Wildspitz. Monika Mansour. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Monika Mansour
Издательство: Bookwire
Серия: Zuger-Reihe
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783960416692
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Vater. «Harri Krieger, Sie werden des dringenden Tatverdachts wegen Einbruchs und Totschlages vorübergehend festgenommen. Bitte folgen Sie uns auf die Polizeizentrale.»

      Der Uniformierte zog Handschellen aus seiner Tasche und packte Harri am Unterarm. Wenig zimperlich drehte er ihm die Hände auf den Rücken und liess die Handschellen zuschnappen. Er trug ihm monoton seine Rechte vor.

      Natalie war sprachlos.

      Alexandra und Musa eilten zu ihnen und sprachen hektisch auf die Polizisten ein. Natalie stand wie erstarrt neben der Tür und beobachtete, wie die Bullen Harri zum Polizeiwagen führten. «Stopp!», rief sie und rannte ihrem Vater hinterher. Die harten Kieselsteine auf dem Vorplatz drückten schmerzhaft durch den Verband und die Socken in ihre Fusssohlen. «Was soll das? Lassen Sie sofort meinen Paps frei!»

      Sara trat vor sie. «Wir haben erschlagende Beweise, dass er Mitglied einer vierköpfigen Bande ist, die letzte Nacht in ein Labor eingebrochen ist und dabei den Nachtwächter tötete.»

      «Blödsinn! Paps ist kein Einbrecher und Mörder schon gar nicht. Sie haben den Falschen.»

      «Wir bleiben alle erst einmal ruhig», sagte Sara. «Wir sprechen mit Ihrem Vater, warten die Ergebnisse der Spurensicherung ab und werden sehen, was sich daraus ergibt.»

      Zwei weitere Polizeiwagen fuhren auf den Vorplatz.

      «Ihr spinnt ja!» Natalie fühlte ihr Herz rasen.

      «Wir haben einen Durchsuchungsbefehl für die Villa. Lassen Sie meine Leute ihre Arbeit tun und warten Sie in der Küche. Mein Kollege, Herr Rizzo, wird gleich mit Ihnen sprechen wollen.»

      «Welches?», fragte Natalie und starrte Sara böse an.

      «Welches was?»

      «In welches Labor wurde eingebrochen?»

      «Rivoli Biotech Analytics.»

      «Dort hatte Paps gestern seinen letzten Arbeitstag. Weshalb sollte er das tun?»

      «Diese Fragen zu beantworten, ist mein Job.»

      «Bullshit! Ihnen macht es Spass, auf Unschuldigen herumzutrampeln. Der Nachtwächter, wer …?»

      «Pedro Ramirez. Kannten Sie ihn?»

      «Mein Gott, Pedro? Nein, ich kannte ihn nicht persönlich. Paps hat von ihm erzählt. Von ihm und Coco, seinem Hund. Die beiden waren unzertrennlich. Letzten Monat, bei Paps’ Abschiedsfeier, war er auch hier, aber ich habe nicht mit ihm gesprochen.»

      «Die Täter haben Coco mitgenommen. Der Hund ist nicht zufällig hier?»

      «Nein. Für wie krank halten Sie uns? Paps ist unschuldig, da wette ich mein Leben drauf.»

      «Tun Sie das nicht. Auf Wiedersehen, Frau Krieger. Wir werden uns später sprechen.»

      Die Zicke stieg in ihre Limousine und folgte dem Polizeiwagen, der Harri auf die Zentrale fuhr.

      Eine geschlagene Stunde liess Rizzo sie in der Küche ausharren, ehe er sich zu ihnen setzte. Wenigstens hatte Natalie inzwischen Harris Anwalt erreicht, der versprach, gleich zur Polizeizentrale zu fahren. Rebecca zu informieren, brachte sie bisher nicht übers Herz.

      Alexandra kaute nervös an ihren Fingernägeln, während Musa den Ermittler finster anstarrte. Rizzo zog einen kleinen Notizblock aus der Hosentasche.

      «Kaffee?», fragte Alexandra.

      «Ähm, ja, gern. Einen Espresso, wenn das geht.»

      «Das geht.» Alexandra schien froh, etwas zu tun zu haben. Rizzo wollte seine erste Frage stellen, als die laut ratternde Kaffeemaschine dazwischenkam. Er hielt mit der Frage zurück, bis die Bohnen gemahlen waren.

      «Welche Beweise haben Sie gegen meinen Vater?» Natalie kam ihm zuvor.

