VIRDULA Endlosgeschichten Band 1. Jay H. Twelve. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jay H. Twelve
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844292756
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der Suite manövrierte, wurde sie vom Küchenchef persönlich begleitet. Das war kein Wägelchen wie Don es kannte, sondern ein Servierwagen, auf zwei Etagen voll beladen mit glänzenden Silbergefäßen und mit vergoldeten Henkeln und Griffen. Der Küchenchef hatte ein purpurrotes Gesicht, einen Riesenbauch, war schneeweiß gekleidet und trug einen Hut, so hoch, dass er den Kronleuchter streifte. Ein weißblaues Küchentuch hatte er wie einen Schal um den wulstigen Hals geknotet und ein größeres Tuch über dem Arm gehängt. Don erkannte auf Anhieb in ihm einen waschechten Bajuwaren und sprach ihn gleich auf Deutsch an:

      „Das ist aber eine echte Freude, Chef, dass Sie sich hierher bemüht haben. Einen waschechten Bajuwaren zu begrüßen, soll man sich nicht entgehen lassen.“

      Der Chef verzog seine schmalen Lippen zu einer Art Banane und die Augen lachten vor Freude und Anerkennung.

      „Was sehe ich da? Das kann doch nicht wahr sein, Don José, der meine Kalbshaxe samt Teller weggeschmissen hat, weil er mit einem Hechtsprung in die Isar ein kleines Mädchen retten wollte. Jesus und Maria, das ist eine Überraschung!“

      „Alois, mein Freund, du übertreibst schon wieder. Das kleine Mädchen war dreizehn und konnte gut schwimmen. Sie wollte ja nur ihren Eltern einen Schreck einjagen. Wie geht es dir so, hier im Lande?“

      „Don, du bist immer noch der Alte. Was machst du denn hier in Brisbane?“

      „Geschäfte, Alois, wie immer. In Brisbane bin ich nur auf einen Sprung, sonst bin ich die meiste Zeit im Land unterwegs, wenn ich nicht gerade meine Wohnung in Sydney sauber mache, nachdem die Partygäste weg sind.“

      „Das hört sich nach einer gesegneten Lebensart an, mein Freund. Es freut mich sehr zu wissen, dass wenigstens einer meiner alten Gäste meine Kochkunst zu schätzen weiß.“

      „Chef, alle Ihre Gäste sind verzaubert von Ihren Künsten“, fiel Alida ihm ins Wort, weil sie es eilig hatte, das gute Essen nicht kalt werden zu lassen.

      „Du kleiner Spatz, was weißt Du schon von alter Freundschaft.“

      „Dann wollen wir sehen, was du heute zusammen gezaubert hast“, frohlockte Don José, sichtlich erfreut wieder einem echten Meister der guten Küche begegnet zu sein.

      Alois hob den Deckel, aber nur ein paar Zentimeter und beugte sich nach unten.

      „Riech mal“, sagte er zu Don José. Das tat er auch gleich, richtete sich auf und machte eine Grimasse, als ob sich ihm der Magen umdrehte.

      „Alois, das stinkt ja bestialisch“, sagte er grimmig, verzog dabei sein Gesicht zu einer echten Fratze und lachte laut. Alois und Alida lachten beide auf und Alois wuchtiger Bauch wippte wie ein riesiges Jo-Jo auf und ab.

      „Halleluja, auf deine Nase ist immer Verlass. Dann wollen wir mal, Fräulein Alida. Der Herr ist vorgewarnt“, sagte Alois und gab ihr ein Zeichen, den Wagen in den Nebenraum zu schieben.

      „Alois, habt Ihr schon zu Mittag gegessen, Ihr beide, meine ich?“

      „Aber, aber, das gehört sich nicht in diesem Hotel, das weißt du doch.“

      „Komm schon, Alois, das weiß ja keiner außer uns, nicht wahr?“

      „Aber nur einen Happen, ich muss gleich wieder weg, weil die Jungs unten sonst den Pfeffer mit dem Puderzucker verwechseln“, lachte er.

      „Von wegen nur einen Happen“, dachte Don, als er seine Finger in das Wasser des Weinkühlers eintauchte und sie mit der Serviette trocknete. Der Tisch sah aus wie ein Schlachtfeld und der riesige Fasan bestand nur noch aus einem Häuflein abgeknabberten Knochen. Alois trank seinen letzten Tropfen Riesling vom Bodensee und rülpste wie ein Nilpferd aus der Tiefe seiner Seele, die bei ihm offensichtlich im Bauch wohnte.

