Gungo Large - Spiel mir das Lied vom Troll. Thomas Niggenaber. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Niggenaber
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754118160
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in unserer friedlichen Stadt damit natürlich nur sehr wenig Erfolg haben.«

      Die Mine des Bürgermeisters erhellte sich und plötzlich schenkte er mir sogar ein Lächeln, welches allerdings so falsch war wie ein rostender Goldbarren. »Nun, Mister Large, ich hätte da vielleicht einen passenden Job für Sie – eine kleine Aufgabe außerhalb der Stadt, die mehr als nur angemessen bezahlt wird. Mit dem Geld könnten Sie danach irgendwo neu anfangen, egal wo, Hauptsache weit weg von hier. Ein Pferd und etwas Proviant bekämen Sie von mir ebenfalls zur Verfügung gestellt. All das natürlich nur unter der Voraussetzung, dass Sie danach nie wieder – und ich meine nie wieder – nach Copperhole zurückkehren.«

      Der Bürgermeister ging wieder hinter seinen Schreibtisch und setze sich, während ich ihn argwöhnisch beobachtete. Seine unerwartete Hilfsbereitschaft weckte das Misstrauen in mir, so wie es mir entgegengebrachte Wohltätigkeit grundsätzlich tut.

      »Und was wäre das für ein Job?«, wollte ich wissen. »Irgendein Verlies von Riesenspinnen befreien, ein verwunschenes Artefakt suchen oder irgendwelche Schmuckstücke in heiße Lava schmeißen?«

      Bürgermeister und Sheriff sahen mich irritiert an.

      »Wie kommen Sie denn auf so abstruse Ideen?«, fragte Honesty. »Kommt das vom Alkohol? Na egal, natürlich ist es nichts derart Groteskes. Sagt Ihnen der Name Athuro etwas?«

      Ich nickte. »Colonel Don Athuro, natürlich, wer kennt den Namen nicht? Er ist der größte, mächtigste und reichste Rancher hier in der Gegend. Im Grunde gehört ihm der halbe Westen Avaritias.«

      »Und außerdem ist er mein Cousin«, fügte Honesty hinzu. »Er hat mich gebeten, ihm einen Zwerg zu schicken, der sich im Umgang mit Schusswaffen gut auskennt und der sich selbst zu helfen weiß. Nach allem, was ich über Sie gehört habe, wäre ein Raufbold wie Sie wohl genau der richtige Mann.«

      »Sie haben so einflussreiche Verwandtschaft?«, wunderte ich mich. »Und trotzdem haben Sie es nur zum Bürgermeister eines so winzigen Kaffs gebracht? Irgendwie traurig. Was für eine Aufgabe hat Ihr Cousin denn nun für mich?«

      Honesty ignorierte meine spitze Bemerkung und beschränkte sich etwas säuerlich dreinblickend auf die Beantwortung meiner Frage. »Das wollte er mir nicht verraten. Als Verwandter bin ich dennoch dazu verpflichtet, seinem Wunsch nachzukommen. Die Details müssten Sie also mit ihm selbst besprechen. Wie Sie vielleicht wissen, liegt seine Ranch etwa einen Tagesritt von hier entfernt. Nun, was sagen Sie?«

      Ich ließ mir mit meiner Antwort etwas Zeit, obwohl ich mich eigentlich schon entschieden hatte. Ein Pferd, Proviant und eine Menge Geld – mir gingen tatsächlich die Argumente aus, um meinen Hintern nicht aus der Stadt bewegen zu müssen. Zudem war dies ein Angebot, das ich eigentlich gar nicht ablehnen konnte. Die Alternativen waren zwar gar nicht zur Sprache gekommen, doch sie würden wohl allesamt nicht gerade angenehm für mich sein. Der Bürgermeister würde wohl nicht zögern, mich ohne einen Cent in der Tasche oder einen Gaul unter dem Hintern aus der Stadt zu jagen. Vielleicht würde er mich vorher auch noch eine geraume Zeit lang in der Zelle schmoren lassen.

      Honesty wartete ungeduldig mit seinen Fingern auf den Schreibtisch klopfend auf meine Antwort. Ich hatte Durst und die Unterhaltung fing an, mich zu langweilen. Also stimmte ich zu.

      »Hervorragend!« Jogrund Honesty war sichtlich erfreut. »So soll es sein! Der Sheriff wird Sie hinausbegleiten und sich um alles Weitere kümmern. Aber lassen Sie es mich noch einmal ganz klar und deutlich sagen: Nie wieder! Dies war also definitiv unsere letzte Begegnung, womit wir beide wohl sehr gut leben können.«

      »Sag niemals nie«, dachte ich. Dem Bürgermeister nickte ich als Abschiedsgruß aber nur stumm zu.

      »Auf Nimmerwiedersehen!«, rief dieser mir noch nach, als ich gemeinsam mit McHardy sein Büro verließ.

