Tod in der Hasenheide. Connie Roters. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Connie Roters
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863270667
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wir müssen nachher zurück in den Park. Es gibt keine Verstärkung!«

      Cosma hörte den Polizisten leise schimpfen. Er hatte sich seinen Sonntag wahrscheinlich anders vorgestellt. Aber hatten sie das nicht alle? Sie würde jetzt gerne mit einer heißen Tasse Tee und einem Buch auf ihrem Sofa liegen. Stattdessen war sie mitten in einem Kriminalfall gelandet. Ihre Schwester wäre bestimmt begeistert.

      »Wie lange wird das Ganze noch dauern?«, fragte sie den Polizisten.

      Er zuckte nur mit den Schultern.

      Cosma sah wieder aus dem Fenster. Der Flughafen Tempelhof zog an ihr vorbei. Sie war immer gerne hierhergekommen und hatte den Flugzeugen beim Starten und Landen zugesehen. Seit der Schließung war sie nicht mehr hier gewesen.

      Die große alte Backsteinkaserne in der Friesenstraße wirkte düster und abweisend. Delego bog ab und fuhr zum Eingang in der Golßener Straße, der durch eine Schranke gesichert war.

      »Hier steht auch jeden Tag ein anderer«, stellte sie missbilligend fest und lenkte den Transporter im Schritttempo über den leeren Hof des Polizeireviers. Es war ungewöhnlich ruhig an diesem Sonntag. Sie hielt auf einem großen leeren Parkplatz neben einem kleinen metallicgrünen Sportwagen.

      »Unser Kollege ist schon da«, stellte sie fest und deutete auf das Auto.

      Subat öf fnete die Schiebetür und half Cosma beim Aussteigen. Als er ihren Arm packte, zuckte sie zusammen. Die kleine Gruppe eilte über den Hof, aber der heftige Regen durchnässte sie in Windeseile.

      Durch den Hintereingang gelangten sie über eine schmale Treppe ins Hochparterre. Delego öf fnete die schwere Tür, indem sie sich kräftig dagegenstemmte. Sie betraten eine große Eingangshalle, und Delego steuerte die Aufzüge an. Cosma zögerte einen Moment. Sie erinnerte sich mit Grauen an ihre letzte Fahrt im Einkaufszentrum in Neukölln. Es war ein unüberlegter trotziger Versuch gewesen, ihre Klaustrophobie in den Grif f zu bekommen. Und er war kläglich gescheitert. Sie war zusammengebrochen, und zwei Passantinnen hatten sie aus dem Lift ziehen müssen.

      Sie atmete tief durch und betrat die Kabine. Ihr Herz raste. Sie versuchte, sich abzulenken, starrte auf den Boden und zwang sich, an den Mann im Tunnel zu denken. Ihr wurde übel.

      »Ist Ihnen nicht gut?«, hörte sie die Polizistin fragen.

      Die Stimme war weit weg.

      Ein kurzes Signal beendete Cosmas Not. Als der Fahrstuhl im ersten Stock stehen blieb, versuchte sie, sich nicht sofort hinauszudrängeln. Es dauerte eine Ewigkeit, bis sich die Aufzugstür öf fnete und ein langer schmaler Flur sichtbar wurde. Endlos schien er sich über die gesamte Etage hinzuziehen, rechts und links von Türen flankiert, die fast alle verschlossen waren. Cosma schwitzte, verließ mit zittrigen Beinen die Kabine und atmete erleichtert auf. Aus den Augenwinkeln sah sie am hinteren Ende des Flurs eine Tür aufgehen.

      Ein breitschultriger junger Mann in schwarzer Jeans und einem frisch gebügelten blütenweißen Hemd kam lächelnd auf sie zu geschlendert. Er blieb vor ihnen stehen, begrüßte mit einem Kopfnicken die Kollegen und stellte sich Cosma vor.

      »Ich bin Hauptkommissar Andreas Drass. Mein Kollege hat mich gerade angerufen und ist auf dem Weg zu uns. Wir können uns schon mal in den Konferenzraum setzen. Kommen Sie?«

      »Und wir fahren dann zurück in den Park, Herr Hauptkommissar«, brummte Subat f inster hinter den beiden her.

      Drass schob Cosma sanft in den Raum, aus dem er gekommen war. Ein großes, helles Zimmer mit blauem Teppichboden und weißen Tischen, die zu einem Rechteck zusammengestellt waren. Am Kopfende ein Whiteboard, rechts daneben ein Tisch mit einem Fernsehgerät und einem Videorekorder. Der Raum wirkte kahl. Keine Blumen, keine Bilder an den Wänden.

