Wyatt Earp Staffel 12 – Western. William Mark D.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: William Mark D.
Издательство: Bookwire
Серия: Wyatt Earp
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783740969233
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dann in den Rücken geschossen hatte? Wußte er vielleicht schon von der Verschwörung der Graugesichter in Tombstone? Wußte er, daß sich der Ring um den lästigen Police Officer enger und enger schloß zu einem eisernen Würgegriff, der die Earps ein für allemal von der Bildfläche verschwinden lassen sollte?

      Wie aus weiter Ferne hörte der Missourier Laura Higgins’ Stimme.

      »Es tut mir wirklich leid, Mr. Earp. Bitte, verzeihen Sie mir.«

      Er nickte müde. »Ja, ja, es ist schon gut.«

      Sie preßte ein blütenweißes Taschentuch auf die immer noch blutende Wunde in seinem Gesicht.

      Er wandte sich ab und ging langsam den Gang entlang in die Halle.

      Gleich neben der Ecke am Kamin stand die dunkle Gestalt einer anderen Frau. Nellie Cashman. Sie blickte dem Mann nach, der jetzt zum Eingang schritt.

      Als der Missourier die Tür öffnete und das fahle Licht der Dezembermittagssonne auf seine Gestalt fiel, bohrte sich ein brennender Schmerz in die Brust Nellie Cashmans.

      »Wyatt.« Fast lautlos kam es über ihre Lippen.

      Der Mann in der Tür war stehengeblieben.

      Langsam wandte er sich um und blickte durch die Halle zu der Frau hinüber, die neben dem Kamin lehnte.

      Ohne die Tür zu schließen, kam er langsam zurück und blieb vor ihr stehen.

      Die Gedanken schossen durch den Kopf der Frau wirr hin und her. Sie wußte genau, daß sie jetzt nichts Falsches sagen durfte.

      »Sie haben den Mann nicht gefunden?« fragte sie leise.

      Der Marshal schüttelte den Kopf.

      »Vielleicht ist er drüben zu Cramers hinübergelaufen.«

      »Nein, das ist nicht gut möglich. Dazu hätte er an dem Corral vorbeirennen müssen, da hätte ihn Luke Short gesehen.«

      Die Frau schwieg. Und der Mann schwieg auch.

      Mit einer nervösen Geste griff Nellie Cashman nach dem Schlüssel eines gläsernen Wandschranks, öffnete die kleine Tür und nahm einen Zinkbecher mit Zigarren heraus.

      Es waren lange schwarzbraune Virginias mit einem Strohhalm, wie man sie in Tombstone mit Vorliebe rauchte.

      »Bitte«, sagte sie leise.

      Der Marshal schüttelte den Kopf. »Nein, danke, jetzt nicht.« Und wie zu sich selbst sagte er: »Ich habe ihn getroffen. Die Kugel hat ihn herumgestoßen. Sie muß ihn oben links in der Schulter erwischt haben.«

      »Wo kann er denn geblieben sein?«

      »Das weiß ich ja eben nicht.« Nellie Cashman griff sich an die Kehle wie vorhin Laura Higgins.

      Auch sie wurde in diesem Moment von jenem unheimlichen Gefühl beschlichen, das wie ein Gespenst nach ihnen allen griff.

      Und jetzt sagte die Frau, die immer beteuert hatte, dieses Land und diese Stadt zu lieben: »Es ist eine furchtbare Stadt, dieses Tombstone.«

      Wyatt blickte auf und sah ihr in die Augen.

      Die Frau erschauerte unter dem Blick.

      »Das sollten Sie nicht sagen, Nellie Cashman.«

      Am liebsten hätte sie jetzt seine Hand ergriffen, um ihm das zu sagen, was sie ihm wirklich gern gesagt hätte. Aber es fehlte ihr an Mut dazu. Sie hatte nicht einmal so viel Mut wie die Spielerin, die ihm ihr Taschentuch auf die blutende Wunde gepreßt hatte. Nellie Cashman hatte es hier vom Kamin aus beobachtet, und ein schmerzendes Gefühl von Eifersucht war jäh in ihr aufgestiegen.

      Da wandte sich der Mann um und ging mit seinem harten, unverkennbaren Schritt, sie hätte ihn aus Tausenden von Schritten mit geschlossenen Augen herausgekannt, auf den Eingang zu und schloß die Tür hinter sich.

      *

      Osrodan war schwer an der linken Schulter getroffen worden. Die Kugel saß noch in seinem Körper.

