Liebesengel küssen nicht. Ewa A.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ewa A.
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753197180
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das ist für mich die beste Nachricht des Tages. Meine Augen finden den Weg zu seinen, und als sich seine Pupillen weiten, schwebe ich erhaben an ihm vorüber.

      KAPITEL 6

      EIN MORGEN, DEN MAN NICHT SO SCHNELL VERGISST

      Es ist Morgen. In wenigen Stunden werde ich Max, in Agenten-Manier, bei der Schule auflauern, um ein Auge auf ihn zu werfen, wenn er nach Hause läuft. Ich sollte jedoch aufpassen, dass man mich nicht für eine pädophile Stalkerin hält. Den Trenchcoat und die Sonnenbrille würde ich mir also sparen. Schade.

      Da ich nachts bereits ein paar ältere erfolgreiche Aufträge überprüft habe und nichts im Argen zu liegen scheint, beschließe ich, kurz bei Susan Hunz vorbeizuschauen. Jonas‘ optimale Partnerin arbeitet als eine von zwei Chefsekretärinnen in einem Großunternehmen.

      Als ich im Unsichtbarkeits-Modus in ihrem Vorzimmer aufschlage, spüre ich sofort die Anspannung, die in der Luft liegt. Ihre Kollegin, die Haare auf den Zähnen hat, keift sie von oben herab an.

      »Also ich kann jetzt auf gar keinen Fall den Kaffee kochen, Susan. Ich muss diese Liste unbedingt fertigbekommen.«

      Susan stöhnt leise vor sich hin und verlässt ihren Schreibtisch, um in die angrenzende Kaffeeküche zu gehen. Nebenher murrt sie: »Ich serviere den Herren ihren Kaffee, Monika. Allerdings weiß ich nicht, warum du jetzt im Sommer schon mit der Weihnachts-Präsent-Liste anfangen willst? Bis es soweit ist, überlegt sich der Chef es sowieso wieder dreimal.« Die Blondine beginnt, ein Tablett mit drei Kaffeegedecken zu richten, und stellt eine Tasse unter den Vollautomaten, um sie mit Kaffee zu befüllen. Unglücklicherweise ist der Zuckerstreuer leer, und Susan will diesen wieder auffüllen. Mittendrin in ihrem Tun rutscht ihr der Behälter davon. Der gesamte Zucker verteilt sich über die Arbeitsfläche der Mini-Anrichte, auch über den Küchenboden. Fies, wie die Zuckerkristalle nun mal so sind, legen sie sich in jede Ritze hinein. Leise vernehme ich Susans Fluchen. »Mist. Ich hasse diesen blöden Zuckerstreuer. Das nächste Mal besorge ich Zuckerwürfel. Scheißegal, was der Chef sagt.«

      Das Mädchen gefällt mir, besonders der aparte Leberfleck, den sie unter ihrem linken Auge hat. Ja, Jonas würde wohl oder übel an ihr Gefallen finden.

      Shit! Ich meine natürlich – hipp, hipp, hurra!

      Susan dreht sich um, auf der Suche nach einem Besen, und stößt dabei, mit ihrem Ellbogen, gegen die volle Tasse Kaffee. Prompt kippt diese zur Seite weg, und die braune Brühe überschwemmt alles, was in erreichbarer Nähe ist. Es tropft sogar an dem weißen Schrank herunter, auf den kleinen Teppich, auf dem schon der Zucker liegt.

      »War ja mal wieder klar, dass mir das passiert«, knurrt Susan und bestätigt damit meine Vermutung, dass sie nebenberuflicher Tollpatsch ist.

      Noch immer hält sie die Packung Zucker in den Händen, die sie abstellt, ohne hinzuschauen. Dummerweise platziert sie die Tüte mitten in den ausgeleerten Kaffee. Schnell bemerkt sie ihren Fehler. Aber nicht schnell genug. Hastig reißt sie die Papiertüte wieder hoch, doch die Verpackung ist bereits aufgeweicht, und mit einem dumpfen Ratsch reißt der Boden durch. Das knappe Kilo Zucker rieselt unaufhaltsam durch die ganze Küche, da Susan in ihrer Panik irgendein Gefäß sucht, wo sie den Übeltäter reinpacken kann. Während sie ihr Bestes gibt, die angerichtete Katastrophe zu verschlimmern, höre ich ihre Kollegin aus dem Vorzimmer brüllen.

      »Susan, Telefon für dich. Die Schule ist dran, wahrscheinlich hat dein Sohn schon wieder irgendwas angestellt. Sag mal, wo bleibst du denn mit dem Kaffee?«

      Ein Ruck geht durch Susans Körper, und entnervt lässt sie ihr Haupt in den Nacken fallen. Voller Mitleid sehe ich, wie sie ihre Lider schließt und bedächtig tief Luft holt. Leicht zittert ihre Stimme. »Ja. Ich komme gleich. Einen Moment, bitte.«

      Ich bewundere die Blondine für ihren Willen, nicht die Fassung zu verlieren und die blöde Schnepfe von nebenan nicht lautstark zusammenzufalten.

