Familienurlaub könnte so schön sein, wenn bloß Mutter nicht mit dabei wäre ….. Band 2. Jörn Kolder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jörn Kolder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844271072
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die Beine und rauchte eine Zigarette und blieb auf der rechten Fahrzeugseite, da der Parkplatz stark frequentiert war und fortlaufend Autos auf ihn einfuhren oder wieder verließen. Die staunenden Blicke der anderen Reisenden, die sich auf den VW richteten nahm er zwar wahr, aber er konnte den Grund dafür nicht finden. Das muss an der außergewöhnlichen Lackierung liegen fiel ihm plötzlich ein, wahrscheinlich hatte der Autohändler doch Recht gehabt. Lässig stieg er wieder ein und fuhr los, noch eine gute Stunde und sie wären da. Kurz vor Nürnberg bog er von der Autobahn ab und das mobile Navigationsgerät wies ihnen den Weg in einen kleinen Ort vor den Toren der großen Stadt. Der schmucke Ort war blitzsauber und seine Frau ermahnte ihn.

      „Hier kannst du deine Kippen nicht einfach auf die Straße werfen, denke daran.“

      „Der Bär“ war ein offensichtlich altes Haus, welches aber sehr liebevoll restauriert worden war und in frischen Farben leuchtete. Frieder Bergmann stieg aus und streckte sich, dann klopfte er dem VW anerkennend auf das Blech um im nächsten Augenblick zusammen zu zucken. Dort wo die hintere Platte befestigt gewesen war klaffte ein Loch. Fassungslos näherte er sich der Stelle und konnte irgendwelche Rahmen und Träger erkennen, die der Außenhaut erst Halt boten. Auch die anderen starrten diese Stelle an.

      „Verdammte Scheiße“ entfuhr es Bergmann laut „und das schon zum Anfang des Urlaubs.“

      „Vielleicht bekommen wir hier Hilfe“ sagte Paula „wir können doch im Hotel einmal fragen.“

      Wütend betrat Frieder Bergmann das Haus und näherte sich der Rezeption. Eine in eine Tracht gekleidete Frau lächelte ihn freundlich an.

      „Grüß Gott, willkommen im „Bären““ sagte sie fröhlich und Bergmann knurrte ihr ein „Tag, Bergmann, wir haben hier gebucht“ entgegen.

      „Hottns ä gute Onreise“ wollte die Frau noch wissen und Frieder Bergmann musste sich zusammen reißen, um nicht zu explodieren.

      „Ging so“ sagte er mürrisch und zusammen mit den anderen folgte er der Frau in den ersten Stock, dort lagen ihre Zimmer.

      Diese waren schlicht aber sehr ordentlich eingerichtet und perfekt sauber.

      Bergmanns schleppten ihr Gepäck nach oben, den Anhänger mit den Sachen von Frieders Mutter und Peter Petersen konnte sie in eine Garage schieben.

      Es war jetzt 15 Uhr 37 und Frieder Bergmann sah sich den VW noch einmal an. So auf den zweiten Blick schien der Schaden nicht mehr so schlimm zu sein, sie konnten jedenfalls morgen weiter fahren. Bergmann steuerte den Gastraum an und ließ sich ein bayrisches Starkbier bringen, dann trank er schnell. Lecker dachte er und nahm noch ein zweites, welches ihm schnell in den Kopf stieg, denn er hatte heute erst einen Knacker und ein Brötchen gegessen. Nachdem er das Bier ausgetrunken hatte begab er sich vor das Hotel, um eine Zigarette zu rauchen. Halb so schlimm mit der Platte sagte er sich, jetzt wird schon nichts mehr passieren. Dann ging er aufs Zimmer, wo Petra auf dem Bett lag und fernsah.

      „Bis jetzt ist doch alles gut gegangen“ wollte sie ihn aufmuntern „das bisschen Autoverkleidung soll uns nicht daran hindern, einen schönen Urlaub zu verbringen. Entspann’ dich ein bisschen, wir gehen 18 Uhr zum Abendbrot.“

      Frieder Bergmann legte sich ebenfalls auf das Bett und entschlummerte sofort, seine Frau weckte ihn kurz vor 18 Uhr.

      Im Restaurant saßen etliche Leute, die wohl auch hier übernachteten und die Bergmann Sippe nahm an einem großen Tisch Platz. Ausgeruht und mit Hunger im Bauch studierte Frieder Bergmann die Speisekarte, hier musste er unbedingt etwas Regionales essen.

      „Was ist denn typisch für diese Gegend hier“ fragte er die Kellnerin.

      „Da nehms doch a Hoxn or ä Leberkäs or ä Presssack“ empfahl sie.

