Familienurlaub könnte so schön sein, wenn bloß Mutter nicht mit dabei wäre ….. Band 2. Jörn Kolder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jörn Kolder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844271072
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allerdings etwas verrutschte. Unbeeindruckt davon schweißte der Mann das Teil fest und gab auch wenig Obacht, ob die Schweißnaht gerade verlief, auch war sie unterschiedlich dick und an manchen Stellen recht dünn geraten. Nach einiger Zeit war er fertig und begutachtete sein Werk. Zufrieden nickend griff er sich einen Schwingschleifer und rückte der überstehenden Schweißnaht mit diesem Werkzeug auf die Pelle. Das schien recht anstrengend zu sein und seine Konzentration ließ offensichtlich nach, denn er ratzte mit dem Schleifer auch einige Furchen in die noch intakten Bleche.

      „Deckt der Lack dann alles ab“ erklärte er Frieder Bergmann und dieser war davon nicht so überzeugt.

      „Kommen Sie mal in 5 Stunden zurück, dann ist ihr Auto wieder wie neu“ informierte ihn der Mechaniker und ging erneut an die Arbeit.

      Zur angegebenen Zeit erschien Frieder Bergmann und war gespannt wie der VW jetzt aussehen würde. Weder der Händler, noch der Mechaniker waren zu sehen und er konnte das Auto näher unter die Lupe nehmen. Auf den ersten Blick war alles in Ordnung, auf den zweiten sah er aber, dass der Mechaniker wohl bald die Lust verloren hatte, die Ersatzplatten ordentlich einzupassen, er hatte sie kurzerhand überlappend angeschweißt, so dass sie über die anderen Karosserieteile hinausragten. Auch war ein seltsames Farbspiel eingetreten. Ganz deutlich konnte man erkennen, dass auf den Platten ein anderer Farbton herrschte, nicht grau wie an den übrigen Stellen, sondern erheblich dunkler, so dass die ersetzten Teile fleckig hervorstachen. Das Fahrzeug sah jetzt so aus, als wäre es von Pestbeulen befallen. Frieder Bergmann zuckte zusammen, in seinem Rücken ertönten Schritte, der Händler betrat die Werkstatt.

      „Na zufrieden“ fragte er und Bergmann war sich über seine Antwort noch nicht sicher.

      „Hm, die Platten stehen zum Teil über und die Farbe stimmt nicht“ sagte er unsicher.

      „Denken Sie“ erwiderte der Händler lässig „dieser Matteffekt des Lackes mit den wechselnden Farbstimmungen ist momentan mächtig angesagt, die Leute wollen keine geleckten Autos mehr. Und ich habe meinen Mitarbeiter angewiesen, die Platten genauso anzubringen, sonst würden sie nicht halten und außerdem ergeben sie so ein sensationelles Erscheinungsbild. Bei einem Komplettaustausch der Karosserieteile hätte man zwar eine glatte Fläche aber eben ein langweiliges und uniformes Fahrzeug. Was Sie hier bekommen ist ein Hingucker allererster Güte, die Leute werden die Köpfe drehen. Und mit diesem Auto können Sie in der Tuningszene mächtig Furore machen, einfach eine tolle Leistung meines Mitarbeiters.“

      Bergmann zahlte die Rechnung in Höhe von 1.956,45 Euro und fuhr mit einem unguten Gefühl nach Hause.

      Seine Frau, Claudia, Rüdiger, Niels und Paula umkreisten den VW mit aufgerissenen Augen.

      „Na ja, wenigsten sind die Roststellen jetzt ersetzt“ meinte Petra Bergmann „das müsste es ja jetzt an Reparaturen gewesen sein. Schön sieht er ja nicht aus, aber er scheint ganz gut zu fahren. Und für das relativ wenige Geld haben wir doch ein ganz ordentliches Auto bekommen“ sagte sie nicht sehr überzeugend. Ob der VW dieses Versprechen einhalten konnte musste sich erst noch zeigen.

      Hannelore Bergmann und Peter Petersen waren vor einer Stunde eingetroffen und eine leicht gereizte Stimmung lag in der Luft der Bergmannschen Wohnung.

      „Jetzt hörst du mir mal ganz genau zu, Hannelore“ sagte Peter Petersen streng „was ich sage, wird gemacht!“

      „Natürlich, natürlich“ antwortete die ehemalige Pädagogin sanft „du hast ja Recht, es war falsch von mir, deinen Vorschlag nicht gut zu finden.“

      Petra und Frieder, Paula und Rüdiger sowie Claudia und Niels saßen am Abendbrottisch und folgten dem Gespräch.

      „Worum geht es übrigens bei eurem Streit“ wollte Petra wissen.