      „Pfui Deibel, Alois“, schimpfte Don und rülpste ebenfalls und alle drei lachten wie kleine Kinder. Don blickte zur Wanduhr. „Es wird Zeit aufzuräumen, meine Gäste kommen bald.“

      „Klar doch Kumpel, ein Räumungskommando wird gleich kommen. Hast du etwas besonderes, das ich für deine Gäste zubereiten soll?“ fragte Alois als er schon zur Tür unterwegs war.

      „Alois, nur sehr koscheres Essen, wenn du das überhaupt fertig bringst, mit einer Flasche Riesling im Kopf.“

      „Es liegt schon etwas in der Kühltruhe, direkt aus Tel Aviv importiert. Nur auspacken und aufwärmen. Der Direktor isst nur koscheres Essen und traut mir nicht übers Messer.“ Sie lachten wieder und Alida fing an das Geschirr einzusammeln.

      „Mein Gott, das hat gut getan, so köstlich habe ich das letzte Mal mit meinen Eltern in Madrid gegessen. Wie sich die Zeiten ändern. Jetzt bin ich mit dem Chef sogar per Du. Ob das gut geht, vermag ich jetzt gar nicht dran zu denken“, sagte Alida.

      „Das kannst du ruhig glauben, weil du nicht mehr hier arbeitest. Ab sofort bist du meine Assistentin mit doppelter Gage und zwei lustigen Schutzengeln, die dich, wie ihre eigene Schwester beschützten werden“, antworte Don.

      „Das ist zuviel, einfach zuviel zu verlangen!“

      „Don José de Gracias hat gesprochen und das ist ein Befehl!“

      „Aye, Aye, Kapitän“, frohlockte Alida vor lauter Entzücken, das wohl dem guten Wein und der fröhlichen Atmosphäre entsprungen war.

      --/--

      4. GRÜNDUNG EINER WOHLTÄTIGEN STIFTUNG

      Mit einigen Minuten Verspätung marschierten drei ältere Herren mit sehr langen Gesichtern und Silvia in Don Josés Suite. Der Schmuckladenbesitzer war nicht dabei, was Don José sofort missfiel.

      „Und wo ist mein verehrter Freund, wenn ich bitten darf?“ fragte er die Vier, ohne sie zuvor zu begrüßen.

      „Nun, mein Herr, er ist durch seine Geschäfte verhindert“, sagte der erste und streckte ihm seine Hand entgegen. Don José ignorierte die ausgestreckte Hand, ging zum Schreibtisch und wählte die Nummer des Ladens.

      „Ja bitte, hier Samuel und Söhne, Juweliergeschäft.“

      „Samuel, hier ist Don José. Warum sind Sie nicht mitgekommen?“ Ein lauter Seufzer und kurzes Schweigen bestätigte die Vorahnung, die er schon verspürt hatte, als die vier Personen den Raum betraten.

      „Nun, die edlen Herren möchten das Geschäft ohne mich machen.“

      „Samuel, es gibt kein Geschäft ohne Sie. Diese Herren kenne ich nicht und werde auf das Geschäft verzichten“, sagte er laut und mit spürbarer Härte.

      „Aber die haben darauf bestanden...“

      „Ein Moment, Samuel“, sagte er kurz, legte den Hörer beiseite und drehte sich zu den vier Leuten um, die wie begossene Pudel dreinblickten.

      „Verehrte Silvia, meine Herren, dieses Geschäft und möglicherweise weitere Geschäfte laufen nur nach meinen Regeln. In den letzten drei Tagen haben Sie alles Machbare getan, um mich davon zu überzeugen, dass Sie vom Geheimdienst sind und keine Diamantenhändler. Sehr unprofessionell, muss ich mit Bedauern feststellen. Den ’Hilton Aschenbecher’ betrachten Sie bitte als beschlagnahmt. Ach übrigens, verehrte Silvia, Ihr Parfum zogen Sie überall hinter sich. Sehr professionell war das auch nicht!“

      Silvia wurde kreidebleich und die drei begossenen Pudel verwandelten sich in gerupfte Gockel.

      „Ich kann Ihnen das alles erklären...“ versuchte Silvia zu beschwichtigen, woraus Don José schloss, dass sie die Chefin der Truppe war.

      „Ich weiß schon, was Sie erklären wollen, Verehrteste. Ich lese Zeitung und weiß, dass Ihr Land Diamanten wie frische Pfirsiche auf dem Markt aufkauft. Der Preis ist seit gestern um 5% gestiegen. Wozu Sie das Zeug brauchen, ist nicht mein Business, aber ein Geschäft mit mir läuft nach strengsten Regeln: Absolutes Vertrauen, Loyalität, Diskretion, Barzahlung ohne zu verzögern und nur über einen Vertrauensmann meiner Wahl. Das ist heute mein Freund Samuel. Wenn Sie damit einverstanden sind, können Sie bleiben, wenn nicht, ersparen wir uns die