SURVIVAL INSTINCT. Kristal Stittle. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Kristal Stittle
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783958350250
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Sie wirkte sichtlich verwirrt und aufgelöst. Tränen strömten über ihre Wangen und ruinierten ihr Gothic-Makeup … oder hübschten es auf; wer wusste das schon bei den Kids von heute?

      Cillian war klar, dass er sie vor dem Irren auf der anderen Seite des Wagens warnen musste, konnte sich aber nicht bewegen. Er traute sich nicht, die Tür oder das Fenster auch nur einen Spaltbreit zu öffnen. Es bereitete ihm schon genug Mühe, überhaupt weiter zu atmen. Er beobachtete, wie das Mädchen gleich unter ihm vorbeiging. Als es die Vorderseite des Wagens erreichte, sah es sich zögerlich um, ohne zu erkennen, dass Cillian und Sam drinnen saßen. Schließlich machte es sich auf den Weg zu den Menschen in der Ferne. Die Männer schaute schweigend zu. Cillian hoffte inständig, dass sie durchkam.

      Der blutverschmierte Junge machte einen Strich durch die Rechnung.

      Er rannte schreiend hinter ihr her. Just als sie sich umdrehte, machte der Kerl einen Satz und traf sie mit beiden Füßen in den Bauch. Sie ging unsanft zu Boden, ihr Kopf federte vom Grasboden in die Höhe. Dann saß der Knabe auf ihr, kratzte und schnappte nach ihrer Brust. Blut spritzte, und sie kreischte, aber Cillian konnte sich immer noch nicht dazu durchringen, ihr zu helfen. Ihr Geschrei erreichte einen Höhepunkt, als der Junge etwas mit den Zähnen aus ihrem Brustkorb riss, das aussah wie ein Schlüsselbein. Er nahm es in die Hand, rammte es in die klaffende Wunde und machte ihrem Leiden ein Ende, bevor er seine Aufmerksamkeit abermals dem Feuerwehrauto widmete.

      Als er nun zum Wagen zurücklief, klebte umso mehr Blut an seinem Leib. Er sprang auf die breite Stoßstange und erging sich darin, mit dem Schlüsselbein des Mädchens gegen die Windschutzscheibe zu schlagen. Sam brüllte auf, als das Glas splitterte.

      »Erschießen Sie ihn!« Cillian drückte sich in seinen Sitz.

      »Was?« Sam hatte vergessen, dass er eine Pistole besaß.

      »Erschießen Sie den Wichser! Selbstverteidigung!« Die Scheibe riss weiter ein.

      Sam zögerte. Als der Riss im Glas noch länger wurde, ließ er die Waffe in den Fußraum fallen. Cillian hob sie auf. Er hatte sich schon mit so vielen Bullen unterhalten, dass er wusste, wie eine Pistole funktionierte. Er entsicherte sie, richtete sie auf den Jungen und drückte ab.

      Ein Teil der Scheibe zersprang nach außen hin. Die Kugel ging durch die Schulter des Tollwütigen und brachte ihn aus dem Gleichgewicht, sodass er von der Stoßstange fiel.

      »Sie haben ihn!« Sam war tatsächlich nach Jubeln zumute. Das Triumphgefühl währte nicht lange, denn der Knabe war rasch wieder auf den Beinen. Er rammte den Knochen in das Einschussloch im Glas und brach es zusehends weiter auf. Sam wusste nicht, was er tun sollte - den Jungen im Auge behalten oder sich auf der Rückbank verkriechen?

      »Schießen Sie noch einmal!«, schrie er dem Feuerwehrmann zu. Cillian zielte erneut und feuerte. Diesmal verfehlte er. »Jesus Christus!«, fluchte er ungehalten.

      Sam hatte letztlich entschieden, hinten sei es sicherer, also kletterte er zurück.

      Cillian gab einen weiteren Schuss ab. Dieser traf, doch schien er glatt durch die Brust des Jungen zu gehen, ohne etwas zu bewirken – und die Scheibe wurde mit jedem weiteren Schuss brüchiger. Nun benutzte der Knabe seine Hände, um sich Zugang zu verschaffen, indem er das Sicherheitsglas abbrach und sich dabei tief in die Finger schnitt.

      »Bleib verdammt nochmal unten!«, schrie Cillian ihn an. Er hielt die Waffe direkt an die Scheibe, wo der Kopf des Jungen war, und schoss wieder. Blut und Hirnmasse stoben hinter ihm hoch, gleichzeitig sackte sein Körper zusammen. Sein Arm blieb im Glas hängen, sodass der Junge vorne am Einsatzwagen hing wie eine abartige Verzierung der Motorhaube. Das Schlüsselbein hielt er immer noch lose in der anderen Hand.

      Cillian und Sam blieben schweigend sitzen, als warteten sie darauf, dass etwas passierte. Nichts geschah.

      »Ist er tot?«, fragte Sam, seine Stimme kaum mehr als ein Wispern, als habe er Angst, irgendeine schlimme Reaktion heraufzubeschwören.

