Автор: | Greg F. Gifune |
Издательство: | Bookwire |
Серия: | |
Жанр произведения: | Языкознание |
Год издания: | 0 |
isbn: | 9783958350885 |
gerade die besten Entscheidungen. Aber was sollen wir jetzt machen? Wir müssen doch etwas tun, sie könnte jetzt gerade irgendwo da draußen erfrieren.« »Seth«, sagte Louis streng, »wir können jetzt nichts mehr für sie tun. Sie ist jetzt 'ne Frostituierte!« »Um Gottes willen, Lou, findest du das etwa lustig? Das Mädchen ist höchstwahrscheinlich tot!« »Hey, niemand hat sie gezwungen, abzuhauen, oder?« Darian winkte Raymond näher an das Feuer heran, das inzwischen ordentlich loderte. »Setz' dich mal hierhin. Du siehst immer noch ziemlich durchgefroren aus.« Raymond schob seinen Mantel und die Mütze von dem Stuhl und setzte sich. Er hielt die Hände nahe an das Feuer und lächelte Seth an. Es war ein hilfloses Lächeln ohne jegliche Freude. »Ich habe versucht, sie zu finden«, sagte er. »Ich habe wirklich mein bestes gegeben, aber sie war einfach … weg.« »So wie ich es sehe, haben wir versucht, ihr zu helfen.« Louis legte einen Fuß auf sein aufgestelltes Knie und begann, die Zehen zu reiben. »Tut mir leid, wenn sie es nicht geschafft hat, aber im Endeffekt ist es für uns so einfacher. Was da passiert ist, ist einfach nicht unsere Sache.« »Meinst du nicht, es ist zu unserer Sache geworden?«, fragte Seth. »Was mich angeht, fände ich es am besten, wir würden einfach so tun, als wäre das Ganze nie passiert.« Darian nickte. »Seth, ich glaube, er hat recht.« »Dann erkläre mir das bitte.« »Wenn das, was sie uns erzählt hat, wahr ist, dann ist es sicher das Beste, wir haben nichts damit zu tun. Falls das noch möglich ist.« »Also tun wir einfach so, als wäre sie nie hier gewesen?« Seth lachte auf, aber es war eher eine Übersprungshandlung aus Nervosität als alles andere. »Das heißt, wir suchen nicht mal ihre Leiche, wenn der Sturm aufhört? Wir sagen nicht den Behörden Bescheid, dass sie einen Suchtrupp schicken sollen, um ihre Überreste zu bergen? Das können wir doch nicht machen, was zur Hölle ist los mit euch?« »Wieso können wir das nicht machen?«, fragte Louis. »Willst du dich wirklich mit den Hinterwäldlercops hier oben anlegen? Willst du der Presse und deiner Frau und den Wichsern auf der Arbeit erklären, was zur Hölle du hier mit einem jungen Mädchen zu schaffen hattest, das Vorstrafen wegen Prostitution und Drogen hat? Ganz abgesehen davon, dass sie vielleicht einen Blutsverwandten von den Bullen hier um die Ecke abgemurkst hat und jetzt selbst tot ist, irgendwo da draußen im Wald. Wie willst du erklären, wieso und warum ein junges Mädchen mitten in der Nacht in einen lebensgefährlichen Sturm gerannt ist? Was, wenn die Cops uns nicht glauben?« »Aber es ist die Wahrheit.« Obwohl Seth überzeugt klang, kamen selbst ihm langsam Zweifel, was real war und was nicht. Seit dem Moment, als Christy ins Bad gegangen war, um sich umzuziehen, schien nichts mehr klar oder überzeugend zu sein. Seine Erinnerungen waren zu lückenhaften Stückwerken, verschwommenen Schemen und schlaftrunkenen, beunruhigenden Empfindungen reduziert worden. »Wir wissen, dass das die Wahrheit ist«, erklärte Louis ihm, »aber du musst zugeben, es klingt alles ziemlich schräg. Ich meine, willst du wirklich jemandem erklären müssen, dass wir es auf einem lustigen Wochenendtrip rein zufällig mit toten Nutten und ermordeten Hinterwäldlern zu tun bekommen haben? Um Himmels willen, das klingt wie ein Roman von Joe Lansdale.