Tod in der Hasenheide. Connie Roters. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Connie Roters
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783863270667
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geschüttelt wurde.

      Sie stand immer noch im Tunnel. Sie hatte Angst. Die Ratte krabbelte an ihrem Hosenbein hoch. Dino stand neben ihr und ergrif f die Ratte. Er lachte und holte zum Schlag aus. Sie hörte einen Schrei.

      Jemand hob sie abrupt aus dem Kissen. Sie saß, konnte aber die Augen nicht öf fnen. Der Tunnel war weg. Die Hände, die sie hielten, waren warm. Dann wurde es wieder schwarz um sie herum.

      Drass stand im Flur vor dem Krankenzimmer und ärgerte sich über die Schwester, die ihn rausgeschmissen hatte. Er hätte die Anderson befragen können. Sie hatte ihn doch angesehen. Nervös lief er vor der Tür auf und ab.

      Sie hatte ihm gefallen, und er war gerne ihrer Einladung gefolgt. Eine Verdächtige hatte er in ihr nicht gesehen. Aber jetzt war er sich nicht mehr so sicher. Vielleicht simulierte sie nur, um Zeit zu gewinnen, und die naiven Ärzte f ielen wie immer darauf rein.

      Die Krankenschwester kam aus dem Zimmer und sah ihn wütend an. »Sie sind ja immer noch hier! Warten wohl, bis ich weg bin, um sich dann wieder hineinzuschleichen. Das können Sie sich abschminken. Ich habe der Patientin noch eine Spritze gegeben. Sie wird jetzt erst einmal ein paar Stunden schlafen. Morgen früh können Sie wiederkommen. Heute läuft nichts mehr.«

      »Aber …«, versuchte Drass zu intervenieren.

      »Nix und Schluss!«, bellte die Schwester.

      Drass salutierte: »Jawohl, Frau General.«

      Er drehte sich schnell um und eilte mit großen Schritten den Gang entlang. An der Tür blieb er stehen und sah noch einmal zurück. Die Krankenschwester sah ihm schmunzelnd hinterher. Wahrscheinlich war sie froh, ihn so einfach abgeschüttelt zu haben.

      ***

      Hartnäckiges Klingeln riss ihn aus dem Schlaf. Breschnow sah sich benommen um, fluchte leise und schlurfte zur Wohnungstür. Es klingelte weiterhin Sturm. Er riss die Tür auf, aber im Flur war niemand. Das Klingeln schwoll an zum nervigen Dauerton, und sein Handy gesellte sich dazu. Als er endlich begrif f und den Haustüröf fner drückte, verstummten beide Klingeltöne abrupt, und er atmete erleichtert auf.

      »Dritter Stock«, rief er ins Treppenhaus hinunter.

      Kurz danach kamen zwei Kriminaltechniker laut schnaufend und schwer bepackt die Treppe hinauf.

      »Dass es in diesen alten Häusern keine Aufzüge gibt, f inde ich absolut scheiße. Wir müssen gleich noch einmal runter und den Rest der Sachen holen«, murrte der dickere von ihnen.

      Sie stellten die erste Ladung in dem kleinen Flur ab, und Breschnow sah ihnen nach, wie sie die Treppe wieder hinabstiegen. Obwohl er nun schon seit fast fünfzehn Jahren bei der Mordkommission arbeitete, war er immer wieder überrascht, wie viel Technik man für eine Spurensicherung benötigte. Sicherlich hatte sich in den Jahren die Arbeit enorm verbessert, aber brauchte man dazu immer dieses ganze Hightechzeug?

      Die beiden Männer kamen zurück und stellten auch den Rest ihrer Ausrüstung in den Flur.

      »Was suchen wir, und wo sollen wir anfangen?«, fragte einer von ihnen keuchend.

      »Am besten im Schlafzimmer. Reißt mir vorher noch ein paar Haare vom Kopf und zupft ein paar Fasern von meinen Sachen«, brummte Breschnow. »Ich bin nämlich auf dem Bett eingepennt. Ihr werdet Spuren von mir f inden.«

      Er überging die Empörung der beiden und wusste, dass diese Geschichte heute Abend die Runde machen würde.

      »Die Frau, die hier lebt, ist die aus dem Tunnel«, erklärte er. »In ihrer Küche haben wir ein blutiges Messer sichergestellt. Schaut nach, ob ihr noch weitere Blutspuren f indet. Und nehmt nachher etwas mit, das ihr mit den Klamotten aus dem Park vergleichen könnt. Vielleicht waren es ja ihre Sachen.«

      Die Spurensicherer nickten und machten sich schweigend an die Arbeit. Er sah ihnen noch eine Weile zu, bevor er die Wohnung verließ.