      «Über laufende Ermittlungen dürfen wir keine Auskunft geben. Wir suchen nach der Wahrheit. Sollte Ihr Vater unschuldig sein, wird sich das aufklären.»

      Alexandra servierte Rizzo den Espresso. Ihre Hand zitterte leicht, sodass die Tasse auf dem Unterteller klapperte und etwas Kaffee überschwappte. «Oh, Ent… Entschuldigung.»

      «Kein Problem», sagte Rizzo und schenkte Alexandra ein freundliches Lächeln.

      «Wann soll denn Paps bei Rivoli eingebrochen sein?», fragte Natalie.

      «Letzte Nacht um halb zwei.»

      «Aber Harri war hier», sagte Alexandra. «Wir haben gestern gemeinsam einen Film geschaut.»

      «Bis wann?»

      «Bis kurz nach elf, dann ging ich schlafen.»

      «Und Sie?» Rizzo schaute Musa an.

      «Ich wohne drüben im Pförtnerhaus. Bis um neun war ich in der Villa, danach ging ich mit Freunden aus und kam gegen zwei Uhr zurück.»

      «Harri Krieger haben Sie nicht gesehen?»

      «Nein. Es brannte kein Licht mehr in der Villa.»

      «Was ist mit den Wagen? Hat einer gefehlt?»

      «Keine Ahnung. Mich hat ein Freund abgeholt und heimgebracht. Ich habe nicht in der Garage nachgesehen.»

      Rizzo notierte die Informationen. «Was ist mit Ihnen, Frau Krieger?»

      «Ich habe gearbeitet.» Die Polizei kannte ihr Geheimzimmer, und sie wussten, was Natalie mit Arbeit meinte.

      «Woran genau haben Sie gearbeitet?», fragte Rizzo.

      «Ich habe über einen Menschenhändlerring in Mexiko recherchiert. Reicht das?»

      «Hm, Sie waren nicht im World Wide Web unterwegs, damit wir Ihre Aussage prüfen können?»

      «Nein, ich war tiefer drin, in der dunklen Welt, wo Sie mich niemals aufspüren können, und das wissen Sie.»

      «Okay, belassen wir das für den Moment.» Rizzo rührte in dem schwarzen Espresso und überlegte einen Augenblick. «Frau Rebecca Krieger ist nicht zu Hause?»

      «Sie ist bei ihren Eltern in Davos», antwortete Alexandra.

      Rizzo brachte ein kurzes Lachen auf seine Lippen. «Wie geht es der kleinen Imani?»

      Alexandra strahlte. «Oh, der Schatz rennt bereits herum, etwas wackelig zwar, aber sie hält uns auf Trab. Ich kann mir dieses Haus ohne Imani überhaupt nicht mehr vorstellen.»

      «Ja, Kinder sind toll», sagte Rizzo und bemerkte zu spät, dass er vom Thema abwich. «Zurück zu unserem Fall. Wenn wir richtig informiert sind, hatte Herr Krieger gestern seinen letzten Arbeitstag bei Rivoli, korrekt?»

      «Ja.»

      «Wie lange war er dort angestellt?»

      «Fast zwanzig Jahre.»

      «Worin genau bestand seine Arbeit?»

      «Er war Abteilungsleiter der Zellkulturtechnik, hat im Auftrag von diversen Firmen an neuen Verfahren geforscht. Mehr Details kenne ich nicht. Paps durfte nicht über seine Arbeit sprechen, verstehen Sie? Schweigepflicht. In der Pharmabranche geht es um viel Geld, und die Entwicklung neuer Medikamente unterliegt der höchsten Geheimstufe.»

      «Er hat nicht», Rizzo räusperte sich verlegen, «ich meine, er hat …»

      «… nach einer Heilung für EB geforscht?», ergänzte Natalie den Satz. «Logo. Ausserhalb seiner Arbeitszeit durfte er das Labor für die private Forschung nutzen – unter gewissen Auflagen natürlich. Paps hat nie aufgegeben. Als ich fünf war, hat er den Job bei Rivoli angenommen. Er hat wegen mir auf sein eigenes Labor verzichtet. Was letzten Sommer passiert ist, hat uns allen die Augen geöffnet. Paps begriff endlich, dass er sich so darauf versteift hat, eine Heilung für meine Krankheit zu finden, dass er selbst kaum gelebt hat. Deshalb hat er zusammen mit Rebecca endlich seine Papilio Labs GmbH gegründet. Nächste Woche ist Eröffnung.» Natalie zeigte mit dem Finger auf Rizzo. «Paps wird dort sein. Ich lasse