« »Hör zu, hier sind Verbrechen begangen worden. Wir müssen die Wahrheit sagen. Wir haben nichts Unrechtes getan; wir wollten nur diesem Mädchen helfen. Wir alle wissen doch, was passiert ist.« Louis zuckte mit den Schultern. »Was ist denn passiert? Ein halb durchgedrehtes Mädchen kam blutbesudelt in unser Camp gerannt und hat uns wirre Geschichten erzählt. Vielleicht hat sie die Wahrheit gesagt, vielleicht nicht. Der Punkt ist, wir haben ihr geholfen, aber sie ist mitten in der Nacht abgehauen. Wir haben keine Ahnung, wieso, außer dass sie nichts mit der Polizei zu tun haben wollte. Ich finde, wir sitzen den Sturm aus und dann machen wir uns aus dem Staub, so schnell es irgend geht. Nichts von all dem ist je passiert. Außerdem gibt es auch gar keine Möglichkeit, sie mit uns in Verbindung zu bringen. Keinen Beweis, dass sie je hier war.« »Ich habe ihr einen von meinen Pullis und ein Paar Socken gegeben«, wandte Seth ein. »Die Sachen hätte sie in jedem beliebigen Laden im ganzen Land kaufen können. Oder hast du etwa deinen Namen da eingestickt?« »Sei nicht albern, darum geht's nicht.« »Doch, genau darum geht es, verfickt und zugenagelt!« Louis stand auf und schritt die Hütte mit großen, theatralischen Bewegungen ab. »Es gibt keine Beweise, dass wir was mit ihr zu tun hatten, also warum das ganze Gelaber?« »Und was ist mit dem Hemd, das sie hier gelassen hat? Das mit dem ganzen Blut? Wo ist das?« »Stimmt, das ist hier … das liegt da noch.« Es war der erste Beitrag von Darian seit einer ganzen Weile. Er kniete immer noch neben dem Kamin und zeigte auf das Shirt, das in der Nähe der Feuerstelle auf dem Boden lag. »Sie muss es da hingeworfen haben, nachdem sie sich umgezogen hat. Vielleicht dachte sie, wir verbrennen es.« »Das können wir ja machen«, sagte Louis. Seth stellte sich ihm in den Weg. »Das ist ein Beweisstück.« »Was soll das denn, bist du jetzt auf einmal Johnnie Cochran oder was? Wen interessiert's? Wir schmeißen es ins Feuer, es verbrennt – Puff! – es war nie hier. Genau so wenig wie sie, nichts von all dem ist je passiert. Wir fahren nach Hause, machen weiter mit unserem Leben und vergessen diese ganze Scheiße. Früher oder später wird schon jemand nach dem toten Waldschrat gucken gehen oder über die Überbleibsel von Christy stolpern, und dann hat sich die Sache. Nichts davon wird dann irgendetwas mit uns zu tun haben.« »Das können wir doch aber nicht machen«, sagte Seth halblaut, »Das ist doch … das fühlt sich einfach nicht richtig an.« »Seth«, sagte Louis, wobei er tief Luft holte, »ich habe wirklich schon genug Probleme, okay? Wir haben diese Scheiße nicht bestellt. Wir sind bloß hier rauf gefahren um ein paar Biere zu trinken, bisschen Karten zu spielen und zu relaxen, stimmt's? Wenn wir uns jetzt einmischen, ändert das nichts an der ganzen Sache. Der Mann ist immer noch tot, das Mädchen ist immer noch tot. Das Einzige, was sich ändern wird, sind unsere Leben, weil wir in diesen Schlamassel mit rein gezogen werden. Das kann ich echt nicht brauchen. Du etwa?