Ein Fieberkrampf hatte sich Evas Körper bemächtigt. Das Monster in ihr brüllte, schlug seine Klauen in ihre Eingeweide. Sie drehte den Kopf ruhelos hin und her, sehnte sich nach Erfüllung. In diesem Moment gab es nichts, das sie nicht getan hätte, um mehr zu bekommen.
»Knie dich hin«, drang Juls Stimme wie durch einen Nebel zu ihr.
Ihr Körper gehorchte. Jul dirigierte Eva, bis sie auf allen vieren war. Als er endlich in sie stieß, schrie sie auf. Die Unruhe legte sich. Eva hieß seine Stöße willkommen. Mit Erleichterung spürte sie das Anwachsen der Anspannung. Vielleicht könnte sie jetzt …
Wieder befahl Jul einen Wechsel. Diese verdammten Karten waren Eva inzwischen vollkommen egal. Dieser Taumel der Leidenschaft sollte einfach weitergehen.
Jul legte das hohe Kissen an den Rand des Bettes. Eva musste mit ihrem Oberkörper darauf klettern, sodass Jul vor ihr stehend ihre Beine anheben und in sie gleiten konnte. Evas Kopf rutschte vom Polster, als er zustieß. Jul kreuzte ihre Beine an den Fußknöcheln und legte Evas Füße auf seiner Schulter ab. Seine Hände hielten Eva an der Taille fest. Die Reibung war köstlich.
Sie konnte nicht länger warten. Es musste ein Ende haben. Sie tastete über ihre Brüste, stimulierte sich dabei selbst. Aber es reichte nicht.
Jul spreizte ihre Schenkel, stieß härter zu und benutzte seine Finger, um sie zusätzlich zu erregen. Eva rieb sich an ihm.
Der Abgrund kam näher. Die Gewalt des Höhepunktes war neu für sie. Ein strahlender Farbenwirbel explodierte hinter ihren Augenlidern. Die Macht glühte so hell, dass sie sich geblendet fühlte. Sie fiel und fiel. Nichts bremste ihren Fall. Die Ewigkeit begann.
Und dann war da Jul, der sie festhielt, der ihr Liebesworte ins Ohr flüsterte. Er lag schwer auf ihr, erdete sie und holte sie zurück aus diesem unbekannten Land, in dem sie sich dem Himmel so nah gefühlt hatte. Morgen würde sie die Kontrolle wieder an sich reißen. Heute Abend jedoch ließ sie einfach los.
6. Kapitel
»Du musst es einfach nur versuchen.«
»Und was soll verhindernd, dass mein Adoniskörper gleich zu Matsch wird?« Jul presste die Worte hervor. Sein Gesicht wirkte verkrampft. Genauso wie die Muskeln seiner Arme.
»Das macht das Toppas. Das automatische Sicherungsgerät hängt am Ende der Route. Das dazugehörige Stahlseil haben wir uns mit zwei Karabinern in den Gurt geklinkt«, erklärte Eva ihm und deutete auf das Sicherungsgerät.
»Weshalb habe ich mich überhaupt darauf eingelassen?«
»Weil du mich liebst und meine Hobbys mit mir teilen möchtest. Und dazu gehört auch das Indoorklettern.« Sie lächelte Jul zu. »Bereit für den ersten Meter?«
Jul nickte.
Eva griff hinter sich in ihren Chalkbag, um Magnesium auf ihren Fingern zu verteilen. Sie ließ ihren Blick über die anderen Besucher der Indoorkletterhalle wandern. Trotz der frühen Nachmittagsstunde hatten viele hierhergefunden. Die Stimmen hallten in der riesigen Halle. »Dann los.« Ihre Finger suchten Halt in einem Griff. »Zieh dich erst hoch, wenn dein Fuß sicher steht.«
Neben ihr bewegte sich Jul vorwärts. Er stellte sich gar nicht mal so schlecht an.
»Kletterst du tatsächlich heute das erste Mal?«, erkundigte sie sich.
»Um ehrlich zu sein, habe ich mich vor hundert Jahren schon einmal daran versucht.«
»Wieso hast du mich angelogen?«, beschwerte sie sich. »Ich dachte, ich zeige dir eine neue Welt. Meine Welt.«
»Ich wollte dich nicht enttäuschen.« Er überholte sie.
