Liebesengel küssen nicht. Ewa A.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ewa A.
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753197180
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den Türrahmen und rutscht, nach peinlichen zehn Sekunden voller »Ja – Ja – Ja«, total erledigt zu Boden.

      Ich schwöre, wenn sie Jonas jetzt nach einer Zigarette fragt … ich habe damit nichts zu tun. Für das, was zuvor geschah, übernehme ich jedoch voll und ganz die Verantwortung.

      Vergebens versucht die hagere Frau, das, was von ihrer Frisur übrig ist, zu retten. Sie erhebt sich mit einem leichten Lächeln. »Danke. Es war … wundervoll.« Auf einmal klingt ihre Stimme weich und völlig entspannt.

      Jonas‘ Kopf kreist unentschieden zwischen Nicken und Verneinen. »Bitte. Gern geschehen?!«, murmelt er irritiert und sieht zu, wie sich Frau Schnabold am Treppengeländer herunter auf den Bürgersteig hangelt.

      Auch auf dem Gehweg knickt sie noch einige Male um, und daran bin ich nun wirklich vollkommen unschuldig.

      Von den Ereignissen überrollt, fährt sich Jonas verzweifelt durch seine dunklen Wellen, die nach wie vor perfekt liegen.

      Wie macht der Kerl das?

      »Okay, jetzt kann es doch eigentlich nur noch besser werden«, murmelt mein Klient und schließt die Tür. Diesmal bleibt ihm genug Zeit, ein Glas Wasser zu trinken und sich zu erleichtern.

      Äh, also nein. Beruhigt euch, keine Panik! Es gibt Dinge, die will niemand sehen, selbst wenn man es kann.

      Es klingelt, und wie erwartet, steht Püppie vor der Tür, die ich heute Morgen in ihrem Schlafzimmer besucht habe. Absolut heiß sieht sie in ihren viel zu kurz geratenen Hotpants aus. Und nun gerate ich in Panik, weil … Jonas keinerlei Interesse an ihr zeigt.

      So als Mann, versteht ihr? Kein Glotzen, kein Blinzeln, kein Stocken. Locker und cool tritt er ihr gegenüber, und das macht mir Angst, denn das heißt, dass er sein Herz unter einer Eisschicht aufbewahrt. Zwar hatte der Bericht so etwas angedeutet, aber … Halloo, das ist ein vitaler Mann im besten Alter, Single, seit drei Jahren Witwer und dem geht nicht der Puls in die Höhe, beim Anblick dieser weiblichen Kurven?

      Shit! Das wird schwer werden. Begierde ist ein nicht zu unterschätzender Faktor. Erst muss man etwas wollen, um es lieben zu können. Verdammt! Ich kann bloß hoffen, dass Püppie nicht seinem Geschmack entspricht, aber Susan dafür umso mehr.

      Aalglatt und ungerührt kommt es über seine anbetungswürdigen Lippen. »Sie sind Frau Sonntag. Es freut mich, Sie kennenzulernen. Kommen Sie bitte herein.«

      »Hi. Ja, danke. Geil, super Wohnung.«

      Äh, eher super Flur, denn mehr kann die dumme Nuss nicht sehen.

      Kaugummikauend betritt das junge Huhn das Haus. Ihre beiden Hände versenkt sie, in einer schüchtern verspielten Geste, in den Hosentaschen. Diese schauen unter dem Saum heraus, weil die Hosenbeine zu knapp sind. Als wüsste das wilde Luder nicht um die Wirkung dieser Haltung, die ihr Dekolleté in dem engen Top noch eindrucksvoller betont. Ihre klimpernden Wimpern schreien überlaut in meinen Ohren »Ich will dich hier und jetzt vernaschen«.

      Pfff, Schlampe!

      So, wie sie sich in Szene setzt, hält sie in ihrer ausgebeulten Umhängetasche wahrscheinlich ein ganzes Sortiment an Kondomen einsatzbereit. Von grob genoppt bis erdbeer-aromatisiert, dafür würde ich mein Cupida-Armband verwetten. Ein striktes Eingreifen ist notwendig, denn die Kleine würde ihm das Blaue vom Himmel herunterlügen, nur um bei ihm zu landen und die Stelle zu kriegen.

      Mir steigt, wie bereits vor einigen Stunden, ihre Alkohol-Ausdünstung der vergangenen Partynacht in die Nase, was mich auf die Lösung bringt: Ich verstärke die Aromaschwaden, die sie umgeben. Ein klein wenig. Okay, ein bisschen mehr. Mehr. Und … Jonas schaut. Schaut. Jawohl, er schnüffelt.

      Das unmerkliche Schieflegen seines Kopfes macht klar, dass er Vermutungen anstellt, die exakt in die Richtung gehen, auf die ich es angelegt habe.