      Er war zurückgeflogen und in einem Wirbel über die Wand am Fenster geprallt. Nur für den Bruchteil einer Sekunde blieb er dort stehen. Dann raffte er, in plötzlich aufsteigender, tödlicher Angst, all seinen Mut zusammen, rannte um die Hausecke und sah das erste Fenster an der Linksfront des Hotels offenstehen. Es war nicht sehr schwer, es vom Boden aus im Sprung zu erreichen. Er zog sich hoch und jumpte über die Fensterbank in das Zimmer. Sofort schloß er das Fenster wieder und duckte sich unter der Bank nieder.

      Kurz darauf hörte er die Schritte der Männer. Doch keiner der beiden kam auf den Gedanken, daß der Heckenschütze die Stirn gehabt hatte, in eines der Zimmer zu steigen.

      Da kauerte er tief am Boden und lauschte mit schalgenden Pulsen hinaus. Die Kugel oben in seiner Schulter schmerzte ihn fürchterlich.

      Er mußte einen Arzt aufsuchen, der ihm die Kugel herausschnitt.

      Aber es war taghell. Unmöglich, jetzt aus dem Fenster zu steigen, um vom Russianhouse wegzukommen.

      Verzweifelt überlegte der Heckenschütze, was er tun könnte.

      Wenn er jetzt aus dem Fenster stieg und versuchte, die andere Straßenseite zu erreichen, so sah man ihn von allen Seiten. Zudem war die gegenüberliegende Straßenfront auch nur lückenhaft bebaut.

      Vorhin, als er kam, hatte sich wohl niemand für ihn interessiert. Aber jetzt, nachdem der Schuß gefallen war, hielt man in der Nachbarschaft bestimmt die Augen sperrangelweit auf.

      Osrodan war vor sieben Monaten von einem Trader, einem vierzigjährigen Mann, den er abends in der Schenke kennengelernt hatte, für die Galgenmänner gewonnen worden.

      Anfangs war der verstockte, ziemlich verschlossene Mensch wenig begeistert von der Bande gewesen. Aber das hatte sich mit der Zeit gegeben. Vor allem, nachdem er einmal versucht hatte, sich zu weigern, einen Auftrag auszuführen. Da hatte ihn der Anführer, der hier in Tombstone bestimmte, eigenhändig niedergeschlagen und ihn dann mit vorgehaltenem Revolver aufgefordert, zu schwören, daß er für die Graugesichter leben wolle.

      Von diesem Tag an war Osrodan so eingeschüchtert, daß er es nicht mehr wagte, Widerstand zu leisten.

      Dennoch war er kein sehr rühriges Mitglied der Bande geworden.

      Am vergangenen Abend war bei den Flanagans eine Versammlung gewesen, bei der der Anführer von jedem Mitglied den Tod der Earps gefordert hatte.

      Ja, es hatte geheißen: Tod den Earps!

      Aber ›die Earps‹ gab es ja in diesem Sinne gar nicht mehr. Virgil Earp war nicht mehr in der Stadt, und Morgan war erschossen worden. Nur der Marshal Wyatt Earp war da.

      Damals waren es die Clantons, die er gestört hatte, und jetzt waren es die Galgenmänner.

      Tod den Earps! So lautete die Parole. Jeder hatte die Pflicht, dieser Parole nachzukommmen, wenn ihm das Leben lieb war.

      Vor etwas mehr als einer Stunde hatte Osrodan zufällig beim Aufladen eines Wagens vorn vor dem Tor auf der Straße gesehen, daß Wyatt Earp das Russianhouse wieder betreten hatte.

      In diesem Augenblick beschloß der Galgenmann zu handeln. Es war weniger der eigene Antrieb oder Haß auf den Marshal, als die Angst vor den anderen und dem Boß. Wie würde er dastehen, wenn er sagen könnte: Ich habe Wyatt Earp ausgelöscht.

      Sehr lange und tief hatte er nicht darüber nachgedacht. Ganz plötzlich war er mitten aus der Werkstatt verschwunden, an den beiden Höfen vorbeigelaufen, hatte den Corral passiert und war ungesehen an die Rückfront des Russianhouses gekommen, wo er den Marshal sofort im Korridor hatte stehen sehen.

      Ohne Besinnen hatte er den Revolver gezogen und geschossen.

      Wie ein Blitzschlag hatte ihn fast im gleichen Augenblick die Kugel des Missouriers getroffen.

      In der Verzweiflung hatte der Galgenmann den füchsischen Mut aufgebracht, durch eines der Fenster zu kriechen und hier – im Haus selbst – Unterschlupf zu