      Drass ging zu der kleinen Küchenzeile hinüber.

      »Setzen Sie sich doch bitte. Möchten Sie einen Kaffee?«

      Cosma nickte und nahm die Kopfhörer heraus. Langsam beruhigte sich ihr Puls.

      Sie hörte, wie der Polizist Wasser in die Kaffeemaschine füllte.

      »Ich mag keinen Filterkaf fee«, sagte sie. »Könnten Sie ihn aufgießen?«

      »Aufgießen?«

      »Ein Teelöf fel Kaf feepulver in die Tasse und kochendes Wasser drüber.«

      Drass nickte und schaltete den Wasserkocher an.

      »Und was ist mit den Krümeln? Trinken Sie die mit?«

      »Nein«, antwortete sie ironisch. »Den Satz lasse ich in der Tasse. Vielleicht können wir nachher die Zukunft daraus lesen.«

      »Was wollt ihr tun?«, fragte Breschnow, der gerade den Raum betreten hatte.

      »Im Kaf feesatz deine Zukunft lesen«, grinste Drass, zwinkerte Cosma zu und stellte ihr die Tasse mit dem aufgegossenen Kaf fee hin.

      »Willst du auch einen?«

      Breschnow nickte.

      »Wieso sind wir in diesem Raum?«, fragte er, als er zurück zur Tür ging, um sie zu schließen. »Sind die Verhörräume alle besetzt?«

      »Nein, ich dachte, es wäre netter, hier zu sein. Immerhin ist es Sonntag.«

      Breschnow nickte missmutig und wandte sich Cosma zu. Im Hintergrund gurgelte die Kaf feemaschine.

      »Frau Anderson, ich habe Sie hierhergebeten, weil Sie eine wichtige Zeugin sind«, leitete er das Gespräch ein.

      Cosma knallte ihre Tasse auf den Tisch. Etwas Kaf fee schwappte über.

      »Gebeten?«, zischte sie. »Sie haben mich wie eine Schwerverbrecherin abführen lassen!«

      »Hmmm«, brummte Breschnow.

      Drass erhob sich langsam, nahm einen Lappen aus der Spüle und wischte die Kaf feeflecken auf dem Tisch weg.

      Cosma starrte Breschnow wütend an.

      »Und? Bekomme ich wenigstens eine Entschuldigung?«

      »Sie können sich bei meinem Vorgesetzten beschweren, Frau Anderson«, antwortete er sachlich.

      Cosma schluckte.

      Drass musterte sie und setzte sich zurück an den Tisch. Er schob Breschnow eine Tasse Kaf fee hin und wandte sich dann Cosma zu.

      »Frau Anderson, es tut uns wirklich leid, wenn Sie durch uns Unannehmlichkeiten hatten, aber weil bestimmt keiner von uns Lust hat, den ganzen Tag hier zu verbringen, schlage ich vor, dass wir jetzt anfangen.«

      Cosma f ixierte Breschnow weiterhin grimmig und nickte.

      Drass seufzte, stand auf und holte das Aufnahmegerät. Er stellte es auf den Tisch und schaltete es ein. Dabei sah er Cosma freundlich an.

      »Sonntag, 26.6.2011. Es ist jetzt neun Uhr fünfundvierzig. Zeugenbefragung von Frau Cosma Anderson. Anwesend Kriminalhauptkommissare Breschnow und Drass.«

      »Frau Anderson, können Sie uns bitte Ihre Daten geben?«

      »Aber das habe ich doch vorhin schon gemacht!«, blaffte sie. »Vorhin, als ich wie eine Schwerverbrecherin abgeführt wurde!«

      Wieder starrte sie Breschnow an. Er hielt ihrem Blick mit unbeweglicher Miene stand.

      »Bitte«, bat Drass sanft. »Frau Anderson, wir brauchen Ihre Daten für dieses Befragungsprotokoll.«

      Meinetwegen, aber nur für dich, dachte Cosma und nannte ihren Namen und ihre Adresse.

      »Was machen Sie beruflich?«, fragte Drass.

      »Ich bin Journalistin.«

      Drass und Breschnow wechselten einen Blick.

      »Bei welcher Zeitung sind Sie tätig?«

      »Ich arbeite als Freie für mehrere Zeitungen.«

      »Welche zum Beispiel?«

      »TAZ, Tagesspiegel, Berliner,