Gungo Large - Spiel mir das Lied vom Troll. Thomas Niggenaber. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Niggenaber
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754118160
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Tag das Muhen dieser verdammten Rindviecher hören muss. Vielleicht sollte man ihnen allesamt die Stimmbänder durchschneiden lassen!«

      Sie verließ das Zimmer endlich wieder und ich entspannte mich in gleichem Maße, wie es auch der Colonel tat. Dieser schlich ein paar Sekunden später zur Zimmertür und warf vorsichtig einen Blick hinaus, so als wollte er sichergehen, dass seine Frau auch wirklich nicht mehr in der Nähe war.

      Danach lächelte er mich etwas verlegen an. »Meine Frau kann mitunter recht barsch sein. Nicht auszudenken, was passieren würde, sollte Gundel nicht mehr heimkommen. Sie verstehen nun sicher, warum mir so viel an der Rückkehr meiner Stieftochter liegt.«

      »Oh ja!« Ich lächelte ebenfalls – allerdings weder verlegen noch freundlich, sondern eher heimtückisch. »Dreitausend war Ihr letztes Wort, richtig? Spesen natürlich extra und im Voraus.«

      Athuro verzog sein Gesicht, als hätte er plötzlich Magenkrämpfe, dann stimmte er jedoch anstandslos zu.

      Innerlich triumphierend ließ ich mich wieder in den Sessel sinken. »Haben Sie irgendeine Idee, wo ich mit meiner Suche beginnen soll?«

      »Das habe ich in der Tat.« Der Colonel platzierte sich auf der Kante seines monströsen Schreibtischs. »Soweit ich informiert bin, gehört Gundels Entführer dem Stamm der Moonytoads an. Bei denen sollten Sie mit Ihren Nachforschungen beginnen.«

      Ich kramte mein Wissen über die Stämme der Elfen aus meinem Gedächtnis hervor. »Die Moonytoads? Deren Gebiet liegt sehr weit im Osten, hinter dem Seven-Hills-Gebirge. Ich werde wohl einige Tage unterwegs sein.«

      »Sie sollten die Eisenbahn nehmen«, schlug Athuro vor. »Die Gleise führen mittlerweile weit in das Gebiet der Moonytoads hinein. Von Hoochtown fährt ein Zug nach New Solitude, nahe der Grenze zum Gebiet der Wilden. Leider endet die offizielle Bahnstrecke dort.«

      Er ging um den Schreibtisch herum, nahm ein Blatt Briefpapier aus einer Schublade und begann, mit einem goldenen Füllfederhalter etwas darauf zu schreiben.

      »Mir gehören jedoch einige Anteile der Eisenbahngesellschaft. Wenn Sie ein Schreiben mit meiner Unterschrift bei sich führen, wird man Ihnen gestatten, von New Solitude mit dem Güterzug zur Baustelle am Ende der Strecke weiterzureisen.«

      Er setzte seine Signatur unter das Schreibstück, dann faltete er es zusammen und steckte es in einen Briefumschlag. »Dann wären Sie auch schon da – mitten im Gebiet der Moonytoad-Elfen.«

      »Klingt gut«, gab ich zu. »Nach Hoochtown schaffe ich es mit dem Pferd in ein paar Stunden. Alles in allem wäre ich dann höchstens ein, zwei Tage unterwegs. Die Schwierigkeiten werden dann allerdings erst ihren Anfang nehmen.«

      »Sie werden schon damit fertig, da bin ich ganz sicher. Dreitausend kleine Anreize für Ihre Bemühungen werden hier auf Sie warten.« Athuro steckte einige Geldscheine zu dem Schriftstück. »Ihre Spesen«, erklärte er, dann reichte er mir den Umschlag. »Dann hätten wir wohl alles besprochen. Ich erwarte Sie in Begleitung meiner Stieftochter zurück.«

      Ich erhob mich, setzte meinen Hut auf und berührte dessen Krempe kurz mit dem Zeigefinger. »Alles klar, ich komme mit ihr wieder, keine Frage.«

      Natürlich verließ ich das Arbeitszimmer nicht, ohne mir vorher den Rest Whisky aus meinem Glas zu gönnen und als ich alleine durch die Eingangshalle ging, fragte ich mich, ob ich jemals wieder so einen guten Tropfen würde kosten dürfen.

      Dieser Whisky, das luxuriöse Haus, all dieser Reichtum und Pomp – für einen kurzen Augenblick beneidete ich den Colonel. Dann dachte ich an seine Frau, sah sie kurz vor mir und spürte das Unbehagen wieder, welches ihre Gegenwart in mir verursacht hatte. Der Neid verflog im Nu. Für kein Geld der Welt hätte ich mit Don Athuro tauschen wollen.

