Liebesengel küssen nicht. Ewa A.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Ewa A.
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783753197180
Скачать книгу
angelegt.«

      Ich will etwas erwidern, aber in dem Moment ertönt der Schulgong, und keine Sekunde später öffnet sich die Tür. Es quillt eine Flut bunter Schulranzen heraus. Unter den wild durcheinander rennenden Kindern versuche ich, mir einen Überblick zu verschaffen – wie auch Susan.

      Sie schwingt sich zielstrebig auf die andere Straßenseite und schnappt sich einen rothaarigen Lockenkopf. Mit einem kurzen Winken verabschiedet sie sich und trottet mit dem Jungen in die gleiche Richtung davon, die Max und ich ebenfalls nehmen müssen. Falls der mal auftauchen sollte.

      Ich warte und bekomme schon langsam Panik, als ich endlich einen Nachzügler erspähe, der Max‘ braunen Haarschopf hat. Er ist einer der Letzten, die das Schulgebäude verlassen. Mit hängendem Kopf schlurft er die Treppe hinunter und gelangt auf den Gehweg. Urplötzlich bleibt er stehen und schaut sich um. Schließlich fällt sein Blick auf mich, und von Weitem kann ich sein fröhliches Zahnlückengrinsen erkennen.

      Auffällig zwinkere ich ihm zu, und er überquert lächelnd die Straße, um den Heimweg anzutreten. Immer fünf Schritte hinter ihm, folge ich seinem Spiderman-Schulranzen, der ziemlich schnell davonwackelt – für so kurze Beine.

      KAPITEL 8

      EIN NACHMITTAG VOLLER

      GEFÜHLE

      Vor der Eingangstür seines Zuhauses zieht Max seinen Schulranzen aus und fängt an, darin nach dem Türschlüssel zu suchen. Ich steige die Treppe hoch und bleibe hinter ihm stehen. »Hallo, Max, alles klar?«

      Er hebt seinen Kopf, und ein freundliches Strahlen erscheint auf seinem runden Jungengesicht.

      »Hallo, Evodie. Ja, ich muss nur noch den blöden Schlüssel finden.« Abermals versenkt er den Kopf in seinem Ranzen, bis ich ihn mit kratziger Jungenstimme rufen höre: »Ah … da ist er.« Stolz zieht er den Schlüssel heraus und lässt ihn vor seiner Nase baumeln.

      »Super. Dann brauch ich doch nicht durchs Fenster zu krabbeln«, erwidere ich trocken.

      Max kichert. »Nein. Das geht doch gar nicht, die sind alle verschlossen. Da wärst du nie reingekommen.«

      Ich kann es nicht lassen, vor dem kleinen Kerl anzugeben. »Hast du eine Ahnung! Ich komme überall rein, wenn ich will.«

      Max schließt umständlich die Tür auf, und ich folge ihm in den kühlen Flur. Jonas‘ Aftershave liegt in der Luft, was meinen Magen in Schwingungen versetzt.

      »Papa, wird gleich mit der Pizza kommen«, sagt Max und geht die Diele entlang bis zu der Treppe, die ins Obergeschoss führt.

      Auf der untersten Stufe stellt er seinen Schulranzen ab und öffnet auf der linken Seite des Flures die Tür, die uns direkt ins Esszimmer führt. Ein langer, moderner Holztisch mit acht hellen Lederstühlen steht vor einer Glasfront, hinter der man den wunderschön grünen Garten ausmachen kann. Die Küche schließt direkt an den Essbereich an, und nur eine Theke mit drei Hockern grenzt den dahinterliegenden Kochbereich ab. Der große Raum wirkt durch die hellen Farben und die großen Fenster freundlich. Max öffnet den Riegel einer breiten Terrassentür und schiebt sie lautlos zur Seite. Vogelgezwitscher und eine laue Sommerbrise dringen zu uns herein.

      »Wo sollen wir essen, Evodie? An der Theke oder am Tisch?«, fragt mich Max und wuselt geschäftig in die Küche. Seine braunen Haare flattern bei jeder Bewegung, und auf seinen Wangen liegt ein erfrischendes Rosa. Man sieht ihm an, dass er aufgeregt ist, einen Gast zu haben. Ich parke meine Handtasche auf einem der Stühle und schlendere zu ihm in die Küche, wo er sich bereits einen Hocker besorgt hat, um an die höher gelegenen Schränke zu kommen.

      »Wo würdest du denn am liebsten essen?«, antworte ich mit einer Gegenfrage.

      Max schaut zur Theke und leise überlegt er: »Normalerweise essen Papa und ich immer dort drüben, an der Theke, aber heute Mittag würde ich gern am Tisch sitzen.«

      Seine Augen schillern blau, und ich schlucke den Kloß im Hals hinunter. Natürlich will Max am Tisch essen, so wie es jede Familie, mit Vater Mutter und Kind, tun würde.

