Tod in der Hasenheide. Connie Roters. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Connie Roters
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863270667
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war in meinem Bett, habe gelesen und geschlafen.«

      »Gibt es dafür Zeugen?«

      »Nein, es sei denn, Sie akzeptieren die Aussagen von Stof ftieren.«

      Drass lächelte. »Leider nicht.«

      Er sah seinen Chef an und wandte sich dann dem Aufnahmegerät zu.

      »Wir beenden die Zeugenbefragung um zehn Uhr vierunddreißig. Frau Anderson wurde darüber aufgeklärt, dass es ihr nicht erlaubt ist, Informationen über dieses Gespräch zu veröffentlichen.«

      Breschnow erhob sich.

      »Es wäre gut, wenn Sie in den nächsten Wochen die Stadt nicht verlassen würden, falls wir Sie noch einmal befragen müssen.«

      Er reichte ihr seine Visitenkarte. »Und falls Ihnen noch etwas einfällt, rufen Sie mich an.«

      Dich ganz bestimmt nicht, dachte Cosma.

      Drass war ebenfalls aufgestanden.

      »Ich bringe Sie noch zur Tür. In diesem alten Gebäude kann man sich leicht verlaufen.«

      Breschnow sah den beiden nach und ließ sich zurück auf den Stuhl fallen. Immer wieder dasselbe Spiel. Good cop – bad cop, und ich bin immer der Böse. Vielleicht sollte er darüber ein Gedicht schreiben. Manchmal hatte er das Gefühl, dass ihm im ständigen Sumpf der Ermittlungen die Worte ausgingen. Aber er hatte noch nie über die Arbeit geschrieben, hatte seine Leben stets sauber getrennt.

      Drass drehte sich an der Tür noch einmal um und gab ihm ein Zeichen, dass er nachher mit ihm sprechen wollte. Breschnow nickte.

      Eine Zeugin, die nichts gesehen hat, steht kurz nach einem Mord neben einer männlichen Leiche. Sie rennt weg und behauptet, unschuldig zu sein. Und dann ist sie auch noch Journalistin. Bestimmt rennt sie gleich zur nächsten Zeitung.

      Sein Handy klingelte.

      »Manfred hier. Am besten, du kommst gleich her.«

      ***

      Drass öf fnete die Tür zum Hof. Es goss noch immer in Strömen. Cosma war froh, wieder draußen zu sein, atmete erleichtert auf und trat einen Schritt in den Regen hinaus. Drass hielt sie am Ärmel zurück.

      »Wenn es Ihnen recht ist, fahre ich Sie nach Hause«, bot er an.

      Sie zögerte einen Moment und nickte.

      »Ich wohne am Maybachufer. Aber das wissen Sie ja schon.« Schnell rannten sie über den Innenhof, steuerten einen metallicgrünen Flitzer an, und Drass betätigte die Fernsteuerung.

      Das Auto antwortete mit einem leisen Klicken.

      »Tolle Karre!«, stellte Cosma bewundernd fest, nachdem sie sich in das kleine Gefährt gezwängt hatte. Anerkennend strich sie über die weißen Lederpolster und schnallte sich an.

      »Ein BMW M6«, erklärte Drass stolz. »Ich habe lange dafür gespart. Genau genommen tue ich das noch immer.«

      Sie fuhren langsam vom Hof und bogen an der nächsten Ampel links auf den Columbiadamm. Drass sah seine Beifahrerin kurz an, blickte in den Rückspiegel und beschleunigte.

      »In vier Komma zwei Sekunden von null auf hundert. Spitzengeschwindigkeit zweihundertfünfzig Stundenkilometer«, verkündete er. Cosma genoss den Schub. Drass bremste wieder ab.

      Sein Handy klingelte. Er grif f nach den Kopfhörern. Mit wem er sprach, konnte sie nicht hören.

      »Im Auto. Ich fahre die Zeugin nach Hause. Es gießt! Ja. … Wo? Was habt ihr?«

      Er musterte Cosma von der Seite, »… ja, okay. Bis gleich.« Sie bogen links in den Kottbusser Damm ein. Schweigend fuhr Drass zickzack an den in zweiter Spur parkenden Autos vorbei, bog ins Maybachufer und hielt vor Cosmas Haus.

      »Vielen Dank für die Fahrt. Schade, dass sie so schnell vorbei war«, bedauerte Cosma und pellte sich aus dem Auto.