      „Die Haxe ist mit Sauerkraut?“

      „Wies wolln, a mit Blaukraut.“

      „In Ordnung, ich nehme die Haxe mit Sauerkraut und Knödeln.“

      Vorfreude breitete sich in ihm aus, heute konnte er noch frei entscheiden, ab morgen würde ihm seine Mutter wieder im Nacken sitzen. Sauerkraut hatte bei ihm immer die fatale Wirkung einer gründlichen Darmreinigung aber er musste das Haus heute nicht mehr verlassen, eine Toilette wäre also immer in Reichweite. Er nahm noch ein Starkbier und schlürfte es genüsslich, das würzige Getränk wärmte ihn durch und breitete sich wohlig in seinem Körper aus. Ach, endlich Urlaub! Nach kurzer Zeit wurden die Gerichte aufgetragen und den Bergmanns fielen fast die Augen aus dem Kopf. Auf Frieders Bergmanns Teller türmte sich ein Monstrum von einer Haxe, die drei Knödel hatten den Umfang von Babyköpfen und ein Berg Sauerkraut rahmte alles ein. Die Portionen der anderen waren ebenfalls so üppig. Das Fleisch roch verführerisch und als Bergmann den ersten Bissen nahm stöhnte er auf, köstlich! Langsam arbeitete er sich durch den Nahrungsberg durch aber ahnte, dass es schwierig werden würde, alles zu verdrücken. Nachdem er zwei Knödel und ungefähr die Hälfte des Fleisches geschafft hatte wollte er eigentlich schon aufgeben, aber Petra stieß ihm in die Seite und bedeutete ihm weiter zu essen, man konnte doch nicht so viel auf dem Teller lassen, das gehörte sich nicht! Also kaute er jetzt deutlich langsamer und konzentrierte sich mehr auf den Genuss der Mahlzeit. Den dritten Knödel schaffte er nur noch zur Hälfte, das Fleisch bis auf einen kleinen Rest und das Sauerkraut komplett. Es war warm und Frieder Bergmann schwitzte jetzt heftig, denn sein Körper verarbeitete die enorme Menge an Nahrung. Unfähig sich zu bewegen schwenkte er seinen Arm in die Luft und die Kellnerin erschien.

      „Ich brauche was zur Verdauung“ erklärte er.

      „Na dann nehms ä Kräuter“ empfahl die Frau „Spezialrezept von de Chefin.“

      „Einverstanden“ sagte Frieder Bergmann.

      Der Schnaps schwappte gelblich in dem Glas und Bergmann führte ihn zum Mund, um einen ersten Schluck zu nehmen. Aromen verschiedenster Kräuter breiteten sich sofort in seinem Rachen aus und eine gewisse Schärfe signalisierte ihm, dass er es wohl mit einem sehr hochprozentigen Getränk zu tun hatte.

      „85 Prozent“ sagte die Kellnerin stolz auf seine Nachfrage und stellte den zweiten Schnaps vor Frieder Bergmann hin.

      Nach diesem fühlte er sich deutlich besser und seine Stimmung stieg immer mehr, auch die anderen waren gut gelaunt und froh, die erste Etappe ganz gut bewältigt zu haben.

      „Haben Sie eine Autowerkstatt hier im Ort“ wollte Bergmann von der Kellnerin wissen.

      „Freili, der Stadler hot ä Garag wos schraubt un repariert.“

      „Da fahren wir morgen vor der Abreise noch vorbei“ schlug Frieder Bergmann den anderen vor „mal sehen, ob der was machen kann.“

      Dann trank er sein Starkbier aus, rauchte eine Zigarette vor dem Haus und ging aufs Zimmer, man wollte sich morgen 8 Uhr zum Frühstück treffen. Jetzt war es 20 Uhr 15. Petra hatte den Fernseher in Betrieb genommen und schaute sich einen Krimi an, Frieder Bergmann nahm sich ein Buch und schmökerte etwas. In seinem Bauch arbeiteten das Essen, das Bier und die Schnäpse hörbar, und nach kurzer Zeit musste er die Toilette aufsuchen. Das wiederholte sich nunmehr in kürzeren Abständen: die Wirkung des Sauerkrauts. So gegen 22 Uhr legte er das Buch beiseite, er wollte für die morgige Fahrt fit sein und versuchte zu schlafen, Petra hatte sich schon zur Seite gedreht. Wegen der Wärme war das Fenster geöffnet und das leise Rauschen der Autos die am Haus vorbei rollten lullte ihn ein, dann entschlummerte er.

      Als er munter wurde war es dunkel und wahrscheinlich noch recht früh am Morgen. Seine Uhr zeigte 4 Uhr 25. Er wusste, dass er nicht mehr einschlafen konnte und überlegte was er jetzt tun könnte, ohne seine Frau zu wecken. Na da geh’ ich doch eine rauchen sagte er sich und schlüpfte leise aus der Tür. Nur im Schlafanzug stand er vor dem Hotel und genoss die morgendliche Stille und seine Zigarette, ein herrlicher Moment. Das ist wirklich sehr ordentlich hier dachte er und sah sich um, kein Fetzen Papier, alle Häuser frisch gestrichen, die Straße neu asphaltiert. Davon sind wir zu Hause noch ein ganzes Stück entfernt meinte er, die Bayern sind in dieser Hinsicht ja nahezu perfekt. Er drückte die Kippe im Aschenbecher aus und griff nach der Klinke am Eingang, aber die Tür öffnete sich nicht.