Die Prämonstratenser. Ulrich Leinsle. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ulrich Leinsle
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783170323919
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Brautwerbung des Grafen Theobald II. von Blois, seit 1125 auch von Champagne, für Mathilde von Kärnten zu einem Erfolg führte. Von dort zog er weiter nach Rom. Am 11. Februar 1126 erhielt er die päpstliche Bestätigung durch den neuen Papst Honorius II., allerdings nicht für seinen ordo, sondern für ein Leben nach der Augustinusregel und für seine inzwischen gegründeten Klöster,46 gefolgt von speziellen Urkunden für Cappenberg, Varlar und Ilbenstadt sowie Floreffe. Im Zug des Romaufenthaltes nahm Norbert auch an der Unterredung zwischen Honorius und Gerhoch von Reichersberg über die Klerusreform und die Regularisierung des Klerus teil.

      Die Bestätigung war aber wohl nicht der einzige Grund seiner Romreise im Winter. Denn am 19./20. Dezember 1125 war Erzbischof Rutger von Magdeburg gestorben und Norbert wurde am Hof König Lothars III. als Nachfolger gehandelt. Dies wird auch durch Norberts Flucht aus Würzburg nach Ostern 1126 auf der Heimreise von Rom deutlich, um nicht dort zum Bischof gewählt zu werden. In Würzburg hatte er durch eine Blindenheilung so viel Aufsehen erregt, dass daraus schließlich durch Schenkungen die Gründung des Stiftes Oberzell 1128 erwuchs.47 Nach Prémontré zurückgekehrt, regelte Norbert die Verhältnisse in den neuen Klöstern St. Martin in Laon, Vivières und Clairfontaine. Doch bereits im Sommer reiste er mit Graf Theobald von Champagne ab, um dessen Braut einzuholen. Das eigentliche Ziel der Reise aber war Speyer, wo Norbert auf dem Reichstag im Juni/Juli 1126 zum Erzbischof von Magdeburg gewählt und von König Lothar belehnt wurde. Damit war Prémontré seiner leitenden Figur beraubt.

      Norberts Tätigkeit als Erzbischof von Magdeburg und Reichsfürst nach seiner Weihe am 25. Juli 1126 betraf u. a. den weiteren Ausbau seiner Gründungen und seines ordo. Als radikaler Verfechter der Gregorianischen Reform hatte Norbert in seiner Bischofsstadt massiven Widerstand zu ertragen, der bis zu Mordversuchen führte. Ein Grund dafür war u. a. die Übertragung des Stiftes Unser Lieben Frauen in Magdeburg an seine Gefährten, die nach langwierigen Verhandlungen durch Norberts Urkunde vom 29. Oktober 1129 abgeschlossen wurde. Damit war in Sachsen ein zweites Zentrum des »norbertinischen« ordo geschaffen, das zunächst keine Bindung an Prémontré hatte, sondern allein von Norbert als Erzbischof von Magdeburg abhängig war. Die Übertragung wurde 1129 durch Papst Honorius II. bestätigt. Es folgte mit der Übergabe der Benediktinerabtei Pöhlde im Harz vor 1130 an Norberts Gefolgsleute erstmals ein Schritt über das Erzbistum Magdeburg hinaus in das Gebiet des Erzbistums Mainz. Seinem Stift Unser Lieben Frauen in Magdeburg übergab er 1130 das vor der Klosterkirche gelegene Hospital.

      Mit der nächsten Klostergründung Gottesgnaden 1131 am Rand des Wendenlandes richtete Norbert den Blick nach Osten. Er gründete das Kloster als Vorposten zur Missionierung der Wenden und stattete es mit den beträchtlichen Gütern des sächsischen Grafen Otto von Reveningen aus. Bereits 1129 hatte Norbert seinen Gefährten Anselm zum Bischof von Havelberg geweiht, obwohl dieser Bischofssitz noch durch Einfälle der Wenden gefährdet war. Norbert betrachtet sich als Herrn des Klosters Gottesgnaden und setzte Amalrich als Propst ein, der allerdings bald ins hl. Land zog. Ihm folgte Evermod, der nur als Provisor eingesetzt wurde. Eine Bestätigungsbulle wurde nicht ausgestellt. Norbert selbst konnte sich um seine letzte Gründung und den stark heterogenen Konvent kaum kümmern, da er durch das Schisma von 1130 und durch seine diplomatische Tätigkeit für König Lothar sowie durch den Romzug von 1132/33 meist abwesend war. In ihren Gebräuchen und der Liturgie waren die Kanoniker von Gottesgnaden an das Kloster Unser Lieben Frauen in Magdeburg als ihr Mutterkloster gebunden, nicht an Prémontré, womit die Bipolarität der Klöster, die Norbert als eine Art »Eigenkirchenherrn«48 unterstanden, überdeutlich wurde. Statt der wollenen und weißen Kleidung trug man in Magdeburg die in den meisten Kanonikergemeinschaften übliche Kanonikerkleidung aus weißem Leinen, das Superpelliceum, und darüber einen blau-schwarzen Mantel. Während in Prémontré der Ordo monasterii als Teil der Augustinusregel die Liturgie bestimmte, folgte man in Magdeburg und den davon abhängigen Stiften der Liturgie des Domes und des Xantener Stiftes.49

      Im Oktober 1131 nahm Norbert am Konzil von Reims teil und erhielt Ende des Jahres die letzte päpstliche Bestätigung der Klöster Unser

       Images

      Abb. 1: Ältestes gedrucktes Bild Norberts, zuerst gedruckt im Breviarium Praemonstratense, Straßburg, Johann Grüninger 1490, hier entnommen aus dem Missale Praemonstratense, Straßburg, Johann Prüss 1502/04.

