Prophezeiungen der Weisen. Dörthe Haltern. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dörthe Haltern
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844263015
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Doch ihre Wirkung blieb nicht aus. "Sie wird untergehen."

      Entsetzt presste sich David seine Hände an die Ohren doch natürlich half dies nicht viel. Er schrie auf, überwältigt von dem plötzlichen Schmerz. Er glaubte sein Kopf würde diesem Druck nicht mehr standhalten können, doch als er glaubte, es nicht mehr aushalten zu können und es ihm schwarz vor den Augen wurde, da war es auf einmal wieder vorbei. Seine Knie zitterten und gaben unter ihm nach. Er klammerte sich an einem Brunnen fest, der neben ihm stand, doch er fiel zu Boden. Neben ihm lag das Mädchen und bewegte sich nicht mehr. Mühsam richtete David seinen Blick wieder auf das Geschehen vor ihm. Bunte Punkte tanzten vor seinen Augen und das Atmen begann schwerer zu werden. Er bekam kaum Luft.

      Nekat schien es ähnlich zu gehen. Verzweifelt stützte er sich auf sein Schwert und wartete, bis sich die Welt aufhörte um ihn herum zu drehen. Dann hob er seinen Kopf und David konnte die vor Wut funkelnden Augen sehen, die sich auf den Dämonenherrscher richteten. Völlig lautlos sprang Nekat auf und rannte mit gehobenen Schwert auf Justaka zu. Mit blinder, letzter Verzweiflung rannte er ihm direkt in die Arme. Der Aufprall der Beiden war nur kurz, denn Nekat wurde sofort wieder davon geschleudert. Hart schlug er diesmal auf dem Boden auf. Er versuchte sich erneut hochzustemmen, doch dieses Mal versagten seine Kräfte und er blieb keuchend liegen. Doch an seinem Schwert klebte Blut und Justaka schrie vor Zorn auf, so dass David glaubte, diesmal wirklich um seinen Verstand gebracht zu werden. Vor seinen Augen senkte sich ein schwarzer Schleier und doch hörte er die letzten Worte des Dämonenherrschers klar und deutlich.

      "Verflucht mögest du sein, Narr! Auf Erden sollst du weilen, solange ich in die Finsternis trete. Möge dieser Fluch auch deine einfältigen Kinder treffen und sollen sie sterben und wieder leben, wie an diesem Tag, bis ich zurückgekehrt bin. Nur sie sollen dann fähig sein, mir gegenüber zu treten und dann wird die Erde mein sein."

      Erschrocken fuhr David hoch, denn mit Entsetzen musste er feststellen, dass dies wirklich nicht nur ein Traum gewesen war. Es war so deutlich vor seinen Augen, als hätte er es vor Jahren erlebt. Als hätte er selbst Justakas verhängnisvolle Worte in seinem letzten Atemzug gehört, kurz bevor der mächtigste Dämon dieser Welt zu Grunde ging und doch nicht starb.

      "Tarry!", rief er vorsichtig. Darauf achtgebend, dass er niemanden sonst wecken würde. "Tarry, wo steckst du? Wach auf!"

      "Was ist denn?", brummte es aus der Dunkelheit hervor. "Ist es denn schon so spät?"

      "Nein, aber ich muss dich etwas wichtiges fragen!", drängte David weiter. "Und das hat keine Zeit bis morgen. Ich muss es jetzt wissen. Was kann nicht sein?"

      "Was willst du denn?", wollte Tarry wissen, der die Frage nicht verstand. Es war zu früh am Morgen, als dass er sich weitergehende Gedanken erlauben würde. "Was meinst du?"

      "Du hast eben noch gesagt, es kann nicht sein!", erklärte David ungeduldig. "Was meinst du damit? Was kann nicht sein?"

      "Eben ist schon eine Weile her.", stellte Tarry fest.

      "Das ist mir egal.", erwiderte David. "Streng dich an, es wieder zu wissen."

      "Ich weiß es nicht." Tarry unterstützte seine Worte mit einem kräftigen Gähnen. "Lass mich in Ruhe und frag morgen weiter. Ich bin müde!"

      David gab es auf und ließ den Kobold in Ruhe. Seine Frage war eigentlich völlig überflüssig, da er die Antwort bereits wusste, sie sich wenigstens vorstellen konnte. Auch wenn er nicht ganz verstand, worum es ging. Es fiel ihm schwer wahrhaben zu wollen, er wäre der Sohn eines Mannes, der vor zweitausend Jahren zur Unsterblichkeit verdammt wurde und auf dem ein Fluch eines sterbenden Dämon liegen sollte. Er konnte sich nicht vorstellen, wie es sein sollte, immer und immer wieder zu sterben, um dann doch als die gleiche Person weiterleben zu sollen, nur an einem anderen Ort unter einem anderen Namen wahrscheinlich. Und trotzdem vom Äußeren her der gleiche geblieben zu sein. Die einzig mögliche Lösung war, dass es sich nur um einen Traum handelte. Manchmal kam es vor, unerklärliche Träume zu träumen. Doch tief in seinem Innern wurde er das Gefühl nicht los, Tarry hätte ähnliches gedacht, als der Name Gesh'Nekat fiel.