      Vor dem Haus erwartete mich eine Überraschung in Form einer mir bekannten, grünhäutigen Gestalt. Es war der Ork, der mir gemeinsam mit seinem Kollegen einen so herzlichen Empfang auf der Tolemak-Ranch bereitet hatte. Er stand da wie ein reuiger Sünder, seinen Sombrero mit beiden Händen vor dem Bauch haltend und nervös von einem Bein auf das andere tretend. Um ihn herum befanden sich unzählige, tiefschwarze Speichelflecken.

      »Hallo Mister«, stammelte er. Beschämt schaute er dabei auf seine Stiefelspitzen. »Ich … ich wollte mich dafür 'tschuldigen, dass wir Sie für einen ollen Menschen gehalten haben.«

      Ich sah von der Veranda auf ihn herab, denn offenbar wagte er es nicht, diese zu betreten. »Ich fand es eigentlich wesentlich unfreundlicher von euch, mich umlegen zu wollen«, stellte ich fest.

      »Auch dafür möchte ich mich 'türlich 'tschuldigen.«

      Er sah mich verlegen an. »Und ich möchte Sie auch noch was fragen.«

      »Na dann schieß los«, forderte ich ihn auf.

      Der Ork wich erschrocken zurück. »Nee, nee, ich möchte nicht auf Sie schießen! Ich weiß doch, dass Sie das viel besser können als ich. Bin doch nicht doof!«

      Letzteres wagte ich ernsthaft zu bezweifeln. »Deine Frage – stell sie einfach.«

      »Ich habe gehört, dass Sie die junge Miss Gundel suchen sollen. Ich würde Sie gerne begleiten. Wäre das möglich?«

      Ich sah den Ork verwundert an. Mit solch einer Bitte hatte ich nicht gerechnet. »Und warum möchtest du das?«

      »Ähm«, er senkte wieder seinen Blick, »an dem Abend als Miss Gundel entführt wurde, hatte ich Wache. Der Entführer hat mir voll eine übergebraten und dann hat er meine Schrotflinte geklaut. Ich will sie wiederhaben!«

      »Du willst die Ranch verlassen und mir folgen, nur wegen einer Flinte?«, wunderte ich mich. »Ist die dir so wichtig?«

      Der Ork nickte eifrig. »Oh ja! Mein Uropa hat sie gebaut und mein Vater … Äh … hat sie mir vermacht.«

      Der Gedanke an seine gestohlene Waffe schien den Ork in Wut zu versetzen, denn seine Stimmlage änderte sich dementsprechend. »Sie gehört mir, nur mir! Sie ist mein Schatzzzz!« Den letzten Konsonant sprach er irgendwie komisch aus, etwas zu sehr in die Länge gezogenen. Danach wurde er jedoch wieder ruhiger. »Und da ist noch etwas ...« Er druckste herum, so als wäre dies ein Thema, über das er nicht wirklich sprechen wollte.

      Mir mangelte es an Geduld, deshalb half ich ihm. »Du willst deinen Fehler von jenem Abend wiedergutmachen, nehme ich an?«

      »Ja genau!« Er sah mich erstaunt an. »Sie sind aber wirklich schlau Mister! Ich war unvorsichtig und dumm an dem Abend. Ich schäme mich deshalb. Außerdem schaut mich Miss Ginvera deshalb immer ganz böse an.«

      Ich grinste, ging die Treppe von der Veranda zu ihm hinab und schlug ihm auf die Schulter. »Das solltest du nicht persönlich nehmen, die schaut wahrscheinlich jeden so an.«

      Auch im wulstigen Gesicht des Orks erschien nun ein Ausdruck der Belustigung. »Aber echt, ey! Sie ist ja auch eine Hexe!«

      Obwohl es sich der grünhäutige Bursche nicht wirklich erlauben konnte, über das Aussehen anderer Leute zu urteilen, stimmte ich zu. »Eine Schönheit ist sie wahrlich nicht.«

      Wie ein Verschwörer beugte sich der Ork nun zu mir.

      »Das meine ich nicht«, flüsterte er. »Sie ist wirklich eine Hexe! Einige Jungs haben gesehen, wie sie mit Tieren spricht, andere, wie sie Sachen herbeigezaubert hat. Den Colonel soll sie sogar verhext haben, damit er sie heiratet. Blöde Hexe. Öde, blöde Hexe!«

      Ich war nicht geneigt, diesem Getratsche unter Viehtreibern Glauben zu schenken.

      »Ach was«, sagte ich deshalb. »Der Colonel wird schon seine Gründe haben, weshalb er mit ihr zusammenlebt. Auf dieser Welt gibt es wohl für jeden das passende Gegenstück. Wahrscheinlich gibt es irgendwo sogar ein Wesen, das einen Lapsus der Natur wie dich gerne haben könnte.«

      »Sie sagen wirklich nette Sachen zu mir«, freute sich die Grünhaut wider Erwarten. »Das hat noch nie jemand getan. Ich würde wirklich gerne mit Ihnen gehen!«

      Ich zögerte zunächst, dem