SURVIVAL INSTINCT. Kristal Stittle. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kristal Stittle
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958350250
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Stockwerke … Keine Chance, einfach hinunterzuspringen. Er suchte die Straße ab, konnte Tammy jedoch nirgendwo entdecken. Vermutlich war sie davongekommen – hoffte er jedenfalls. Sie hatte sich bestimmt in Sicherheit gebracht, versuchte er, sich einzureden.

      Dann sah er sich auf dem Dach selbst um, fand aber nichts Nützliches. Das Gebäude stand einzeln an der Straße und war um mehrere Stockwerke niedriger als die benachbarten.

      Seufzend setzte sich Tobias mit dem Gesicht zur Tür an den Dachrand. So wie sich seine Verfolger von der anderen Seite dagegen warfen, würden die Balken nicht mehr lange halten. Er setzte die Kamera auf seine Schulter und schaute durch den Sucher, holte tief Luft und drückte die Aufnahmetaste. Zumindest sein letzter Kurzfilm sollte ein echter Killer werden – im wahrsten Sinn des Wortes.

      Die Tür flog auf, und die Balken polterten übers Dach. Der Minimob verlor keine Zeit damit, sich umzusehen, sondern stürzte schnurstracks auf seine Beute zu. Gerade als sie ihn aber erreichten, riss irgendetwas Tobias' Bewusstsein aus dem Film-Modus: Etwas umschlang seine Taille, und er wurde unerklärlicherweise über die Dachkante gezogen … in den leeren Raum.

      Cillian

      Cillian pflanzte seinen gestiefelten Fuß aufs Armaturenbrett. Eine Zigarette, die nicht brannte, hing zwischen seinen Lippen.

      »Wenn du sie nicht rauchst, warum hast du sie dann?« Jim saß zu seiner Linken auf dem Fahrersitz und schaute durch die Windschutzscheibe.

      »Ich kann sie nicht im Wagen rauchen und werde auch nicht aussteigen, außer ich muss unbedingt.« Cillian rutschte tiefer in den Sitz und schloss die Augen. »Ich hasse es, Aufpasser zu spielen.«

      »Aha, auf der Wache hättest du also was Besseres zu tun?« Jim schlug ihm auf den Arm. »Mann, wir kriegen ein Konzert gratis mit, also mach dich mal locker.«

      »Bis jetzt haben nur Bands gespielt, die ich nicht mag.« Nachdem er die Augen wieder geöffnet hatte, schlug er Jim zurück. »Die haben ihre eigenen Sicherheitsleute, und ein Haufen Polizisten läuft ebenfalls herum. Es gibt keinen Grund für uns, auch hier zu sein.«

      »Und wenn ein Feuer ausbricht?« Ein sarkastisches Grinsen umspielte Jims Mundwinkel. Er schlug einen einfältigen Ton an wie jeder, der den Bürgermeister imitierte: »Die Feuerwehr muss einsatzbereit für den Notfall vor Ort sein. Vielleicht sollte man dazu übergehen, uns an Straßenkreuzungen zu postieren, dann könnten wir stets sofort reagieren.«

      Cillian lachte daraufhin laut los, wobei er seine Zigarette verlor. Er arbeitete gern mit Jim zusammen; der Kerl war echt in Ordnung.

      Die Hintertür ging auf, und Doyle stieg ein. »Mann, ist das heiß draußen, besonders mit dem ganzen Zeug am Leib.«

      »Ohne Scheiß, Sherlock, was glaubst du, weshalb wir im Wagen geblieben sind?« Cillian richtete sich ein wenig auf und drehte sich im Sitz um. »Was zu trinken gefunden?«

      Doyle reichte Cillian eine Dose Pepsi.

      »Pepsi? Sagte ich nicht Coke?«

      »Die hatten nur Pepsi.« Doyle gab auch Jim eine Dose.

      »Echt lahm.« Cillian öffnete die Cola und nahm einen kräftigen Zug. »Bäh, ich begreife nicht, wie manche Idioten behaupten können, sie schmeckten keinen Unterschied.«

      »Ich zähle zu diesen Idioten.« Jim ließ seine Dose zischen.

      »Schon klar, aber dass du keinen Geschmack hast, wissen wir bereits. Das trifft übrigens auch auf deine Kleidung zu.« Cillian grinste ihn an. Dass sie sich gegenseitig ordentlich neckten, war auf ihrer Feuerwache normal. Jeder von ihnen war auf seine Weise angreifbar, doch neuerdings konzentrierte sich die Häme weniger auf Cillian. Es war wie ein ungeschriebenes Gesetz, das besagte, dass niemand wegen seiner gescheiterten Langzeitbeziehung geärgert werden durfte.

      »Dir ist klar, dass wir momentan die gleichen Klamotten anhaben, Knight, nicht wahr?«, bemerkte Jim.

