Familienurlaub könnte so schön sein, wenn bloß Mutter nicht mit dabei wäre ….. Band 2. Jörn Kolder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jörn Kolder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844271072
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im Norden, das ist doch ein wahnsinniger Umweg.“

      „Na und“ meinte Peter Petersen locker „bis zu mir sind es 100 Kilometer, zum Platz insgesamt 800, macht 1.000, da ihr ja wieder von uns aus gesehen zurück müsst. Da ihr sowieso zwischendurch übernachten wollt sind es also 500 Kilometer für einen Tag. Angenommen, du hast einen Schnitt von 80 km/h, dann braucht ihr also…“

      „6,25 Stunden“ setzte Claudia fort.

      „Wie, 6,25 Stunden“ fragte der matheschwache Rüdiger.

      „6 Stunden und 25 Minuten“ wollte ihm sein Vater lässig erklären aber Claudia korrigierte.

      „6,25 Stunden, nicht 6 Stunden 25 Minuten.“

      „Hä, verstehe ich nicht“ erwiderte ihr Vater.

      „Die 25 sagen aus, dass man auf 100 bezogen demzufolge eine viertel Stunde benötigt“ leierte Hannelore Bergmann als ehemalige Mathematik- und Physiklehrerin herunter und fuhr an ihren Sohn gewandt fort:

      „Also ich wundere mich schon, du bist doch für die Planung in der Behörde zuständig, da sollte man doch in Mathematik fit sein, oder etwa nicht?“

      „Bin ich auch“ erwiderte Bergmann unsicher „ich hatte mich bloß verhört.“

      „Machen wir gleich mal eine kleine Probe“ setzte seine Mutter nach „was ist eine Differentialgleichung?“

      Frieder Bergmann durchforste sein Gehirn verzweifelt danach, wurde aber nicht fündig.

      „Äh, ist schon ein Weilchen her, dass ich mich damit beschäftigt habe“ sagte er schief grinsend „braucht man ja auch nicht aller Nase lang.“

      „Claudia“ sagte Hannelore Bergmann nur.

      „Differentialgleichung ist mathematische Gleichung für gesuchte Funktion von einer oder mehreren Variablen, in der auch Ableitungen dieser Funktion vorkommen. Differentialgleichungen sind wesentliches Werkzeug der mathematischen Modellierung. Differentialgleichung kann durch Richtungsfeld veranschaulicht werden.“

      „Na bitte“ freute sich Bergmanns Mutter „wenigstens deine Tochter hat’s drauf. Wie du übrigens gehört hast sind solche Gleichungen Grundlage für Modellierungen, von denen du ja fortlaufend sprichst. Also ich frage mich wie es bei euch zugeht, wenn nicht mal solche grundlegenden Dinge beherrscht werden. Eigentlich typisch für den Behördenalltag. Immer wichtig tun, aber nichts Ordentliches zustande bringen.“

      „Mutter“ sagte Frieder Bergmann mürrisch „das ist genau so, als wenn ich Peter etwas über das Verwaltungsrecht fragen würde.“

      „Nur zu“ ermunterte ihn der ehemalige Polizist.

      „Also gut, wer ist zur Buchführung verpflichtet?“

      „Nach § 238 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen. Die Buchführung muss so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen“ erklärte Peter Petersen ohne zu stocken.

      „Woher weißt du das“ staunte Bergmann mit offenem Mund.

      „Wir hatten nach der Wende einen Kurs in Rechnungswesen, warum, kann ich mir bis heute nicht erklären. Hab’s halt auswendig gelernt“ sagte Petersen.

      „Ich bin auch fürs Zelten“ lenkte Paula jetzt ab „letztes Jahr war es doch sehr gelungen, also ich freu’ mich schon sehr darauf.“

      „Also sind wir alle dafür, dass wir nach Österreich zum Zelten fahren“ fasste Petra zusammen und schaute in die Runde, alle nickten.

      Nach einer Weile war das Nageln des Diesels nicht mehr ganz so schlimm und an Bord des VWs herrschte ausgelassene Stimmung. Petra saß neben ihrem Mann, Claudia und Niels auf der ersten Sitzbank und Rüdiger und Paula auf der hinteren. Der Kofferraum war bis unter die Decke gefüllt und hinter dem Fahrzeug rollte der Anhänger hinterher, er war noch leer. Sie hatten jetzt 80 Kilometer geschafft und waren bisher gut vorangekommen, der Motor brummelte vor sich hin und Petra wandte sich an Frieder.

