„Kann man diese Schilder nicht entfernen“ fragte er den Händler.
„Sicher, das wird aber ein bisschen Geld kosten.“
„Wie viel denken Sie?“
„300 Euro.“
„Na gut, Sie nehmen den Toyota für 3.000 und wir bekommen den Van damit für 13.500.“
„Um Gottes Willen“ barmte der Händler „da zahle ich ja noch drauf, für 15.000 können Sie ihn haben und im Gegenzug kriege ich den Toyota.“
„Mal überlegen“ brummte Frieder Bergmann „wir möchten gern eine Probefahrt machen.“
Der Händler brachte Kennzeichen an, dann fuhren die drei vom Hof. Bergmann war darüber erstaunt, wie leichtgängig sich das Auto bewegen ließ und die angenehm hohe Sitzposition gefiel ihm ausnehmend gut. Was ihn störte war das Geräusch des Motors. Es nagelte und dröhnte unter der Haube und die Erschütterungen des Diesels waren bis in die Sitze zu spüren.
„Wenn der warm ist wird es besser“ schätzte Niels brüllend ein.
Was alle drei nicht ahnten war, dass der hämmernde Dieselmotor das Geräusch klappernder Achsen, ausgeschlagener Lager und anderer Defekte gnädig übertönte. So einmal in Bewegung kam das Auto gut voran und das üppige Drehmoment beschleunigte das doch recht große Fahrzeug ordentlich.
„Der geht besser ab als der Toyota“ rief Frieder Bergmann überrascht aus „macht ja richtig Laune.“
„Und Platz hat man hier massig“ sagte Rüdiger.
„Also ich finde den gar nicht schlecht“ erklärte Niels „bloß diese Schilder außen müssen noch ab.“
„Ach, eigentlich stören die doch gar nicht, sie haben ja eher noch einen Sicherheitsaspekt“ argumentierte Frieder Bergmann „wir werden so besser wahrgenommen als andere Fahrzeuge. Die können dran bleiben.“
„Na, was meinen Sie“ fragte der Händler scheinbar uninteressiert.
„Wir nehmen ihn für 14.000“ erwiderte Bergmann.
„Sie ruinieren mich“ barmte der Verkäufer „14.500, dann ist er Ihnen.“
„Na gut“ entschloss sich Frieder Bergmann „abgemacht.“
„Dann können wir jetzt den Kaufvertrag abschließen, bitte folgen Sie mir.“
Der Händler zog unter einem Wust von Papieren einige zerknitterte Seiten hervor und spannte das erste Blatt in eine Schreibmaschine ein. Niels fragte ihn:
„Haben Sie keinen Computer?“
„Ach, hatte ich mal“ erklärte der Mann „aber hier ist schon ein paar Mal eingebrochen worden und weg war die Kiste. Eine Schreibmaschine klaut heutzutage doch keiner.“
„Da ist was dran“ meinte Frieder Bergmann „aber wir wollen Sie jetzt nicht stören. Wir warten draußen, das wird ja eine Weile dauern.“
Sie gingen um den VW herum und Frieder gefiel er immer besser, das Auto hatte was! Selbst die Warnschilder gewannen für ihn an Reiz, so was Ausgefallenes musste man erst einmal finden. Insgesamt hielt er den Deal für eine gute Sache und er hoffte, dass Petra das auch so sah.
Der Verkäufer hatte die Arbeit an der Schreibmaschine beendet und Frieder las sich den Vertrag flüchtig durch, etwas Ungewöhnliches konnte er nicht erkennen und unterschrieb. Dann fuhren sie von Hof.
Petra, Claudia und Paula liefen um den VW herum und insbesondere Frieders Frau beäugte den Van misstrauisch. Sie zog einen kleinen Spiegel aus der Tasche und hielt diesen in den vorderen linken Radkasten, dann wiederholte sie diese Prozedur an den drei übrigen.
„Scheint ganz gut auszusehen“ erklärte sie ihrem verdutzten Gatten „mach mal die Motorhaube auf.“
„Hm, alles trocken, kein Ölaustritt“ sagte sie „lass‘ ihn mal an.“
Bergmann startete die Maschine und Petra hielt ein Ohr über den Motorraum, konzentriert lauschte sie dem hämmernden Diesel und nickte.