»Du wolltest mich reinlegen.«
Er lachte. »Soll ich mich zurückhalten?«
»Wage es nicht.« Er forderte sie heraus? Das würde er bereuen. Hoffentlich. Oder sie blamierte sich bis auf die Knochen.
Eva besann sich auf das, was sie konnte. Die Gedanken hinter sich lassen. Nur auf das Ziel konzentrieren. Flach atmen.
Sie tastete nach dem nächsten Griff, suchte festen Halt für ihren Fuß und zog sich hoch. Sie streckte sich nach dem Griff über ihr, ihr Fuß stieg auf den nächsten Griff und stemmte sich hoch.
Juls Kopf wandte sich zu ihr, als sie mit ihm gleichzog. Er kniff die Augen zusammen und legte an Tempo zu.
Trotzdem gelang es Eva, ihn zu überholen. Sie tastete nach dem letzten Griff an der fünfzehn Meter hohen Wand. Zufrieden lachte sie auf. »Gewonnen.«
Keuchend tauchte Jul neben ihr auf. »Das hast du. Ich will eine Revanche.«
»Keine Pause, um deine alten Knochen auszuruhen?«, stichelte Eva.
»Nicht notwendig.«
»Solltest du dich vor deiner Abreise morgen nicht noch etwas schonen?«
»Ich sitze stundenlang im Flugzeug.« Jul zuckte mit den Schultern. »Was genau soll daran anstrengend sein?«
»Wie wird sich die Trennung auf dich auswirken?«
»Mir geht es hervorragend. Das wird sich auch nicht so schnell ändern, wenn du mich nicht mehr an die Grenze meiner Belastbarkeit bringst.«
Eva hob die Mundwinkel. Ihr Vater würde sich um ihn kümmern. Sie sollte sich keine Gedanken darüber machen, wenn Jul es nicht tat. In den letzten Tagen hatten sie sich immer wieder über die Reise unterhalten, die Jul mit ihrem Vater antreten würde. Eva hatte vorgeschlagen, einen anderen Bruder statt Jul mitzuschicken. Doch die Mission war zu wichtig. Anun wollte Jul unbedingt mit dabei haben, und der wollte ohnehin keinem anderen Bruder den Vortritt lassen. Eva hätte Jul viel lieber bei sich in Wien behalten. »In Ordnung. Du darfst dich noch einmal blamieren.«
»Und wie komme ich hier runter?«
»Lass die Griffe los und setz dich in den Gurt.«
»Setzen?«
»Ja, einfach loslassen. Das Toppas wird dich gebremst nach unten lassen.«
Gemeinsam machen sie sich an den Abstieg. Sobald sie wieder festen Boden unter den Füßen hatten, grinste Eva Jul an. »Und jetzt wieder rauf?«
Er nickte und begann neuerlich den Aufstieg.
Juls Bewegungen war die Erschöpfung anzumerken. Um ihn nicht wie geplant alt aussehen zu lassen, musste Eva sich jedoch nicht zurückhalten. Sie fühlte sich mit einem Mal so müde, als hätte sie bereits zehn Aufstiege hinter sich.
Als sie wieder am Boden angelangt waren, legte Eva ihre Hände auf ihren Oberschenkeln ab und beugte sich keuchend nach vorne.
»Alles in Ordnung?«, erkundigte Jul sich. »Du bist so blass.«
»Mir ist nur ein wenig schwindelig.« Sie schloss die Augen, öffnete sie jedoch rasch wieder, als sie zu taumeln drohte.
»Du arbeitest zu viel.« Jul klang besorgt. »Du musst besser auf dich achten.«
»Mach dir keine Sorgen. Ich werde auch während deiner Abwesenheit brav essen und genug schlafen. Sogar in unserem Bett, wenn ich rechtzeitig aus dem Büro komme.« Sie streckte den Rücken durch und lächelte ihn an.
»Ich werde Manus beauftragen, ein Auge auf dich zu haben.«
Eva schüttelte den Kopf. »Das wird nicht notwendig sein.«
»Er wird während meiner Reise meine Aufgaben übernehmen. Dazu gehört auch, für dein Wohlergehen zu sorgen.«
»Bestimmt hat Manus wichtigere Dinge zu erledigen.«
Jul legte seine Hand an Evas Wange. »Ich sage ihm dennoch, dass er ab und an bei dir vorbeischauen soll. Nur um sicherzustellen, dass du nicht auf einer Matratze in deinem Büro übernachtest.«
»Na schön.« Sie gab ihm