      „Petra“ sagte Hannelore Bergmann „wir streiten nie, wir setzen uns miteinander auseinander. Natürlich kann man es auch Streitkultur nennen, aber Peter hat meist die besseren Argumente, so dass ich eigentlich immer nachgeben muss. Ich fühle mich da nicht als Verlierer, denn er ist einfach immer so überlegt, rational und zielstrebig, ohne meine Gefühle zu beschädigen. Wir diskutieren gerade darüber, wer zu wem zieht. Ja, Peter hat mich mit seiner bodenständigen Art wieder geerdet, ich fühle mich wie ein vollkommen neuer Mensch. Und er hat bei mir etwas freigelegt, von dem ich gar nicht wusste, dass es noch so wild in mir schlummert.“

      „Mutter, bitte“ sagte Frieder Bergmann peinlich berührt, „das ist doch wohl kein Thema für die Öffentlichkeit.“

      „Warum nicht“ schaltete sich Peter Petersen in das Gespräch ein „auch du, Frieder, kommst mal in unser Alter, willst du dann auf Sexualität verzichten?“

      Claudia und Paula kicherten, Petra bekam einen roten Kopf und schaute zu Boden.

      „Na los“ ermunterte Hannelore Bergmann ihren Sohn „raus mit der Sprache.“

      „Weiß ich nicht“ druckste er herum „das ist noch weit weg. Keine Ahnung.“

      „Siehst du“ meinte seine Mutter „du hast dir immer noch nicht deine Vogel Strauß Politik abgewöhnt.“

      „Wie meinst du das“ fragte Frieder Bergmann verständnislos.

      „Statt nach vorn zu schauen verdrängst du das, was auf dich einmal zukommen wird, Kopf in den Sand und Augen zu, genau wie in deiner Behörde.“

      „Mutter“ sagte Petra, die ihre Fassung wieder gewonnen hatte „das stimmt ja wohl nicht, schließlich ist Frieder jetzt Referatsleiter.“

      „Na und“ erwiderte ihre Schwiegermutter ungerührt „bei seinem Potential müsste er doch schon längst Amtsleiter sein. Aber nein, jetzt darf er mit grünem Stift unterschreiben, das reicht ihm dann erst einmal. Schau dir deine Tochter an, die zieht richtig durch, mit 16 eine eigene Firma zu gründen ist schon beeindruckend.“

      „Nicht Claudia hat die Firma gegründet, sondern Niels“ korrigierte Frieder seine Mutter.

      „Aber nur deswegen, weil sie noch nicht volljährig ist. Und Rüdiger hat seitdem er mit Paula zusammen ist einen richtigen Satz gemacht. 1,2 nach dem ersten Studienjahr, alle Achtung, Hut ab.“

      „Ja, ich bin mächtig stolz auf meine Kinder“ erklärte Frieder überzeugt „aber du musst mir nicht immer vorhalten, dass nur sie etwas leisten.“

      Beleidigt griff er zur Bierflasche und trank, Peter Petersen goss ihm, sich selbst, Rüdiger und Niels einen Schnaps ein, dann prostete er allen zu und kippte das Getränk mit einer jahrelang antrainierten Bewegung herunter.

      „Hannelore meint bloß“ sagte er so nebenher „dass du `n ganze Menge mehr erreichen könntest, wenn du nur wolltest.“

      „Und wenn ich das gar nicht will“ konterte Bergmann „und lieber Zeit für meine Familie habe, was dann?“

      „Dahinter kannst du nicht verstecken“ sagte seine Mutter „ich erwarte von dir, dass du nächstes Jahr Amtsleiter wirst.“

      „Das geht gar nicht“ antwortete er erleichtert „die Beförderungsrichtlinie besagt, dass man erst mindestens 3 Jahre Referatsleiter sein muss, um sich für den Amtsleiter zu qualifizieren.“

      „Typisch“ schätzte Peter Petersen ein „das ist doch vollkommen weltfremd. Wenn jemand das Zeug dazu hat, muss er doch nicht in einer sinnlosen Warteschlange herumhängen. Petra ist doch auch sozusagen außerhalb der Reihe Chefärztin geworden.“

      Frieder Bergmann griff nach der Schnapsflasche und schenkte sich nach, jedes Mal wurde auf ihm rumgehackt, als wäre er arbeitsscheu.

      „Können wir jetzt nicht mal über den Urlaub reden“ wechselte er das Thema.

      „Also Peter und ich sind sehr dafür ein Zelt zu nehmen, wir wollen uns dieses ursprüngliche Gefühl erhalten, deswegen keinen Bungalow. Der Platz gefällt uns, wir sind gern mit von der Partie. Bleibt nur noch die Frage der Gepäckbeförderung, aber dafür gibt es ja den Anhänger. Ihr fahrt