„Soweit okay“ befand sie „aber die Schilder kommen runter. Das kannst du jetzt mal machen Rüdiger.“
Der junge Mann kam mit Werkzeug wieder und schraubte die erste, gut 30 Zentimeter lange und 20 Zentimeter hohe Tafel ab. Als er diese wegziehen konnte wurde ein rötlicher Fleck sichtbar, der wie eine hässliche Blüte neben dem grauen Lack erschien. Frieder Bergmann erstarrte, Petra ging zu der Stelle und stocherte mit dem Schraubenzieher daran herum. Ganze Stücke bereits verrosteten Metalls lösten sich blätternd von der Karosse und fielen zu Boden. Wortlos deutete Petra auf die nächste Tafel und ihr Sohn entfernte diese ebenfalls. Diesmal zeigte sich Spachtelmasse, die derjenige, der sie auf das löchrige Blech aufgetragen hatte, nicht einmal abgeschliffen hatte. Hinter der dritten Tafel wurde weiterer Rostfraß sichtbar, die vierte verbarg ein Loch im Blech und die fünfte tarnte eine lange und tiefe Schramme.
„Was kann man da machen Rüdiger“ fragte Petra Bergmann ihren Sohn, der ja Jura studierte.
„Da muss ich mir den Vertrag mal näher ansehen.“
Der junge Mann studierte das Dokument und schüttelte ab und an den Kopf, dann sagte er:
„Ziemlich geschickt gemacht, jegliche Haftung oder Gewährleistung wird ausgeschlossen, eigentlich sind alle Pflichten mit diesem Vertrag auf den Käufer übergewälzt worden. Da werden wir wohl schlechte Karten haben. Man kann mit dem Mann sicher noch einmal reden, bringen wird das aber wohl nicht viel.“
„Du fährst mit dem Auto, so wie es jetzt ist, dorthin und versuchst die Sache zu klären“ beauftragte Petra Bergmann ihren Mann, dem nicht wohl in seiner Haut war.
„Ich“ fragte ihn der Autohändler wenig später scheinbar entsetzt „ich habe das Fahrzeug mit den Tafeln so übernommen (was nicht stimmte, denn er war es gewesen, der die Tafeln zur Überdeckung der Schäden angebracht hatte), man hat mich also auch über den Tisch gezogen. Ich bin schockiert, was die Leute heute für Tricks anwenden, bloß um einen zu bescheißen. Ich kann Ihnen natürlich eine Reparatur auf ihre Kosten anbieten, das wird nicht ganz billig werden aber ich mache Ihnen einen guten Preis. Überlegen Sie es sich und rufen mich an.“
Frieder Bergmann beriet sich mit seiner Familie und gab die Erklärung des Händlers wieder und man beschloss, ihm noch eine Chance zu geben. Bergmann sollte den Reparaturpreis soweit wie möglich drücken.
„Ich schätze so 2.000 Euro“ meinte der Autohändler „ich und mein Mitarbeiter würden die schadhaften Stellen entfernen, neues Blech anschweißen und dann alles lackieren. Ist eine Sache von einem Tag, bringen Sie das Fahrzeug doch übermorgen vorbei, wenn Sie wollen.“
Zwei Tage später fuhr Frieder Bergmann mit dem narbigen VW auf den Hof des Händlers und dessen Mitarbeiter bugsierte das Auto in die kleine und schmuddelige Werkstatt. Bergmann wollte den Reparaturarbeiten ein wenig zusehen aber schien den Mechaniker dadurch erheblich zu verwirren, denn dieser schnitt mit dem Trennschleifer deutlich mehr von dem Blech ab, als notwendig gewesen wäre. Auch war der Mann scheinbar ohne Plan vorgegangen, denn das jetzt sichtbare Skelett des Autos bot eigentlich keine Punkte, an der er eine Ersatzplatte hätte anschweißen können. Der Mann wusste sich aber zu helfen. Zunächst schnitt er mit einer Hebelschere grob ein größeres Blech zurecht und hielt es an die Stelle, wo der Ersatz stattfinden sollte. Es ragte an allen Seiten deutlich über das entstandene Loch hinaus und lag somit auf den Rändern auf. Der Mann bemühte wieder die Schere und schnitt wieder etwas von dem Blech ab, jetzt passte es schon besser und nach dem dritten Anlauf konnte der Mechaniker es ziemlich gut einpassen. Allerdings hatte er zu viel von dem Material abgetrennt, so dass links und oben ein Spalt von schätzungsweise 8 bis 10 Millimetern verblieb. Das schien ihn nicht zu stören, denn er nahm den Schweißbrenner