Eigentlich verstört er schon die ganze Zeit, seitdem er sich hingesetzt hat, die vielen Pornofreaks ringsum mit seinem pausenlosen Gekeuche. Der Betreiber sieht aus, als ob er ihn gleich rausschmeißen würde. Zilch duckt sich wieder hinter seinen Monitor und wartet gespannt darauf, was sein Betreuer als Nächstes schreibt.
OVID: Schäden an den Nanobugs werden mir auch angezeigt. Erhebliche Schäden. Zilch, du hast fast drei Viertel deines Bestands erschöpft, dabei bist du erst seit vier Stunden dort. Was um alles in der Welt hast du getrieben? ZILCH: Ich wurde von einem Auto angefahren, okay? »Der König braucht viele Pferde und Mannen, sonst kriegt er Humpty Dumpty nicht mehr zusammen.« Bleib locker. OVID: Du weißt, was das bedeutet, oder? ZILCH: Lass mich raten … Wir müssen mit der heißen Nadel stricken? OVID: Schaffst du es in drei Tagen? Ich sehe ein, dass du an den Leistungen unserer besten Agenten nicht einmal kratzt, aber das müsstest selbst du hinkriegen. Montag, zehn Uhr, klingt das machbar für dich? Ansonsten wirst du so starke Schmerzen bekommen, dass du nicht einmal mehr gehen kannst, falls die Lusus Widerstand leistet. ZILCH: Ich schnappe mir euren Froschmann, keine Bange. Drei Tage, was auch immer. Bye. OVID: Keine weiteren Fragen? Du bekommst nur eine Chatsitzung, Zilch. ZILCH: Na gut. Ich wollte es nicht anschneiden, weil es im Grunde bei jedem zweiten dieser kleinen Ausflüge passiert, die ich machen muss, aber erklär mir eines: Ist sie es wirklich, oder steckt ihr dahinter? Ich hab nämlich darüber nachgedacht, und obwohl es nach ihr aussieht, muss sie es nicht tatsächlich sein. Da ihr mich ja – du weißt schon – mit diesen bescheuerten Roboterkäfern heruntergeschickt habt, sollte es für euch auch nicht allzu schwierig sein, meine Augen auszutricksen. OVID: Worauf spielst du an? ZILCH: Das weißt du ganz genau. Jane Ellsburg. Jedes Mal, wenn ich abgebrannt bin, gibt sie mir genau so viel Geld, wie ich brauche. Ich mag drauf und dran sein, den Löffel abzugeben – und manchmal passiert's auch –, und dagegen tut sie nie etwas, doch wann immer mir Kohle fehlt, ist Jane auf einmal zur Stelle. OVID: Ich weiß ehrlich gesagt nicht, was du meinst, Zilch. Vielleicht bleibst du besser mal eine Zeit lang aus der Sonne.
Der Spießer steht von seinem Hocker auf, als sein Kunde mit einer Faust auf den Tisch schlägt, und kommt herüber. Zilch tippt weiter. Hastig.
ZILCH: Tut ihr das nur, um mich durcheinanderzubringen? Oder damit ich in der Spur bleibe? Oder aus welchem Grund sonst?
OVID: Sie ist tot, Zilch.
ZILCH: So schlau, das zu wissen, bin ich auch, Arschloch. Ich meine nur … Ist sie wie ich, also arbeitet sie für euch? Oder hat sie es auf die nächsthöhere … Daseinsebene, Sphäre, was auch immer geschafft?
OVID: Ich denke, darüber sollten wir jetzt nicht diskutieren, während du einen öffentlichen Internetanschluss benutzt.
ZILCH: Du bringst nicht mal eine klare Antwort zustande.
OVID: …
ZILCH: Mut zur Lücke, was? Blödmann. Aber okay, das zeigt zumindest, wie wenig ich euch bedeute. Also, damit du's weißt: Ihr könnt mich genauso kreuzweise. Bis die Tage, doch wenn ich zurückkomme, will ich Antworten auf meine Fragen. Ihr könnt das nicht ewig mit mir machen.
ZILCH ist jetzt offline.
Chatende: 13:35 Uhr
Kapitel 8
Galavance simst ihrem Jolby zurück, dass sie nicht kommen kann, bis ihre Schicht vorbei ist. Er antwortet, sie hätte früher dauernd blaugemacht, die Arbeit früher verlassen, um sich gemeinsam mit ihm zu betrinken und übers Wochenende nach Wilmington zu fahren. Dies wieder zu tun lehnt sie in einer weiteren Nachricht mit dem Hinweis ab, es gehe nicht mehr, jemand müsse Geld verdienen, er oder sie. Daraufhin behauptet Jolby, er habe bald welches. Sie wirft ihm vor, das sei Unsinn, da gibt er nach, und die folgende SMS hat nichts mehr mit diesem Streit zu tun: »Bitte komm einfach und hol mich raus«, fleht er.
Sie erschließt sich alles Weitere aus seinem bruchstückhaften, zusammenhanglosen Text: »Die nehmen mir bald mein Handy weg. Dann werde ich abgefertigt. Es ist Freitag, und wenn du mich nicht vor sechs freikaufst, muss ich übers Wochenende im Knast bleiben. Komm schon, Schatz, ich brauch dich.«
Sie tippt eine Antwort ein, die besagt: »Tut mir leid, ich kann nicht. Ich muss die Schicht bis zum Schluss durchzuziehen. Du musst dann einfach übers Wochenende im Gefängnis bleiben. Vielleicht überlegst es dir bei der nächsten Gelegenheit anders, statt Gras für Chev und dich zu besorgen.«
Mit dem Daumen über dem »Senden«-Button hält sie inne.
Sie fasst dies als ihre Trennung auf. Den letzten Tropfen ins überlaufende Fass. In Gedanken kehrt sie in ihren Trailer zurück, packt ihre Siebensachen und stößt schließlich auf seine Bremsspurenunterwäsche, betrachtet sie hoffnungslos und sieht sie mit anderen Augen. Sie wird sich nicht mehr sagen: »Jesus, mein Freund ist ein dummes, großes Kind, das sich nicht mal den Arsch abwischen kann«, sondern fragen: »Wo soll ich jetzt bloß unterkommen? Na ja, vielleicht ist er doch nicht so übel. Mal schauen, ich hol meine Zahnbürste. Wäre doch gelacht, wenn ich den Scheißefleck nicht im Nu rauskriegen würde.«
Sich dies einzugestehen tut weh: Die Vorstellung, mit ihm Schluss zu machen, bereitet ihr ein schlechtes Gefühl, nur weil sie daraufhin wieder bei ihren – Gott behüte – Eltern einziehen müsste.
Sie löscht den Text. »Na gut«, tippt sie stattdessen. »Ich schleiche mich früher raus.«
»Tausend Dank, Baby. Liebe dich.«
»Ja.«
Patty kommt auf den Tisch zu und erwischt sie fast mit dem Handy. Galavance lässt es geschwind