handelt?«

      »Achtzig Prozent.«

      Ich sackte in mich zusammen. »Aber das war ein dummer Fehler, oder? Ich meine, sie musste doch damit rechnen, dass ihre falsche Identität auffliegt«, meinte ich.

      »Ich schätze, der Grund dafür ist enormer Zeitdruck«, antwortete Kernberger. »Die haben offenbar nicht