      »Folgen Sie mir, bitte«, meint Jonas etwas weniger freundlich als zuvor. Und wieder gehen wir in sein Büro. Bereitwillig hält er Püppie die Tür auf, und ohne, dass er etwas sagen muss, stiefelt sie munter herein und fläzt sich in den Stuhl.

      Laut schmatzend beobachtet sie, wie Jonas um den Schreibtisch geht. Und ja, ich sehe genau, wie sie seinen knackigen Hintern begutachtet und klassifiziert.

      Wie billig ist das denn, bitteschön? So etwas macht man doch nicht.

      Zuckerschnittchen bleibt stehen und fragt höflich: »Frau Sonntag, kann ich Ihnen etwas zu trinken anbieten. Wasser, Kaffee, Tee … Bier?«

      Ein seltsames Grinsen legt sich auf sein Gesicht, das irgendwie nicht echt wirkt und mich vermuten lässt, dass ich mich wegen der Kleinen nicht mehr groß ins Zeug werfen muss.

      Nach einer wieder eingesaugten Kaugummiblase erscheint ein Strahlen auf Püppies Gesicht. »Nein, doch kein Bier am Morgen. Aber zu einem kleinen Schluck Wodka sag ich nicht Nein.«

      Wodka?! Morgen?! Es ist fünfzehn Uhr! Ja, meine Vermutung war richtig, die hohle Nuss schafft es von ganz allein, die Stelle nicht zu bekommen.

      »Tut mir leid, Frau Sonntag, ich denke, wir können das Gespräch hier schon beenden.« Mit einem leicht säuerlichen Ausdruck kommt Jonas wieder hinter dem Schreibtisch hervor.

      Püppie, die die Welt nicht versteht, erhebt sich und pöbelt los: »Warum das denn? Jetzt bin ich extra so früh aufgestanden …«

      Ich unterbreche sie, indem ich den Riemen ihrer Umhängetasche löse und diese, wie erhofft, auf den Boden poltert. Um Jonas‘ Absichten zu festigen, lasse ich aus der geöffneten Tasche ein paar kleine Schnapsflaschen rausrollen, volle und leere.

      Und schau an, was noch mit hinausschlittert. Hab ich es nicht gesagt? Eine ganze Batterie Kondome.

      »Wow! Wo kommen die ganzen Schnapsflaschen her? Geil, die sind ja noch voll.« Freudig überrascht klaubt die hohle Nuss die Fläschchen vom Boden auf und stopft sie, samt Verhüterlis, wieder zurück in ihre Handtasche des Sittenverfalls.

      Jonas starrt sie nur stumm an und hat keinen einzigen Blick für die Pobacken übrig, die zu ihren Hotpants hinausquellen.

      Ich wage, zu behaupten, dass er das Gleiche denkt wie ich: Auf keinen Fall könne diese Frau seinen Sohn hüten. Die Schnalle würde seine Bar leergesoffen haben, bevor man »Alkoholvergiftung, ab sofort ins Krankenhaus!« auch nur ausgesprochen hätte. Nicht auszudenken, was Max geschehen könnte.

      »Ja, geil«, stimmt Jonas lakonisch zu und deutet mit ausgestreckter Hand zur Haustür.

      Durch das unerwartete Geschenk in ihrer Handtasche hat Püppie glatt vergessen, dass sie eigentlich stinkig ist. Fröhlich nickend, findet sie sogar den Weg zur Tür. Die Verabschiedung fällt kühl und kurz aus, da Jonas das Party-Püppchen aus der Wohnung haben will.

      Kaum ist die Haustür geschlossen, höre ich ihn mit sich selbst sprechen: »Ich habe mich geirrt. Es geht noch schlimmer. Was zur Hölle kommt jetzt? Satans Braut?«

      Nein, mein Lieber, jetzt kommt ein Engel. Ich. Evodie.

      KAPITEL 5

      EIN ENGEL STELLT SICH VOR

      Um nicht mitten auf dem Gehweg, vor der Nase eines Passanten, sichtbar zu werden und damit einen Nervenzusammenbruch bei jemandem auszulösen, entscheide ich mich, lieber zwischen den dichten Büschen in Jonas‘ Vorgarten Gestalt anzunehmen.

      Die Sache mit dem Unsichtbarkeitsmodus ist für meine Arbeit absolut notwendig. Denn so sind wir in der Lage, die Handlungen und Wünsche der Menschen schneller zu verstehen. Unser Tun kann gezielt da eingesetzt werden, wo es von Nöten ist. Wie der Wechsel zwischen den Ebenen von sichtbar zu unsichtbar funktioniert, kann ich nicht genau erklären, aber man kann es sich ungefähr wie bei einem Radio vorstellen.

      Während die Menschen bloß einen einzigen Sender hören können, kann meiner einer zwischen den Sendern wechseln und sogar zwei gleichzeitig lauschen. Ich kann jederzeit in den Sichtbarkeitsmodus wechseln und dennoch Wesen von meiner Art sehen, die auch mich wahrnehmen können.