Liebesengel küssen nicht. Ewa A.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ewa A.
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753197180
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sich Jonas in die gefälschten Schreiben vertieft, kann ich nicht umhin, seine markanten Züge zu bewundern. Ob Susan diese freche Kerbe in seinem Kinn ebenso gefallen wird, oder die kräftigen Handgelenke?

      Nach wenigen Minuten atmet Jonas durch und schaut mich stumm an. Für einen Moment denke ich, einen begehrlichen Schimmer in seinen Augen zu entdecken, der mich die Luft anhalten lässt.

      »Sie scheinen genau die Person zu sein, nach der ich suche, Frau Engelmann.«

      Ja, Zuckerstück, die bin ich und noch viel mehr. Also, fast … sozusagen, weil er ja Susan suchen soll und nicht mich. Ich weise ja bloß den Weg. Leider. Nein – das Letzte habe ich jetzt nicht gedacht, das war ein … Versehen?

      Noch immer ruht sein Blick eindringlich auf mir. »Könnten Sie sich vorstellen, diesen Job, in dem genannten Umfang, anzunehmen?«

      Freudestrahlend erwidere ich: »Ja, durchaus kann ich mir vorstellen, für Max die Betreuung zu übernehmen. Auch das ganze Drumherum, wie Sie es sich wünschen, stellt überhaupt kein Problem dar. Allerdings schlage ich vor, wir sollten noch Max fragen, ob er mit Ihrer Wahl einverstanden ist.«

      Jonas wirkt etwas verdutzt. »Ja, ja … natürlich, das sollten wir.« Das von Jonas ausgesprochene Wörtchen »wir« hüpft wie ein Gummiball aufgeregt in meinem Kopf umher. Blinzelnd versuche ich, den rosaroten Gefühls-Flummi aus meinen Gedanken zu katapultieren, und schaue Jonas hinterher, der das Büro verlässt, um nach Max zu rufen. Kurz darauf schiebt er seinen Sohn, den ich bereits von der mittäglichen Sofa-Akrobatik kenne, an den Schultern vor sich her ins Zimmer. »Max, das ist Frau Engelmann. Wir hatten doch besprochen, eine nette Frau zu suchen, die auf dich aufpassen und dir bei den Hausaufgaben helfen würde. Frau Engelmann würde gerne deine Betreuung übernehmen. Wenn du damit einverstanden bist?«

      Max ist natürlich von der Gegenüberstellung und der Frage überrumpelt, die ihm eigentlich keine Wahl lässt. Ein mieser Eltern-Trick, den der Kleine noch nicht durchschaut. Freundlich lächle ich den kleinen Jungen an, der mit den dunklen Haaren und den blauen Augen seinem Vater sehr ähnlich sieht.

      »Hallo, Max, ich bin Evodie.« Ich beuge mich ihm entgegen und reiche ihm meine Hand, die er mit ernster Miene drückt. Mit seinem zaghaften und kratzigen »Hallo« gewinnt der Kleine mein Herz auf Anhieb. »Wie wäre es, wenn wir einfach mal schauen, wie wir in den nächsten zwei Wochen miteinander klarkommen? Was sagst du? Nach den Hausaufgaben könntest du mir zeigen, was du gern spielst«, fordere ich ihn heraus.

      Er lächelt und legt damit eine neckische Zahnlücke frei, die in seinem Oberkiefer prangt.

      »Cool«, meint er und kommt dann jedoch ins Grübeln. »Aber – holst du mich dann auch von der Schule ab, so wie Papa es will, obwohl man das nur bei Babys machen muss?«

      Oha, das ist wohl ein heikles Thema, denn Max lässt keinen Zweifel daran, dass er diese Abhol-Idee total doof findet.

      Mein Blick wandert zwischen Vater und Sohn hin und her. Jonas nickt vielsagend hinter dem Rücken seines Sohnes, Max sieht mich erwartungsvoll an.

      »Ich …«, stammle ich und wäge mit verengten Augen meine Sätze ab. »… mache das, was dein Vater wünscht. Aber es könnte sein, dass ich so tue, als würde ich dich nicht kennen, während ich dich aus der Nähe, wie ein Geheimagent, beobachte, ohne dass du meine Anwesenheit auch nur spürst.«

      Während Jonas die Lippen zusammenpresst, um nicht laut loszulachen, bekommt Max runde Augen, denn das Geheimagenten-Ding scheint ganz nach seinem Geschmack zu sein.

      »Cool«, wispert Max eifrig. »Wartest du dann morgen gleich vor der Schule auf mich?«

      Der Kleine ist hellauf begeistert und bringt mich meinem Auftragsziel näher, denn Susans Sohn Leon geht in dieselbe Klasse wie er. Wenn ich Glück habe, würde sie ihren Sohn ebenfalls abholen, und ich könnte auf Tuchfühlung gehen. Jetzt bräuchte ich lediglich Jonas‘ Zustimmung, dass ich am kommenden Mittag mit meiner Stelle als Tagesmutter beginnen kann. Fragend starre ich das Zuckerstückchen an.