      »Gute Idee, Max, da können wir uns besser unterhalten«, lächle ich zustimmend und helfe ihm, drei Teller aus dem Schrank zu holen. Max sagt mir, wo die Gläser zu finden sind, während er das Besteck hinlegt. Er platziert gerade das letzte Messer, als wir Jonas rufen hören.

      »Hallo, jemand zu Hause?«

      »Ja. Papa!«, schreit Max und saust zur Tür, die in den Flur geht.

      Jonas spickt zu uns herein. In einer Hand hält er drei Pizza-Schachteln, und mit der anderen verstrubbelt er fröhlich lachend seinem Sohn die Haare. Dieser stößt schließlich die Tür ganz auf, damit sein Vater eintreten kann.

      »Hey, Großer, hat alles gut geklappt?« Mit einem fragenden Ausdruck sucht Jonas meinen Blick, und ich nicke unmerklich, weil ich Max nicht ins Wort fallen will, der liebevoll seinen Vater umklammert.

      »Kein Problem, Papa. Evodie hat vor der Schule auf mich gewartet. Und wie versprochen, hat sie mich nach Hause begleitet, ohne mit mir zu reden.«

      »Cool«, meint Jonas dazu, und seine Lippen formen ein lautloses »Danke« in meine Richtung.

      Ich zucke vielsagend mit den Achseln und nehme meinem Chef die Pizzas ab, die ich auf den Esstisch stelle. Zügig zieht Jonas sein Jackett aus und hängt es über einen der Barhocker.

      Die Herren stellen sich rechts und links neben mich, und zu dritt begutachten wir unsere Mahlzeit in den Kartons, die ihren köstlichen Duft nach gebackenem Brot, Käse und Tomaten verbreitet.

      »Mmmh, lecker«, wispert Max, während ich genau das Gleiche denke und Jonas‘ Anwesenheit überdeutlich an meiner rechten Seite wahrnehme.

      Er hat seine Hemdsärmel hochgekrempelt und hilft mir mit den Verpackungen, wobei sich unsere Unterarme immer wieder berühren. Zart kitzelnde Blitze schlagen dort auf meiner Haut ein, wo ich seine Wärme spüre.

      Um meine durcheinandergeratenen Gefühle auf den Teppich zurückzuholen, wende ich mich an Max. »Genau das wollte ich auch gerade sagen.«

      Gemeinsam verteilen wir die verschiedenen Pizzen auf unseren Tellern, und ich nehme gegenüber von Jonas Platz, der mir mit einem herrlichen Lächeln die Gehirnwindungen leerfegt. Dümmlich blinzelnd erwidere ich seinen Blick und könnte insgeheim schwören, dass er mit seinem Grinsen noch einen Zahn zugelegt hat, damit ich noch verlegener werde. Zu meiner Rettung reißt Max das Gespräch an sich.

      »Heute gab es mal wieder Ärger«, schmatzt er und genießt es sichtlich, zwei Zuhörer zu haben. »Der rothaarige Junge, ich glaube, Leon heißt er, wurde zum Rektor gebracht.«

      Wachsam beobachte ich Jonas, denn das war gar kein guter Einstieg für Leon, der Susans Sohn sein musste.

      »Nanu, warum das denn?«, fragt Jonas mit zusammengezogenen Brauen.

      Max genehmigt sich erstmal einen ausgiebigen Schluck von seinem Mineralwasser, bevor er spricht. Er kämpft gegen die Kohlensäure an, die in seiner Speiseröhre aufsteigt, was man ihm auch ansieht und mich schmunzeln lässt.

      »Ein Viertklässler hat Leon geärgert, weswegen er dann auf ihn losgegangen ist.«

      »Ganz schön mutig, der war doch bestimmt zwei Köpfe größer als dieser Leon, oder?«, wage ich einzuwerfen, um etwas Positives über Leon anzubringen.

      »Ja, aber das stört den Leon nicht, ich glaub, wenn der sauer ist, würd er auch gegen ‘ne Wand rennen«, sagt Max, ohne zu zögern.

      Jonas‘ kritischer Blick wird noch ernster. »Das ist nicht mutig, sondern … jähzornig, würde ich sagen.«

      Meine Augen werden schmal, als ich Jonas ins Visier nehme. »Wer weiß, was der Junge durchgemacht hat. Ich habe heute Morgen vor der Schule seine Mutter kennengelernt, und sie macht einen ganz netten Eindruck. Ich glaube, sie ist ebenfalls alleinerziehend.«

      Unverhohlen stiert Jonas