      Drass sah ihr nach, als sie zum Haus eilte. Ein alter Mann mit einem Regenschirm kreuzte die Straße. Drass startete den Wagen und drehte sich noch einmal zu Cosma um. Sie stand immer noch vor dem Haus und blickte zu ihm hinüber.

      Er lehnte sich zur Beifahrerseite und öf fnete das Fenster.

      »Alles klar?«, rief er.

      Cosma zuckte mit den Schultern.

      »Ich habe keinen Schlüssel.«

      Drass stellte den Motor ab, stieg aus und ging zum Haus.

      »Haben Sie alle Taschen durchgewühlt?«

      Cosma nickte.

      »Ich glaube, ich habe ihn in der Wohnung liegen lassen. Das ist mir noch nie passiert.«

      »Wahrscheinlich haben Sie auch noch nie eine Leiche gefunden.«

      Cosma schüttelte den Kopf.

      »Gibt es einen Zweitschlüssel?«

      »Bei meiner Schwester.«

      Drass zog sein Handy aus der Hosentasche und ließ sich die Nummer geben. Nachdem er gewählt hatte, reichte er ihr den Apparat.

      Sie lauschte eine Weile dem monotonen Klingeln und schüttelte den Kopf. »Sie geht nicht dran. Was mache ich denn jetzt? Einen Schlüsseldienst am Sonntag kann ich mir nicht leisten.«

      »Vielleicht steht der Schlüsseldienst ja vor Ihnen?«, lächelte Drass. »Ich habe Werkzeug im Auto. Wollen wir es versuchen?«

      Cosma nickte.

      Drass holte einen blauen Metallwerkzeugkasten aus dem winzigen Kof ferraum und ging zurück zum Haus. Cosma probierte eine Klingel nach der anderen, bis jemand sie hineinließ.

      Im Treppenhaus hatte sich der Geruch nach Essen noch verstärkt. Sonntagmittag, wie bei Mama, dachte Cosma. Sie spürte einen Anflug von Traurigkeit. Ihre Eltern waren im letzten Jahr bei einem Autounfall tödlich verunglückt. Trotz der häuf igen Meinungsverschiedenheiten und der andauernden Kritik an ihrer Berufswahl hatten sie zusammengewohnt und jeden Sonntag gemeinsam gegessen.

      »Meine Schwester würde sich köstlich amüsieren, wenn sie mich jetzt sehen könnte«, sagte sie.

      Drass runzelte fragend die Stirn.

      »Ich habe drei Schlösser an meiner Wohnungstür und schließe auch immer alle drei ab. Margareta denkt, dass ich einen Schlosszwang habe … vielleicht hat sie ja recht.«

      Oben angekommen, stellte Drass den Werkzeugkasten ab und wühlte darin herum. Die Wohnungstür war nicht abgeschlossen, zwei Minuten später hatte er sie geöf fnet.

      Cosma eilte in die Wohnung und ließ ihn wortlos stehen. Er sah ihr irritiert hinterher. Kurz danach kehrte sie lächelnd mit einem Schlüsselbund zurück, der an einer langen Perlenkette baumelte.

      »Ich würde mich gerne mit einem Kaf fee und Schokokeksen bei Ihnen bedanken.«

      Drass zögerte einen Moment.

      »Sie müssen nicht. Es ist schon okay«, ergänzte sie hastig und senkte den Blick.

      Drass sah sie an und betrat den kleinen Flur.

      Cosma ging lächelnd voran in die Küche und schaltete das alte Transistorradio auf dem Fensterbrett an. Leise Stimmen füllten den kleinen gemütlichen Raum. Drass sah sich um. Ein antiker Küchenschrank stand an der linken Wand, der zerkratzte rote Lack zeugte von vielen Umzügen. Vor dem Fenster stand ein kleiner Ikea-Tisch mit zwei passenden Stühlen, rechts davon der Gasherd und der Kühlschrank, der gerade wie zur Begrüßung zu brummen begonnen hatte. Cosma setzte den Wasserkessel auf und nahm zwei Tassen aus dem Schrank.

      »Ich habe leider nur Instantkaf fee und auch keine Milch«, entschuldigte sie sich.

      »Das macht nichts. Ich trinke ihn sowieso schwarz.«

      Drass stellte sich ans Fenster und schaute auf den öden Hinterhof. Eine fette Katze traute