      Im Treppenhaus klingelte sein Handy.

      »Sie lassen mich nicht zu ihr. Morgen früh vielleicht.«

      »Ich habe nichts anderes erwartet. Dann tref fen wir uns um acht am Krankenhaus.«

      Am anderen Ende wurde geschwiegen. Breschnow nahm den Apparat vom Ohr und betrachtete das Display. Der Empfang war hervorragend. Ein Räuspern drang aus dem Lautsprecher.

      »Meinst du, sie war es?«, fragte Drass zögernd.

      »Vielleicht?«

      »Rufst du mich an, falls Manfred heute noch irgendetwas herausbekommt?«

      Breschnow versprach es und beendete das Gespräch.

      Sie hat es dir angetan, dachte er und stieg die letzten Stufen hinab. Draußen blieb er unschlüssig stehen, sah noch einmal am Haus empor und dann auf den Kanal und fragte sich, ob er gleich zu Manfred in die Kriminaltechnik oder erst zurück in den Park fahren sollte. Er entschied sich für den Park.

      ***

      In der Hasenheide war wieder Normalität eingekehrt. Die Sonnenstrahlen hatten die Menschen zurück an die frische Luft gelockt. Nun saßen sie auf den Bänken, redeten und lachten, und die Kinder tollten auf den Wiesen herum.

      Sonntagnachmittag, dachte Breschnow ein wenig wehmütig. Auch er war manchmal mit seinen Freundinnen hierhergekommen, hatte ihnen Gedichte vorgelesen von Sylvia Plath und manchmal auch von sich. Frisch verliebt und kopflos. Damals, als dieses Gefühl noch wichtiger gewesen war als sein Job, damals als er noch geglaubt hatte, sich entscheiden zu können zwischen der Lyrik oder der Polizei.

      Er musste eine Weile suchen, bevor er Delego und Subat fand. Wahrscheinlich war er bereits mehrere Male an ihnen vorbeigegangen, denn sie traten plötzlich aus einem Gebüsch hervor.

      »Hallo Breschnow!«, grüßte ihn Delego.

      »Du strahlst ja so«, stellte er fest.

      »Klar, habe grade im Busch einen Joint geraucht«, lachte sie.

      Subat sah sie grimmig an.

      »Wir haben endlich jemanden gefunden, der mit uns geredet hat«, erklärte sie. »Er wollte natürlich nicht gesehen werden. Nach dem Gespräch ist er dann in die andere Richtung verschwunden.«

      »Was hat er gesagt?«, fragte Breschnow neugierig.

      »Er selber hat nichts gesehen, behauptet, ein anderes Schlafplätzchen gehabt zu haben. Aber seine Kumpel haben sich heute Morgen bei ihm ausgeheult. Sie haben im Tunnel übernachtet und sind wach geworden, weil zwei Männer sich heftig gestritten haben. Als einer dann am Boden lag, haben sie sich lieber aus dem Staub gemacht«, antwortete Delego.

      »Konnten sie jemanden erkennen?«

      »Nein, natürlich nicht. Die Penner waren breit wie die Haubitzen«, sagte Subat.

      »Wo können wir den Mann f inden?«

      »Wir tref fen ihn in einer Stunde am U‑Bahnhof Südstern. Da kennt ihn keiner.«

      »Hof fentlich kommt er«, wünschte sich Breschnow laut. »Am besten, ihr hättet ihn gleich mitgenommen!«

      »Dann hätte er aber nicht mit uns geredet, und ich denke, er wird kommen«, sagte Delego zuversichtlich, »wir haben ihm zwei Flaschen Schnaps versprochen, und er sah nicht so aus, als würde er sich so ein Angebot entgehen lassen.«

      Breschnow grinste. »Gut, lassen wir uns überraschen. Ich brauche jetzt erst einmal etwas zwischen die Zähne. Wo ist der nächste Imbiss?«

      »Da hinten an der Ecke«, antwortete Subat. »Ich schließe mich an.«

      Die drei gingen zu dem kleinen Imbisswagen am Parkrand.

      Subat voran, Breschnow und Delego blieben etwas zurück.

      »Wie ist es euch sonst ergangen?«

      »Frag lieber nicht«, seufzte sie und verdrehte die Augen. »Wir mussten uns viel Scheiße anhören, und Subat ist einmal fast ausgeflippt. Er war nah dran,