      „Eigentlich ist das schon verrückt, heute die Sachen deiner Mutter und von Peter zu holen.“

      „Ich kann doch nichts dafür, dass ich bis gestern arbeiten musste“ entschuldigte er sich.

      „Aber die beiden hätten ihr Gepäck doch auch zu uns bringen können, schließlich sind sie Rentner und haben Zeit im Überfluss. Jetzt kutschen wir dorthin, drehen wieder um und übernachten vor Nürnberg, 300 Kilometer von zu Hause entfernt. Lächerlich.“

      „Wir waren uns einig, dass man mit dem Hänger nicht so rasen kann und wir die Etappen hälftig teilen, also fahren wir heute nicht weiter“ erklärte Frieder Bergmann bestimmt.

      Als sie vor dem Haus von Peter Petersen vorfuhren war es 9 Uhr 30. Hannelore Bergmann und Petersen erschienen und Frieders Mutter deutete auf einen Gepäckberg im Flur des Hauses.

      „Ich habe mich schon eingeschränkt“ erklärte sie ihrem fassungslosen Sohn „aber voriges Jahr gemerkt, dass ich doch einiges vergessen hatte. Und Peters Gepäck muss ja auch mit aber dafür habt ihr ja den Anhänger.“

      Rüdiger und Niels beluden den Anhänger unter der Anleitung von Claudia, Frieder besprach noch einmal Abholpunkt und -zeit für den kommenden Tag mit seiner Mutter und dann fuhren sie los.

      „So, jetzt wollen wir mal, es sind noch 400 Kilometer, jetzt ist es 10 Uhr. Ich schätze, dass wir in 5 Stunden ohne Pause da sind, aber zwei sollten wir schon einlegen, also wird es wohl zwischen 15 und 16 Uhr werden. Ich freue mich riesig, dass es wieder losgeht!“

      Sie passierten ihren Startpunkt und kamen auf der wenig befahrenen Autobahn langsam aber stetig voran, jedenfalls bis kurz hinter die Grenze nach Bayern. Als sie Hof hinter sich ließen setzte ein Klappern ein, welches Frieder Bergmann nicht richtig lokalisieren konnte. Irgendwie schien es von außen zu kommen. Er drosselte das Tempo und das Geräusch erstarb, erleichtert fuhr er weiter bis zum nächsten Parkplatz, dort machten sie Pause. Genüsslich inhalierte er den Rauch einer Zigarette und inspizierte das Auto bei einem Rundgang, er konnte nichts Auffälliges erkennen. Wenige Kilometer später hob das Klappern erneut an und ging in ein Rasseln über, welches jetzt permanent an den Nerven von Frieder Bergmann feilte.

      „Ich fahre auf den nächsten Parkplatz raus und schau‘ mal nach“ teilte er seiner Frau mit, doch es kam anders.

      Die von dem Mechaniker als einzige bündig links an der Außenhaut des Fahrzeuges angebrachte Platte hatte sich aufgrund der schlampig ausgeführten Schweißnaht immer mehr gelockert, und als sie ein schlechtes Stück Autobahn befuhren an der linken Seite gelöst, so dass sie zwar noch mit dem Auto verbunden war, aber durch den Fahrtwind und die unebene Strecke in Schwingungen versetzt wurde. Als das Rasseln einsetzte bedeutete dies den Bruch der linken, oberen und unteren Schweißnaht und auch die rechte konnte nur noch einen Moment standhalten. Als auch diese zerbröselte fiel die Platte einfach auf die Fahrbahn, wo sie sich scheppernd überschlug und die nachfolgenden Fahrzeuge bedrohte. Frieder Bergmann nahm das Geräusch sehr wohl wahr, aber gleichzeitig war auch das Rasseln verschwunden, so dass er gut gelaunt weiterfuhr. Zu seiner großen Verwunderung drohte ihm der Fahrer eines überholenden Autos mit der Faust und zeigte ihm einen Vogel.

      „Manieren sind das heute“ wandte er sich an seine Frau „hast du diesen arroganten Typen gesehen?“

      „BMW Fahrer“ sagte Rüdiger von hinten „die mit ihren fetten Schlitten haben niemals Zeit.“

      „Ja, mit so einem soliden Auto wie unserem wird man eben gar nicht ernst genommen, sollen die doch rumprotzen, mir doch egal“ meinte sein Vater und blieb konstant bei Tempo 80.

      Das