GRAHAMS HOFFNUNG (Survivor 2). A.R. Shaw. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: A.R. Shaw
Издательство: Bookwire
Серия: Survivor
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958354333
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Decken und Fäustlinge. Macy wusste, dass Graham den ermüdenden Prozess des Häutens genauso wenig mochte, wie er und alle anderen den Keil mochten, den die Tötungen zwischen Tala und Sam getrieben hatten.

      Graham musste daran denken, dass selbst jetzt der große Konflikt anhielt, der sich an der Verwendung der getöteten Wölfe entzündet hatte. Zum Glück hatten sie sich alle nach ihrem ersten Streit auf einen Kompromiss einigen können. Sam gab sich immer größte Mühe, nicht ein Jota zu verschwenden bei allen Tieren, die sie erlegten. Talas Aufgabe war es, das Fleisch der Tiere zu trocknen und zu konservieren. Als es jedoch um den ersten erlegten Wolf ging, zog sie eine rote Linie. Talas indianisches Erbe hielt sie davon ab, Wolfsfleisch zu essen. Sie weigerte sich sogar, das Fleisch oder die Felle auch nur anzufassen, da ihre Tradition den Verzehr von Wolfsfleisch als Tabu betrachtete.

      Ihre Großeltern hatten ihr diese Tradition weitergegeben. Obwohl sie nicht erklären konnte, warum, sagte sie, der Brauch habe etwas mit der Seele des Tieres zu tun. Sam pflichtete ihr bei, anstatt sich über sie lustig zu machen, wie sie es erwartet hatte. Jeder von ihnen hatte etwas, das ihm besonders wichtig war, und der Umgang mit Wölfen war eben Tala heilig. Schließlich bedeutete Tala nichts anderes als »Wolf«.

      Die Aussicht, im schlimmsten Fall zu verhungern, hatte ihre Sicht auf die Dinge jedoch verändert. Also waren sie einen Kompromiss eingegangen: Sie alle würden darauf verzichten, Wolfsfleisch zu essen, es sei denn, eine Hungersnot kam ins Spiel. Wenn Nahrung knapp wurde, durfte es keine Rolle spielen, womit sie ihr Überleben sicherten. Graham kündigte an, im Notfall selbst die geräucherte Wolfswurst herzustellen, wenn Tala nichts mit den erjagten Wölfen zu tun haben wollte. Fürs Erste blieb die Lage so: Sie verzehrten alles, außer Wolfsfleisch.

      Die sonst immer gelassene und vernünftige Tala hatte sie überrascht, als sie felsenfest bei ihrer Abneigung gegen das Fleisch geblieben war. Aber sie alle hatten ihr zugehört, und sie alle gewährten ihr diese Besonderheit. Tala stellte sonst wenige Forderungen.

      Später gab Sam zu, dass er den Geschmack von Wild nie gemocht hatte. Wolfsfleisch schmeckte überraschenderweise sehr nach Hühnchen, und außerdem fühlte es sich an, als würde man seinen eigenen Hund essen. Da sie alle Sheriff liebten, war das ein Grund mehr, kein Wolfsfleisch zu essen.

      Graham blickte auf das Eis, wo Mark und Sam die grauen Wölfe ans Ufer zogen. Mark ließ sein Tier fallen und sprintete den Pfad hinauf, um sich einen Schlitten zu holen. Schnaubend und schnaufend stieß er seinen Atem in kleinen Wölkchen aus.

      Im selben Moment kam knisternd Talas Stimme über das Funkgerät, das an Grahams Gürtel befestigt war. Sie berichtete kurz, dass sie die Ursache des Aufruhrs im Lager der Prepper gemeldet hatte, damit sie sich keine Sorgen machten, was es mit dem Tumult aus ihrer Richtung auf sich hatte. »Danke, Schatz«, sagte er.

      Sheriff kam herbeigelaufen, um Marks Jagderfolg zu inspizieren. Er beschnüffelte den großen Grauen und trabte weiter, um auch den nächsten, der nur vier Fuß entfernt lag, unter die Nase zu nehmen.

      »Macy, kannst du Tala anfunken und ihr sagen, sie soll Rick kontaktieren? Ich brauche noch heute Abend Kinderbesuchszeit, bevor es dunkel wird. Ich werde für ein paar Tage weg sein, also möchte ich Addy sehen, bevor wir losfahren«, bat Sam.

      »Aber sicher, Sam. Ich hätte schon vorhin wegen eines Besuchs fragen sollen.« Macy übermittelte die Nachricht sofort.

      »Ich helfe dir, die Wölfe auf die Gestelle zu wuchten, bevor wir uns auf den Weg machen«, sagte Sam zu Graham.

      Graham schüttelte den Kopf. »Nicht nötig. Macy und ich kriegen das hin. Sie hat Kraft. Du verbringst jetzt noch etwas Zeit mit Addy.«

      »Ich will sie nur für ein paar Augenblicke wiedersehen«, sagte Sam.

