Die Prämonstratenser. Ulrich Leinsle. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ulrich Leinsle
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783170323919
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die zugleich als Zufluchtsorte (Refugien) in Kriegs- und Krisenzeiten dienten, gelagert und auf den Markt gebracht wurden. Hinzu kamen Immobilien in Städten, die vermietet oder verpachtet wurden, sowie ggf. auch Bergwerke (z. B. Steinfeld in der Eifel). Von den friesischen Klöstern aus wurde auch Seehandel betrieben. Aus den oft ärmlichen Anfängen entwickelten sich so teilweise sehr wohlhabende Klöster (z. B. Steinfeld, Cappenberg oder Weißenau). Da sich entgegen der oft genannten Ansiedlung der Prämonstratenser in Abgeschiedenheit die meisten Klöster im Altsiedelland befanden, wurden zur Bildung von Gutshöfen auch Bauern und Dörfer umgesiedelt. Zumeist versuchte man, das eigene Territorium der Grundherrschaft zu arrondieren.

      Der Rückgang der Konversen und eine Umgestaltung bzw. Krise der Landwirtschaft machten gegen Ende des 12. Jahrhunderts die Verpachtung von Höfen, Acker- und Weideland an Familien oder die Vergabe an Verwalter nötig, die dem Kloster Abgaben und Rechenschaft schuldeten.

      Die Frauenklöster

      Die räumliche Trennung der Frauen- und Männerklöster wurde weder durch einen Generalkapitelbeschluss noch durch das Zweite Laterankonzil veranlasst, sondern wurde wohl nach dem Muster anderer Kanonikergemeinschaften durchgeführt. Sie schuf vom Männerkloster abhängige oder von Anfang an für Frauen gestiftete und später einem Männerstift angegliederte Klöster.136 Doch auch damit waren nicht alle Probleme behoben, wie ein zwischen 1154 und 1174 in der Zeit des Schismas verabschiedetes Dekret des Generalkapitels zeigt:

      »Weil wir in gefahrvollen Zeiten leben und unsere Klöster über die Maßen belastet sind, haben wir durch gemeinsamen Beschluss des Kapitels entschieden, fortan keine Schwester mehr aufzunehmen. Ein Abt, der diese Bestimmung übertritt, wird unnachsichtig abgesetzt«.137

      Doch dieses Dekret konnte allenfalls in Frankreich Geltung erlangen, nicht im Reichsgebiet, dessen Äbte während des Schismas nicht am Generalkapitel teilnahmen. Möglicherweise war es von vornherein nur für Frankreich gedacht, um sich der Annexklöster zu entledigen. Im Reichsgebiet entstanden aber gerade in dieser Zeit zahlreiche Frauenklöster, denen nicht selten Töchter des Adels oder des städtischen Bürgertums übergeben wurden. Die bestehenden Frauenklöster wurden in einem vor 1198 beschlossenen Dekret von der Auflösung ausgenommen, was im gleichen Jahr von Papst Innozenz III. bestätigt wurde und erheblichen Widerstand der Schwestern vermuten lässt. In dieser Form ging die Bestimmung gegen die Frauenklöster auch in die Statutenredaktion von 1236 ein; allerdings sind hier die Ausnahmen auf Klöster beschränkt, die seit ihrer Gründung für Chorfrauen (sorores cantantes) errichtet wurden.138 Hier wird also ähnlich wie in der Konversengesetzgebung den im 12. Jahrhundert sehr zahlreichen Konversinnen eine Absage erteilt. Deren Aufnahme wird um 1240 schließlich generell in das Ermessen des Abtes gestellt, sodass sich von da an in den Chorfrauenstiften neben den dominae meist nur noch wenige Konversinnen fanden.139 Mehrfach wurde auch gegen das ungeordnete Verlassen der Klöster durch Schwestern, gegen Privatbesitz und gegen Besuch von Weltleuten vorgegangen.140 Die seelsorgliche Betreuung der Frauenklöster übernahmen meist einige Kanoniker des Mutterstiftes, die samt den Schwestern und den im Frauenkloster lebenden Konversen dem Propst unterstanden.141 Bereits im 12. Jahrhundert kam es aber zu einer deutlichen Emanzipation der Frauenklöster vom Männerstift mit einer gewissen Gütertrennung und im 13. Jahrhundert zur Führung eines eigenen Siegels der Priorin oder Meisterin des Frauenstiftes, die nun mit dem Konvent Rechtsakte vornahm.142