      Lieben Frauen und Gottesgnaden zusammen mit allen anderen Gütern des Magdeburger Bistums durch Innozenz II. In dieser Urkunde wird auch Posen als Suffraganbistum von Magdeburg aufgeführt, während es bisher zur Kirchenprovinz Gnesen gerechnet wurde. Im August 1132 begann König Lothar seinen Feldzug von Würzburg über Augsburg und Innsbruck nach Rom zur Vertreibung des Gegenpapstes Anaklet II. und zur Erlangung der Kaiserkrone. An diesem Romzug nahmen neben Norbert auch Bischof Anselm von Havelberg und Propst Johannes von Oberzell teil. Letzterer erhielt in Pisa am 20. Februar 1133 eine päpstliche Bestätigung seines Klosters und der kanonikalen Lebensform nach der Regel des hl. Augustinus durch Innozenz II. Für die Zeit des Aufenthalts in Italien im Juni und Juli 1133 erhielt Norbert auch die Würde und Funktion des (stellvertretenden) Erzkanzlers für Italien, da der Erzbischof von Köln abwesend war. Als Belohnung für seine Dienste zur Beilegung des Schismas wurde er vom Papst zum Metropoliten der polnischen Bistümer ernannt. Von Rom zog man wieder über die Alpen zum Reichstag nach Würzburg im September 1133. Über Basel, Mainz, Köln, Aachen (6. Januar 1134) und Goslar (25. Januar 1134) kehrte Norbert, bereits ernstlich erkrankt, nach Magdeburg zurück, wo er am 6. Juni 1134 starb und im Kloster Unser Lieben Frauen begraben wurde.

      Charisma und Institution

      Bereits Norberts Leben führt vor Augen, dass er nicht dem Idealtyp eines Ordensstifters entsprach.50 Dies wird auch in den Quellen deutlich. Während Hermann von Tournai die Gründung von Prémontré und Norberts Wirken als Erfolgsgeschichte darstellt und ihn über Bernhard von Clairvaux erhebt, führen die Viten (besonders Vita B) die Schwierigkeiten aus, in die Norberts Rückkehr zur Wanderpredigt und seine Wahl zum Erzbischof die junge Gemeinschaft in Prémontré stürzten. Die diesbezüglichen Urkunden ergeben zudem ein differenziertes Bild der Organisation der Norbert unterstellten Klöster.

      Waren die Einigung in Prémontré auf die erweiterte Form der Augustinusregel und die Profess bereits mit Schwierigkeiten vor sich gegangen, so drohte nach Norberts Weggang die Gemeinschaft auseinanderzufallen.

      Hinzu kamen die unterschiedlichen Organisationsformen und Besitzverhältnisse in den einzelnen Klöstern, die sich Norbert in der Urkunde Honorius’ II. übertragen ließ.51 Während Prémontré von Bischof Bartholomäus von Laon Norbert vollständig übertragen worden war, wurde die Eremitengemeinschaft von Clairfontaine nur seiner Obhut (cura) übergeben und 1131 eine eigene Abtei errichtet. Floreffe wurde Norbert vom Grafen von Namur übereignet, doch 1124 wurde den dortigen Brüdern vom Bischof von Lüttich das Recht der freien Abtswahl zugesprochen, was Norbert geflissentlich ignorierte. Cappenberg war Norbert und seinen Brüdern übergeben und die Übertragung 1123 durch Kaiser Heinrich V. bestätigt worden. Obwohl Norbert für Cappenberg 1126 eine eigene Papsturkunde für Varlar und Ilbenstadt ausstellen ließ, kam Cappenberg nach Norberts Tod in die Hand des Bischofs von Münster. Das von Otto von Cappenberg gegründete Varlar wurde Norbert wohl nicht übergeben, sondern kam schon 1129 an den Bischof von Münster, dem der Propst zum Gehorsam verpflichtet war. Ilbenstadt wurde von Gottfried und Otto von Cappenberg direkt dem Erzbischof von Mainz 1123 übereignet. Cuissy wird in den Urkunden Norberts nicht genannt, sondern erscheint erst 1132. Vivières wird zwar in der Urkunde von 1126 genannt, sein Status ist aber unklar. Die dauerhafte Reform des Stiftes St. Arnual bei Saarbrücken scheiterte wohl am Widerstand des Grafen Friedrich von Saarbrücken.52 Die Urkunde der Übergabe von Sint-Michiels in Antwerpen an Norbert ist verfälscht, ebenso problematisch erscheint