      Die Geräusche von Marks Schritten und dem Schlitten, den er hinter sich herzog, näherten sich. Der Junge arbeitete in diesen Tagen wie im Zeitraffer. Sie waren alle erstaunt darüber, wie gut er sich von seinen weniger glücklichen Erfahrung mit den Preppern erholt hatte. Obwohl sie ihre Gründe gehabt hatten, war es hart für den Jungen gewesen, der fast noch ein Kind war. Als sie ihn gefunden hatten, war er ein Wrack gewesen, und jetzt übertraf der junge Mann sowohl Graham als auch Sam bei fast jeder Aufgabe.

      »Also gut, lass uns die Beute ins Gewächshaus bringen«, sagte Graham.

      »Ich packe weiter unsere Sachen«, sagte Sam. Er ging zurück zur Blockhütte, dicht gefolgt von Graham und Mark, die den Schlitten mit den beiden Wölfen zogen.

      Macy winkte zum Abschied und sah ihnen nach, wie sie sich den Pfad zurück nach oben kämpften. Wieder hob sie das Fernglas, überprüfte erneut ihr gesamtes Blickfeld und lauschte einen Moment später der einsamen Stille, die vor ihr über dem gefrorenen See lag.

      Kapitel 3

       Sein braves Mädchen

      »Also los, wir versuchen es noch einmal«, sagte Graham. »Ihr beiden haltet ihn an den Schultern, ich zähle bis drei, dann stemmen wir ihn hoch, und ich schiebe« – er holte Luft und wischte mit dem Hemdsärmel den Schweiß von seiner Stirn – »das Hinterbein auf den Haken. Seid ihr bereit?« Noch einmal holte er tief Luft. »Eins, zwei, hoch

      Während Graham das hintere Ende des Wolfs hochhob, versuchten Macy und Bang, den übrigen Körper des Tieres hoch genug zu bekommen, damit Graham eines der Hinterbeine durch die aufgeschnittene Öffnung zwischen Knochen und Sehne auf den Haken schieben konnte.

      Grahams Arme und Schultern zitterten vor Anstrengung, als er versuchte, das Tier mit sicherem Griff hochzuheben. Macy und Bang neben ihm ächzten. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, das Tier in Position zu bringen. Triumphierend hängte Graham das Gewicht an den Haken und sie ließen langsam los und stießen den angehaltenen Atem aus.

      »Puh, was für ein großer Kerl! Er muss an die hundertfünfzig Pfund wiegen«, keuchte Graham.

      Bang lachte. »Er ist so groß wie du!«

      Sam kam zu ihnen ins Gewächshaus. »He, ich habe doch gesagt, ich würde euch dabei helfen.« Er ging zu dem kleineren Wolf, der noch auf dem Schlitten lag, hob ein Hinterbein hoch und schob seinen Daumen an der richtigen Stelle zwischen Sehne und Knochen durch die Haut. Dann zog er den Haken herunter und hievte gleichzeitig das Bein nach oben. Er schob den Haken durch die Öffnung im Bein des Tieres und zog es hoch. Auch er hatte damit ein wenig zu kämpfen, aber seine langen sehnigen Muskeln, die an diese Art von Arbeit gewöhnt waren, erfüllten ihre Aufgabe, und er atmete gleichmäßig aus. Im Vergleich dazu, wie fertig Graham aussah, schien es für Sam eine leichte Übung gewesen zu sein.

      »Wie zum Teufel hast du das gemacht?«, fragte Graham ungläubig, während Macy und Bang lachten.

      Sam, der niemals einen anderen Mann vorführte, sagte einfach: »Meiner war leichter. Ich gehe dann mal Addy besuchen. Bis später!«

      ***

      Sam lief durch den tiefen, unberührten Schnee und bahnte sich einen neuen Weg hinunter zum Fluss. Es hatte wieder geschneit seit dem letzten Mal, als er bis zur Biegung am Skagit River gelaufen war, der die Grenze zum Lager der Prepper markierte. Die Nachmittagssonne hing schon tief am Horizont, verborgen hinter den immergrünen Baumwipfeln. Im dichten Wald war es so dunkel, dass es auch später Abend hätte sein können. Sam näherte sich dem Treffpunkt und musste daran denken, wie das leise klirrende Geräusch des gefrorenen Flusses bald zum Brüllen hinabrauschender Wassermassen werden würde, wenn die Schneeschmelze aus den hohen Bergen der Cascade Mountains kam. Er betrat die Lichtung und wischte den puderzuckerleichten Schnee von dem Felsbrocken, der sein Sitz geworden war, wenn er auf Addy wartete.

      Er holte die neueste Schnitzerei aus seiner Manteltasche und setzte sich. Dieses Stück Holz war zu einem grauen Wolf geworden, ganz ähnlich dem, auf den er heute geschossen und den er verfehlt hatte. Er nahm sein Messer heraus und machte ein paar detaillierte geschwungene Schnitte entlang der Brust des Tieres, um die lange Mähne des Wolfs hervorzuheben. Schließlich schabte er das weiche Holz mit der Klinge glatt, um sein Werk zu vollenden.

      Ziemlich