      Die neue Lebensform der Regularkanoniker Norberts in Prémontré und Magdeburg sah sich bald Angriffen ausgesetzt.143 Der Libellus de diversis ordinibus schaut mit einer gewissen Hochachtung auf die raue Lebensweise in Prémontré und erinnert die Kanoniker an die Reinheit am Altar, die durch das angebliche Ausmisten von Ställen und ähnliche Arbeiten gefährdet sei.144 Insbesondere aus dem monastischen Feld werden dagegen Bedenken gegen die Verbindung von scheinbarem Mönchtum und Predigt, die auch von Kanonikern und Päpsten mehrfach gerügte nicht dem Kanonikerstand entsprechende Wollkleidung, aber auch gegen Norberts Lebensstil in Magdeburg vorgetragen, der vom Eselreiter zum Höfling geworden sei, weshalb sich seine Anhänger nicht »Norbertiner« nennen wollten.145 Die Mönche, allen voran Rupert von Deutz, hielten an der Vorrangstellung der monastischen vita contemplativa gegenüber der kanonikalen vita activa bzw. mixta fest.146

      Anselm von Havelberg

      Im Gefolge Ruperts von Deutz verfocht Abt Ekbert von Huysburg (1134/35–1154) anlässlich des Übertritts des Propstes Petrus von Hamersleben von den Regularkanonikern zu den Benediktinern die Superiorität der monastischen vor der kanonikalen Lebensweise. Dieses opus onerosum rief zwischen 1138 und 1146 die erste Verteidigung der neuen Lebensweise durch Anselm von Havelberg hervor.147 Dieser war 1129 von Norbert zum Bischof der untergegangenen Diözese Havelberg geweiht worden, verbrachte aber die meiste Zeit am Königshof Lothars III., später in Diensten des Mainzer Erzbischofs Heinrich I., dann des Königs Konrad III., auf dem Wendenkreuzzug sowie in Legationen in Rom und Byzanz, wovon sein Anticimenon Zeugnis ablegt. Wie weit er an der Gründung von Jerichow beteiligt war, ist unklar. Von Friedrich I. Barbarossa, an dessen Hof er maßgeblich tätig war, wurde er 1154 zum Erzbischof von Ravenna ernannt. Anselm starb bei der Belagerung von Mailand am 12. August 1158.148

      Die Epistola apologetica Anselms bestreitet gegen Ekbert die Höherwertigkeit des monastischen Lebens im Rekurs auf die vita apostolica in Gemeinschaft, Armut und Nachfolge Christi. Zugleich wendet sie sich gegen Ekberts Behauptung, Regularkanoniker dürften weder Pfarreien haben noch die Seelsorge im Volk leiten. Dagegen beharrt Anselm darauf, dass dem, der das bessere Leben führt, auch die Seelsorge an anderen anvertraut werden solle. Die Regularkanoniker vereinigen in ihrer asketischen Lebensweise die besten Elemente des kontemplativen und des aktiven Lebens, wie es im Leben Jesu selbst sichtbar wird. Das Leben der Apostel ist aber gekennzeichnet durch die Verkündigung des Evangeliums, Gründung von Kirchen, Ordination von Bischöfen und Einsetzung von Presbytern. Diese Tätigkeit hindert die Regularkanoniker aber nicht daran, sich bisweilen »bis zur höchsten Burg der Kontemplation zurückzuziehen«.149 Für den Aufbau des Leibes Christi, d. h. der Kirche, sind Kleriker jedenfalls nötiger und nützlicher als Mönche, die sich nur um ihre Selbstheiligung kümmern. Auch wenn von Norbert hier nicht die Rede ist, wird die Epistola apologetica auch als programmatische Rechtfertigung von Norberts Magdeburger Lebensweise und seiner Gefährten bewertet. Denn Anselm stellt in seinem Anticimenon Norbert als den Erneuerer der professio canonica und vita apostolica vor und beschreibt in seinem Brief an Wibald von Stablo (1149/50) das Leben mit seinen Brüdern in der »Krippe« Havelberg, wenn auch idealisiert in biblischen Bildern, aber doch mit einem gewissen Realitätsbezug.150 Von Prémontré freilich ist da keine Rede.

      Philipp von Harvengt

      Ebenfalls noch in Auseinandersetzung mit Rupert von Deutz stand der unmittelbare Norbert-Schüler und spätere Abt von Bonne-Espérance Philipp von Harvengt († 1183, Abt ab 1157). Er war Verfasser u. a. eines sehr beachtenswerten Kommentars zum Hohenlied und gilt literarisch als gebildeter Meister mittelalterlicher Reimprosa. Für den jungen Orden sind seine Responsa zum Stand und den Aufgaben eines Clericus regularis von großer Bedeutung, die später unter dem Titel De institutione clericorum zusammengefasst wurden. Скачать книгу