      Vor dem Rathaus sah mich der Sheriff mit einem klitzekleinen Funken Bedauern im Blick an. »Irgendwie wirst du mir fehlen, Gungo. Ohne dich werde ich nur noch halb so viel zu tun haben.«

      »Dann kannst du deinen beschissenen Gehilfen ja entlassen«, scherzte ich und der Ordnungshüter grinste.

      »Pass auf dich auf«, riet er mir. »Ich weiß, du bist unschlagbar mit dem Schießeisen, doch du neigst dazu, dich selbst in die Scheiße zu reiten.«

      Er streckte mir seine Hand entgegen und ich ergriff sie.

      »Auf den Abschiedskuss möchte ich aber verzichten«, wandte ich ein.«Dabei muss ich immer weinen.«

      McHardy grunzte vergnügt. »Du bist ein Idiot. Willst du sofort los?«

      Ich schüttelte den Kopf. »Gib mir noch ein wenig Zeit, ich habe da noch etwas zu erledigen.«

      Etwa zwei Stunden später fühlte ich mich wie ein neuer Zwerg. Ich saß auf dem Rücken meines eigenen Pferdes und trug meinen Revolver, ein frisches Hemd sowie meinen schönen schwarzen Hut. Diesen hatte ich in einer Schnapslache unter dem Tresen des Saloons wiedergefunden. Die drei Whisky, die ich mir bei dieser Gelegenheit gegönnt hatte, sorgten für ein wohliges, warmes Gefühl in mir.

      Der Apfelschimmel, den sie mir gegeben hatten, war zwar nicht mehr der Jüngste, auch nicht der Schnellste und schon gar nicht der Schönste, doch er schien robust zu sein und einen gutmütigen Charakter zu besitzen. Keine Luxusklasse also, aber ein solides, zuverlässiges Modell, das einen nicht so schnell im Stich ließ und seinen Reiter genau dort hinbrachte, wohin er auch wollte. Leider fiel mir kein passender Name für das gute Tier ein. Ich war jedoch zuversichtlich, dass mir da noch etwas Originelles einfallen würde.

      Ein letztes Mal bevor ich nach Süden zur Tolemak-Ranch aufbrach, warf ich einen Blick zurück nach Copperhole, der kleinen Siedlung im Schatten eines namenlosen Berges, den die Zwerge auf ihrer Suche nach Kupfer nahezu vollständig ausgehöhlt hatten. Hier war ich zur Welt gekommen, hier hatte ich meine Kindheit verbracht und hier hatte ich die Menge eines Ozeans an Fusel gesoffen. Bis auf die Zeit bei der Army hatte ich hier mein ganzes Leben verbracht. Jetzt im Licht der hoch stehenden Sonne, sah dieser Ort fast schon idyllisch aus – na ja, zumindest so idyllisch wie ein paar Holzhütten am Fuß eines kahlen, grauen Berges eben aussehen können.

      Doch es war nicht die Wehmut, die mich ergriff und auch nicht die Traurigkeit. Es war etwas ganz anderes, das mich beschäftigte.

      Ich fragte mich, wie die Anwohner des kleinen Städtchens wohl auf den Anblick des splitternackten Zwergs reagierten, der genau in diesem Augenblick geknebelt und auf dem Rücken eines Ochsen festgebunden durch die Ortschaft trabte und zwischen dessen blanken Arschbacken der Stern eines Hilfssheriffs steckte.

      5

      Der Elf war in Eile.

      Er war am Rand des Dorfes gelandet und hatte seinen Greif bei den anderen in ihrem Gatter gelassen. Von der Neugier getrieben, mehr über die Bedeutung der Rauchzeichen zu erfahren, hastete er nun durch das Elfendorf, in dem ansonsten alles seinen gewohnten Gang ging. Frauen saßen vor ihren Tipis und tratschten, bereiteten Mahlzeiten zu oder flochten Körbe. Die Krieger, die nicht unterwegs waren, befiederten ihre Pfeile oder gerbten die Felle erlegter Bisons und die Kinder tollten zwischen den Tipis herum. Sie spielten Cowboy und Elf oder ließen ihre kleinen, gelben Nagetiere in selbstgebauten Arenen aus kleinen Ästen und Steinen gegeneinander kämpfen. In der Prärie fingen sie diese Viecher, die sie aus unerfindlichen Gründen Taschenmonster nannten.

      All das interessierte den Greifenreiter jedoch nicht. Er war nur bestrebt, möglichst schnell den Häuptling zu erreichen.

      »Hab Dank, dass du so schnell gekommen bist«, sprach dieser dann auch, als der Elf sein Tipi betrat. »Komm, setz dich zu uns, wir haben Wichtiges zu palavern.«

      Stehender Gaul, Häuptling der Moonytoads, war nicht allein in seinem großen Zelt aus Bisonhaut, dessen Inneres mit edlen Fellen ausgelegt und mit bunten Webarbeiten sowie anderem kunstvollen Tand geschmückt war. Neben ihm saß der oberste Schamane des Dorfes, ein abnormal dürrer, uralter Elf namens Träumender Lurch, der wie immer einen etwas abwesenden Eindruck machte. Der Häuptling trug seinen prächtigen Kopfschmuck aus Adlerfedern nicht - das