      Dieser ergreift sofort die Möglichkeit, die sich ihm bietet. »Also, wenn Sie morgen anfangen könnten, wäre das … fantastisch.«

      Ich zucke mit den Schultern und gebe die Gelassene, obwohl ich innerlich fast platze vor Stolz, die Sache mit Max erstklassig geschaukelt zu haben.

      »Gut, warum nicht? Je früher wir testen, ob das mit Max und mir hinhaut, umso besser.«

      In den Mienen der beiden leuchtet Begeisterung, und beide quasseln auf mich ein.

      »Das ist eindeutig die beste Nachricht des Tages. Ich schreibe Ihnen sofort die Adresse von Max‘ Schule auf.«

      »Evodie, meinst du, wir können am Nachmittag Fußballspielen … im Garten?«

      Ein Lachen sprudelt aus mir heraus. »Wenn mir dein Vater den Stundenplan gibt und ich weiß, wann ich vor der Schule sein muss«, erwidere ich in Jonas‘ Richtung und wende mich dann wieder an seinen Sohn. »Dann, ja, sobald du die Hausaufgaben erledigt hast, können wir Elf-Meter-Schießen üben.«

      »Kann ich Ihnen den Stundenplan als E-Mail schicken?«, fragt Jonas sogleich und lässt sich hinter dem Schreibtisch nieder, um den Worten Taten folgen zu lassen.

      Sein unverhohlener Enthusiasmus amüsiert mich, und ich antworte ihm schmunzelnd: »Ja, meine E-Mail-Adresse und die Telefonnummer, unter der sie mich erreichen können, stehen auf der ersten Seite meiner Unterlagen.«

      Ja, sogar eine Cupida hat sowohl ein Handy als auch ein E-Mail-Postfach. Schließlich leben wir nicht hinter dem Mond. Obwohl …

      Jonas schaut in meinen Dokumenten nach. Er findet bald, wonach er sucht, und tippt auf seinem Laptop herum. »Max, du hast doch noch den Haustürschlüssel? Mit dem kommt ihr ins Haus. Ich verlege meine Mittagspause und bringe dann Pizza mit. Ist das ein guter Vorschlag?« Um Zustimmung heischend, blickt Jonas seinen Sohn und mich an.

      In Max rundem Kindergesicht flackert Fröhlichkeit auf, und in zwei winzigen Luftsprüngen tut er seine Vorfreude kund. »Au ja, Papa. Das wird toll.«

      »Vorschlag angenommen«, pflichte ich dem Kleinen bei, und Jonas grinst charmant, während seine blauen Augen mich fixieren.

      »Gut. Das ist wirklich gut.«

      Aus Verlegenheit reibe ich mir den Nacken, denn irgendwie schwingt da noch eine andere Botschaft in seiner Aussage mit, die ich jedoch nicht ganz verstehe und auch nicht deuten will. Einen Moment später löst Jonas sich von meinem Anblick und schaut wieder auf den Bildschirm seines Laptops.

      »So, der Stundenplan müsste bei Ihnen bald ankommen.«

      Kaum hat er es ausgesprochen, brummt mein Handy in der Handtasche.

      »Ja, hört sich danach an. Danke!«, erwidere ich, und Max gluckst neben mir auf. Der Kleine hat sich unbemerkt immer näher an mich herangepirscht und steht nun dicht bei mir. In kindlicher Geradlinigkeit inspiziert er ohne Scheu mein Gesicht. Lächelnd halte ich seiner Neugier stand und erlaube mir, das Gleiche bei ihm zu tun.

      Er ist ein süßes Kerlchen, das man einfach gernhaben muss. Seine blauen Kulleraugen und die vollen Wangen mit der Stupsnase sind einfach zu putzig, als dass man sich ihrer Niedlichkeit entziehen könnte.

      Jonas beobachtet uns, während wir uns stumm beäugen, schließlich steht er auf. »Komm, Max, wir sollten Frau Engelmann das Haus zeigen. Morgen Mittag werde ich leider keine Zeit dazu haben.«

      »Jaa!«, jubelt Max und springt voraus in den Flur.

      Ich erhebe mich und greife meine Handtasche. »Sie können übrigens Evodie zu mir sagen. Das Frau Engelmann verwirrt mich nur.«

      »Evodie, ein sehr schöner Name. Außergewöhnlich«, meint mein neuer Arbeitgeber in smarter Lässigkeit und begibt sich zur Tür, wo er schweigend verharrt. Langsam schlendere ich auf Jonas zu, bleibe bei ihm stehen und betrachte aus nächster Nähe, gebannt sein glattrasiertes Kinn mit der Kerbe.

      »Ich bin Jonas«, erklärt Zuckerschnittchen leise, und ich sehe, wie sein Adamsapfel