      »Uniformen gelten nicht.« Cillian klopfte Jim leicht mit einem Helm gegen den Kopf, den er gerade zur Hand hatte. Nach kurzem Überlegen setzte er diesen auf und zog ihn sich über die Augen. So konnte er die Sonne recht gut ausblenden. »Jetzt halt die Klappe, ich will ein bisschen schlafen.«

      Die Uniform war mit Sicherheit Cillians meist getragenes Kleidungsstück, und damit hatte er kein Problem. Wenn er nicht arbeitete, zog er an, was gerade gewaschen war. An einem Tag wie diesem wäre es wahrscheinlich eine Schwimmhose gewesen. Er gefiel sich in seiner Uniform. Er fand gut, wie sie seine breiten Schultern und kantigen, dunklen Gesichtszüge betonte. Auf dem College hatte einmal eine Kunststudentin gemeint, er bestehe aus Vierecken. Damals war ihm schleierhaft gewesen, was das bedeuten sollte, doch im Lauf der Jahre hatte er es allmählich begriffen. Wenn es um abstrakte Dinge ging, brauchte er immer ein wenig länger, um zu schalten. Er mochte es simpel.

      Außerdem liebte Cillian Knight seinen Job … meistens zumindest. Er mochte es nur nicht, wenn Leerlauf herrschte; er löschte gerne Feuer, selbst wenn es nur kleine waren, und freute sich, wenn sie mit dem Rettungsdienst raus mussten, ob sie nun irgendwen nach einem Auffahrunfall mit mehreren Fahrzeugen aus seiner Karre schneiden oder jemandem beistehen mussten, der einen Herzschlag erlitten hatte. Cillian genoss es sogar, mit seinen Kollegen auf der Feuerwache abzuhängen und darauf zu warten, dass sie gerufen wurden. Über kurz oder lang rief immer jemand an, doch dies hier war langweilig. Wahrscheinlich würde rein gar nichts passieren. Alles, was Cillian hier zu tun brauchte, war zu warten und ein Nickerchen zu halten, und ob ihm das noch gelang, nachdem er gerade einen großen Schluck koffeinhaltiger Limonade getrunken hatte, glaubte er nicht.

      Während sich Cillian in seinem Sitz fläzte und vergeblich versuchte, den Krach des Konzerts auszublenden, dachte er an Jessica und alles, was falsch gelaufen war. Eigentlich hätten Jessica Clay und er in der kommenden Woche heiraten sollen. Stattdessen schlief er nun auf Doyles Couch, während sie nach Australien übersiedelte. Sie waren bis vor ungefähr einem Monat glücklich miteinander gewesen, bis Jessi eine gewaltige Beförderung angeboten wurde: Sie sollte die persönliche Assistentin des Vorsitzenden der australischen Zweigstelle der Marble Keystone Corporation werden. Bis dato war sie nur die Assistentin der Gehilfin eines Vizepräsidenten gewesen. Sie hatte das Angebot angenommen, ohne sich mit Cillian abzusprechen, der gar nicht nach Australien wollte. Er liebte sein Leben nämlich genau hier, wo sie jetzt waren. Eine Auseinandersetzung hatte zur nächsten geführt, diese zu einer weiteren und selbige zu großem Gepolter, bei dem Geschirr zu Bruch gegangen war, ehe Jessica Cillian zuletzt mit einem Koffer voller Kleider vor die Tür gesetzt hatte. Jessica verkaufte das Haus, in dem sie gemeinsam gewohnt hatten, und nahm ihre gesamte Habe mit in irgendein australisches Kaff. Sie hatte Cillian nicht einmal gesagt, an welchem Tag sie das Land verlassen würde. Vielleicht hatte sie es sogar schon getan.

      Er hatte im Lauf des vergangenen Monats eine Menge Zeit gehabt, um darüber nachzudenken und mit seinen Bekannten zu besprechen, nicht nur denjenigen auf der Wache. Cillian beschloss schließlich, sich einzureden, dass es am Besten gewesen sei. Lieber hatte er sich jetzt mit ihr überworfen als nach der Eheschließung – oder noch schlimmer, wenn ein gemeinsames Kind ins Spiel gekommen wäre. Diesbezüglich waren sich die beiden einig gewesen: Sie hatten Nachwuchs gewollt und hätten diesen Wunsch gleich nach der Heirat in Angriff genommen.

      Er war jetzt 36 und hatte keine Ahnung, wo er noch einmal ein Mädchen wie Jessica finden würde, das er so innig liebte, dass er mit ihr sesshaft werden, eine Familie gründen wollte. Er wusste nicht einmal, ob er überhaupt jemals wieder Liebe empfinden konnte. Insgeheim war er immer noch zutiefst verletzt. Da Jessi sechs Jahre jünger als er war, fand sie mit Sicherheit ohne weiteres einen anderen Typen in ihrem Alter. Cillian hatte Glück gehabt, an sie zu geraten. Vielleicht sollte er sie anrufen und sich die Auswanderung noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Down under wurden auch Feuerwehrleute gesucht, oder?

      Cillian brütete lange darüber, bis ihn doch noch der Schlaf ereilte. Während er träumte, dröhnte Musik, die er nicht ausschalten konnte, so sehr er es auch versuchte. Andere Menschen – selbst solche, die bereits tot waren – wollten ihm helfen, schafften es aber ebenso wenig. Dabei erschienen ihm auch die Gesichter jener, die er in der Vergangenheit nicht hatte retten können. Jeder auf