« Raymond, der immer noch ins Feuer starrte, brach endlich sein Schweigen. »Du musst auf ihn hören, Seth.« Seth hob seine Hände in die Luft, als wäre er Opfer einer Verschwörung. »Mother, du bist doch hoffentlich nicht auch deren Meinung?« »Ich denke, vielleicht …« Darian schaute weg, wie Raymond wandte er sich wieder dem Feuer zu. »Ich denke, Louis hat vielleicht recht.« »Das glaube ich einfach nicht. Bin ich wirklich der Einzige hier, der das Richtige tun will?« »Das Richtige in diesem Fall«, sagte Louis gähnend, was Seth extrem unangebracht fand, »ist alles zu verleugnen. Lasst uns das Hemd verbrennen und die Scheiße vergessen.« »Ich stimme zu«, sagte Darian. »Raymond?«, fragte Louis. Ohne seinen Blick von dem Feuer abzuwenden, nickte Raymond langsam. Seth wollte eigentlich noch weiter protestieren, aber er wurde es langsam müde. In den letzten Minuten war eine Welle der Erschöpfung über ihn hereingebrochen, die seinen Willen schwächte. »Ich glaube, dass es falsch ist«, sagte er. »Es ist ein Fehler und es bedeutet, ohne Grund zu lügen. Wir müssen einfach nur die Wahrheit sagen. Wir haben nichts falsch gemacht.« »Ich habe keine Lust, die ganze Nacht aufzubleiben, um das auszudiskutieren.« Louis ging an ihm vorbei und legte sich wieder ins Bett. »Ich bin müde. Ich muss mich von dem ganzen Stress erholen.« »Wir müssen aber alle dafür sein«, sagte Darian. »Einstimmig oder gar nicht!« »Meinst du denn wirklich, dass das der richtige Weg ist, Mother?« Er nickte. »Das tue ich, Seth.« »Okay«, seufzte er, »dann verbrennt das Ding.« Darian beugte sich vornüber, hob das Hemd auf und warf es ins Feuer. Alle schauten sie schweigend zu, wie es verbrannte. Nach ein paar Minuten gab Darian Seth einen Klaps auf die Schulter, machte die Petroleumlampe aus, die er vorher angezündet hatte, und verzog sich in seinen Schlafsack. »Ich bin so müde«, sagte er. »Ich muss schlafen.« Warum wollten alle schlafen? War es nicht komisch, einfach wieder ins Bett zu gehen, nachdem das alles passiert war? Seth war sich nicht ganz sicher. Er fühlte sich wie unter Wasser, und die Wellen der Erschöpfung wurden immer stärker. Er konnte kaum seine Augen offen halten. »Bleibt nicht die ganze Nacht auf, ihr zwei!«, sagte Darian und zog seinen Schlafsack bis oben zu. Seth wandte sich wieder dem Feuer zu, das jetzt die einzige Lichtquelle im Raum war. »Ja, Mother.« Er beobachtete für einen Moment seinen Bruder und fragte sich, wo er so lange gewesen war. Er wusste, dass Raymond seine Besorgnis und seine Nähe spürte, und dass er ihn absichtlich ignorierte. Er starrte einfach nur in die Flammen und schwieg, wobei ein Hauch von Angst in seinen Gesichtsausdruck gemischt war. Alles an ihm wirkte falsch, sogar seine Reaktion auf Louis. Sein Bruder hatte schon so einigen Ärger hinter sich und konnte seinem Mann stehen. In einem Faustkampf würde Raymond Louis einfach vernichten. Aber auch, wenn es gar nicht so weit hätte kommen müssen – unter normalen Umständen hätte Raymond zumindest verbal mit viel härteren Bandagen gekämpft. Seit er das Erwachsenenalter erreicht hatte, ist er nie einer Auseinandersetzung