      DER UNTERGANG

      Es war ein kalter Abend, als Nekat vor seinem Feuer saß und die Nacht auf sich zukommen ließ. Eine trostlose Nacht, die noch viel kälter werden würde, als der Abend ankündigte. Das Feuer war nicht mehr als eine spärliche Flamme, als fürchte auch es die kommende Dunkelheit. Es wärmte kaum, spendete kein Licht. Nur für ein Stück Fleisch reichte es gerade noch, was an einem dünnen Spieß briet. Er saß daneben und kaute auf einer trockenen Brotkrume herum. Er hatte nur wenig von der Verpflegung mit auf seinen Weg genommen, denn er brauchte nicht viel und sein Ziel war fast erreicht. Zurückkommen würde er nicht.

      Hinter ihm kaute sein Pferd in seinem Futtersack und suchte die letzten verbleibenden Krümel des Hafers. Er lauschte diesen Geräuschen, denn es waren weit und breit die Einzigen, die an sein Ohr drangen. Er war allein.

      Doch nicht für lange, denn plötzlich löste sich ein Schatten aus der Dunkelheit und trat in den blassen Schein des Feuers.

      "Erlaube mir, mich an dein Feuer zu setzen, Nekat. Es ist kalt draußen im Wald.", erklang die Stimme einer Frau. Der kalte Eiswind spielte mit dem Rock ihres langen Kleides, welches ihre zierliche Gestalt umhüllte. Darüber trug sie nur eine dünne Jacke mit einer Kapuze, die sie nun aus dem Gesicht zog. Ihre Augen leuchteten in einem matten Rot.

      Er wollte aufspringen, doch sie wies ihn mit einer knappen Handbewegung an es zu unterlassen. Er wusste nicht genau was es war, doch sie schien merkwürdig bestürzt. "Natürlich.", antwortete er. "Setzt Euch nur, Herrin."

      Und so setzte sich Shi'Nasae, Göttin über Recht und Unrecht. Nekat bot ihr etwas zu essen und zu trinken und sie nahm dankbar an, doch schon bald legte sie Brot und Fleisch wieder zur Seite. Nachdenklich sah sie ihn eine Weile an.

      "Du weißt die Wahrheit über viele Dinge, die uns betreffen." Es war eine Feststellung und keine Frage und doch war sich Nekat nicht sicher. "Einst waren wir die Herrscher über dieses Land. Wir besaßen die alleinige Macht. Kein Dorf war sicher, keine Festung konnte unserem Ansturm standhalten. Wir waren die gefürchteten Hujak, die Götter, in aller Munde. Doch dann war es vorbei. Und es schmerzt mich, ansehen zu müssen, was sie den Völkern antaten, welche uns ergeben waren und es erfüllt mich mit Zorn, was sie dem Volke antun, welches unser vertrauensvollster Diener war, welches war, wie wir es sind."

      Sie hielt inne und schien in Gedanken verloren. Doch Nekat war ungeduldig und wusste, sie war nicht ohne Grund gekommen. Diesen Grund wollte er erfahren. "Warum seid Ihr gekommen?", fragte er frei heraus.

      "Wir waren machtvoll.", fuhr sie fort. "Da wir uns der Magie bedienten. Die Magie kann ein wertvoller Verbündeter sein, doch sie war unser Untergang. Denn es kam das Unrecht über unser Haupt, doch es waren nicht wir, denen Unrecht geschah."

      "Ich verstehe nicht.", bemerkte Nekat, als sie erneut eine Pause machte.

      Sie hob leicht den Kopf und sah ihm in die Augen. Ein tiefer Schmerz lag in den ihren. "Weil du die ganze Wahrheit nicht kennst. Unserem Herrn gehörte die Welt, denn er war der mächtigste von allen. Doch durch diese Macht glaubte er, er würde wirklich alles besitzen. Ulasta wäre beschämt, würde das Unrecht ausgesprochen. Doch du musst es wissen, bevor du diese Welt verlassen wirst. Er betrog den Mann, der ihm wie ein Freund zur Seite gestanden hatte. Ohne den es niemals so weit gekommen wäre. Doch Ulasta war blind vor Macht und Liebe. Denn er begehrte zu dieser Zeit, die Tochter seines Beraters, welche dieser ihm nicht geben wollte. Doch Ulasta nahm sie und es entbrannte ein heftiger Zorn zwischen Vater und Liebhaber. Am Ende wurde der Berater seines Amtes verwiesen und schlimmer noch aus den obersten Reihen verbannt. Seine Tochter sollte er nie wieder sehen. Sie brachte ein Kind für Ulasta."

      "Wer ist dieses Kind?", wollte Nekat wissen, bevor sie fortfuhr.

      "Es war ein Sohn.", antwortete sie. "Er wurde zum Herrscher der Nacht und eines Tages wird sein Nachkomme dieses Erbe antreten müssen."

      Nekat sah sie ratlos an, doch sie ließ ihm keine Zeit für weitere Fragen. "Der Berater entbrannte in Wut. Er schwor Rache an dem, der ihn verstieß und sein einziges Kind stahl. Er wurde eins mit der Magie.