      »Ich habe ihm in den Schädel geschossen.« Cillian dachte nicht daran, leise zu sprechen, und erschrak vor seiner eigenen Stimme. »Ich habe ihm in den Schädel geschossen.« Er sah die Waffe in seiner Hand an und warf sie auf den Beifahrersitz, als sei sie plötzlich glühend heiß geworden. Geistesabwesend wischte er sich die Hände an seinem Hemd ab; sie war ein Todeswerkzeug.

      »Was ist mit dem Mädchen?« Sam beugte sich nach vorne, um etwas durch den unbeschädigten Teil der Scheibe zu erkennen.

      »Er hat ihr das Schlüsselbein ins Herz gestochen«, schnauzte Cillian ihn an. »Sie ist mausetot, Mann!«

      »Da wäre ich mir nicht so sicher.« Sam zeigte hinaus. Cillian folgte seinem Fingerzeig mit den Augen.

      Das Mädchen versuchte, sich aufzurichten. Einer seiner Arme hing schlaff und unbrauchbar an der Seite. Irgendwie gelang es ihm, auf die Beine zu kommen, und dann schaute es sich um.

      »Wie kann das sein?« Cillian neigte sich nach vorne, als könne er die Illusion überwinden, indem er genauer hinschaute.

      »Ich hab es Ihnen gesagt, Mann.« Sam lehnte sich wieder zurück, und als er weitersprach, klang seine Stimme ein Stück weit schriller. »Ich habe Ihnen gesagt, dass die wieder aufstehen können.«

      Das Mädchen betrachtete das Feuerwehrauto. Ohne Vorwarnung setzte es zum Lauf an.

      »Scheiße, Scheiße, Scheiße.« Sam verschwand erneut hinter den Vordersitzen, versteckte sich am Boden.

      Das Mädchen sprang auf die Stoßstange, zog den toten Jungen mit seinem heilen Arm aus der Scheibe und versuchte selbst, durch das Loch zu gelangen. Im Gegensatz zu dem Knaben jedoch war es unheimlich still, was bedeutete, dass Cillian mühelos hörte, wie Sam hinter ihm wimmerte.

      »Verdammt!« Cillian hob seinen schwer gestiefelten Fuß an und trat dem Mädchen ins Gesicht, als es sich durchs Glas zwängen wollte. Es rutschte von der Stange, raffte sich aber flugs wieder auf. Cillian griff hastig zur Waffe, die er so unbedacht weggeworfen hatte – warum, wusste er überhaupt nicht mehr. Bevor sie ihm in die Hände fiel, bedrängte das Mädchen ihn erneut. Er versuchte noch einmal, es zu treten, traf aber aufgrund des ungünstigen Winkels nicht. Es packte sein Bein mit dem intakten Arm und begann, in seinen Stiefel zu beißen. Leder und Stahlkappen, die ihm an diesem heißen Tag so zu schaffen gemacht hatten, boten ihm nun Schutz. Während sie so abgelenkt war, gelang es Cillian, sich die Waffe zu schnappen.

      »Ich hasse diesen Scheiß! Du elendes Miststück!« Der Feuerwehrmann zielte auf ihre Schläfe. Als sie den Kopf drehte, um in seine Hand zu beißen, schoss er ihr mitten ins Gesicht. Wieder regnete es Blut und Hirnmasse, nun allerdings ins Innere des Wagens.

      Cillian brüllte frustriert und trat den erschlafften Körper durchs Fenster. Er sackte mit einem dumpfen Knall auf den anderen. Immer noch wütend richtete er sich auf und schaute nach hinten auf den Rücksitz. Sam kauerte weiterhin dort.

      »Sie sind … offiziell der mieseste Cop … dem ich jemals begegnet bin!« Nachdem er die Pistole gesichert hatte, warf er sie Sam gegen den Kopf.

      »Sind sie weg?«, flüsterte dieser, während er sich hinsetzte und die Waffe an seine Brust drückte.

      »Weiß nicht, vielleicht überkommt es sie wieder, und sie klettern erneut hoch, um uns an den Kragen zu gehen.« Cillian streckte beide Arme von sich. »Geben Sie mir das Jackett, okay?« Er tastete auf dem Rücksitz nach seinem Dienstjackett.

      »Das hier?« Sam nahm es in die Hand und reichte es nach vorne. »Wozu brauchen Sie es?«

      »Um die grauen Zellen abzuwischen, denn etwas Anderes habe ich gerade nicht hier.« Mit dem äußeren Stoff des Jacketts putzte er den Brei vom Lenkrad und der Innenseite der Windschutzscheibe ab.

      »Graue Zellen? Sie meinen Gehirn?«

      »Natürlich meine ich Gehirn, nur fällt es mir leichter, wenn ich es graue Zellen nenne.« Cillian biss auf die Zähne. So etwas hatte nicht in der Stellenbeschreibung gestanden. Cops führten Waffen mit sich; von ihnen erwartete man, dass sie andere abknallten, wenn es vonnöten war. Feuerwehrleute