      Ganz vorsichtig helfe ich ihr, damit sie nichts von meinem Tun bemerkt, den Zucker und die Flüssigkeit von den Möbeln und aus dem Teppich zu entfernen. Ehrlich, ich gönne ihr Jonas beinahe, denn wenn ihre Tage so aussehen, braucht sie dringend etwas, auf das sie sich abends freuen kann. Und der schöne Jonas ist so etwas.

      Okay, mehr Frust vertrage ich nicht. Und da ich eh nach meinem neuen Arbeitgeber schauen muss, gönne ich mir einen Blick auf Jonas.

      Einen Atemzug später finde ich mich neben einem großen Schreibtisch wieder. Es ist nicht der, den ich von seinem Zuhause kenne, sondern er steht in einem mondän eingerichteten Büro. Es ist riesig, und eine Wand besteht aus einer Fensterfront. Diese gibt den Blick über eine Großstadt frei. Wir befinden uns Minimum im zehnten Stockwerk, in einem der modernen Hochhäuser, die zentral in der Stadtmitte liegen. Lediglich die richtig großen Unternehmen, die Schotter ohne Ende haben, können sich hier ihren Sitz leisten. Und dieses Gebäude gehört sogar der Firma, für die Jonas arbeitet.

      Im Anzug, mit Hemd und Krawatte, sitzt Zuckerschnittchen in dem klimatisierten Raum und sieht noch besser aus als gestern. Das Jackett macht seine Schultern noch breiter wie mein Grinsen bei dieser Feststellung. Er liest irgendwelche Unterlagen und blickt ab und zu auf den Monitor, als überprüfe er etwas.

      Von Susans Selbstgesprächen angesteckt, seufze ich ebenfalls vor mich hin. »Jonas, du steiler Hengst, wie heiß du wieder aussiehst. Lass mich mal an dir riechen.« Ich trete neben ihn, um mir eine Nase voll Jonas zu genehmigen. »Mmmh, genauso gut wie gestern. Vielleicht sogar noch besser.«

      Plötzlich ertönt eine tiefe Stimme. »Holst du Max heute Mittag wieder zu dir ins Büro?«

      Überrascht schaue ich auf und entdecke, am anderen Ende des Büros in einer Ecke stehend, einen großen Mann. Er starrt zum Fenster auf die Stadt hinaus. Zu seinem Profil fällt mir kein anderer Begriff ein als: klassische Anmut. Die gerade Nase und die hohe Stirn wirken edel. Auf Anhieb sticht mir sein schwarzer Dreitagebart ins Auge. Nach dem teuren Anzug zu urteilen, ist er wohl ein Arbeitskollege von Jonas. Lässig mit den Händen in den Hosentaschen, wendet er sich diesem zu und wartet auf eine Antwort.

      Jonas blickt nicht auf, sondern studiert weiter seine Blätter. »Nein. So wie es aussieht, habe ich gestern eine Tagesmutter für ihn gefunden.«

      »Ja, mich, Zuckerschnittchen«, mische ich mich in das Gespräch ein und lächle angeberisch.

      Der Arbeitskollege erwartet noch mehr Information, was der Ausdruck seiner attraktiven Züge erahnen lässt. »Na, das ist doch gut. Oder nicht?«

      Endlich widmet Jonas ihm seine Aufmerksamkeit. »Ja, schon, aber … Du kannst dir nicht vorstellen, was für Frauen sich gestern bei mir einfanden, die sich um die Stelle beworben haben. Unfassbar! Die kommenden Tage werde ich zwischendrin öfter mal nach Hause gehen, um zu schauen, ob die junge Dame wirklich so normal ist, wie es bis jetzt scheint.«

      Empört hole ich Luft. »Na, also hör mal. Wie redest du denn von mir?«

      Der andere Mann lacht und zeigt dabei, wie weiß seine Zähne sind. Der Typ wäre das optimale Werbemodel für Zahnpasta. Mit seinem dunklen Teint und seinen schwarzen Haaren, lasern seine Beißerchen einem schier das Augenlicht weg. Er geht ein paar Schritte auf Jonas und mich zu, bleibt dann aber an einer Betonsäule stehen. Er lehnt sich mit überkreuzten Beinen dagegen und betrachtet interessiert seinen Arbeitskollegen. »Ach, herrje, das hört sich ja nicht gerade verlockend an. Bestimmt ist die Dame zu allem hin noch total hässlich?«

      Meine Augen kugeln sich. »Hallo? Ich bin ganz und gar nicht hässlich, du Idiot.«

      Jonas schüttelt grinsend den Kopf. »Du wieder. Nein, sie ist …«

      »Ja, sag es ihm. Los raus damit! Sag ihm, dass ich der Traum deiner schlaflosen Nächte bin!«, feuere ich Jonas an und lege mich dreist mit dem Rücken auf seinen Schreibtisch, um mich dort unter seiner Nase zu räkeln.

      »… recht hübsch, würde ich sagen«, vollendet mein Chef lieb den Satz.

      Zufrieden grinse ich. »Na bitte.« Mit Pupston strecke ich