Gungo Large - Spiel mir das Lied vom Troll. Thomas Niggenaber. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Thomas Niggenaber
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754118160
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guten Händen.«

      Die Sorge des anderen Bewusstseins schwand ein wenig. »Und Sie sind sicher, dass Ihre Kontakte unser Problem aus der Welt schaffen können?«

      »Aber natürlich!« Der Vorsitzende verströmte bedingungslose Zuversicht. »Die haben im Beseitigen von Schwierigkeiten schon so einiges an Erfahrungen gesammelt. Wenn man denen einen Auftrag erteilt, pflastern hinterher Leichen ihren Weg und das Auftragsziel ist nur noch ein Fressen für die Geier.«

      »Das ist gut zu hören, Vorsitzender. Es war also richtig, Sie sofort zu informieren!« Die Besorgnis war nun vollständig aus der anderen Existenz gewichen. »Darf ich mich abschließend noch danach erkundigen, wie es um die anderen Belange unserer Unternehmung bestellt ist?«

      Diese Frage ließ die Aura des Vorsitzenden nun voller Enthusiasmus und Freude erstrahlen. »Hervorragend, es läuft alles wie geplant! Unser Nachwuchs macht sich prächtig und unser Neuzugang ist mit Leib und Seele bei der Sache. Sie hätten sehen sollen, wie mühelos die beiden die neuen Kämpfer für unsere Sache rekrutiert haben. Bald schon ist diese Truppe einsatzbereit und der nächste Schritt unseres Plans kann starten. Unsere Ziele sind also beinahe schon zum Greifen nah und dieser lächerliche Säufer Large wird garantiert nichts daran ändern.«

      Sein Optimismus schien auf den anderen Teilnehmer dieser seltsamen Unterredung überzugreifen. Der Vorsitzende fühlte einen Hauch von Zufriedenheit in dessen Aura. »Habt Dank für diese Auskunft und dieses Gespräch!« Die Präsenz des anderen Bewusstseins begann schwächer zu werden, wie Nebel, der sich im Wind verflüchtigt. »Ich freue mich schon auf unsere nächste Begegnung, ob nun hier oder in der wirklichen Welt. Ruhm und Macht der DGojH!«

      »Ruhm und Macht der DGojH!« erwiderte der Vorsitzende den Gruß. Dann war er wieder allein in der fremdartigen Dimension. Da es in dieser ohne Gesellschaft recht langweilig war, kehrte sein Geist umgehend in seinen Körper zurück. Etwas geschwächt und noch etwas benommen öffnete er seine Augen.

      Wie er es nicht anders erwartet hatte, fand er sich auf dem Boden sitzend in seinem Zelt wieder. Selbiges wurde lediglich von einer ebenfalls auf dem Boden stehenden schwarzen Kerze erhellt, die auf dem Totenschädel eines Menschen befestigt war. Der Schwarze Vorsitzende blies die Kerze aus, woraufhin sie einen süßlichen, beinahe berauschenden Duft verbreitete. Dann nahm er die Watte aus den Ohren und während er noch etwas im Dunkeln verharrte, dachte er angestrengt nach.

      Die lauten Geräusche der Baustelle drangen zu ihm in das Zelt, während er sich immer wieder die gleiche Frage stellte: Gungo Large – woher nur kannte er diesen Namen?

      8

      Die zwei Elfen erreichten erst im Zwielicht der untergehenden Sonne den Bestattungsort der Moonytoads, der auf einer kleinen Anhöhe in der sonst ebenen Prärie lag.

      Schon jetzt warfen die mannshohen Holzgestelle, auf denen traditionsgemäß die Toten aufgebahrt wurden, lange, bizarre Schatten in das trockene Gras. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die kommende Dunkelheit diese Schatten verschlingen würde. Für eine Begutachtung dieses Ortes und der Suche nach Hinweisen oder Spuren war es also nicht gerade die bestmögliche Tageszeit. Früher wäre Träumender Lurch jedoch nicht dazu in der Lage gewesen. Nach seiner anstrengenden Unterredung mit den Ahnen und dem noch anstrengenderen, maßlosen Verzehr von Honig hatte ihn eine starke Müdigkeit übermannt, welcher er unmöglich hatte widerstehen können.

      Erst am späten Nachmittag war er wieder aus seinem Schlummer erwacht. Dann jedoch hatte er sich schnellstmöglich und in Begleitung von Finstere Krähe, dem Wächter über die Toten, auf den Weg gemacht.

      Wesentlich schneller noch hätte dieser Aufbruch vonstattengehen können, hätte Finstere Krähe nicht darauf bestanden, dass sich der Schamane zumindest eine Hose anzog und sich seinen Umhang aus Bisonfell überwarf. Doch dafür war der greise Elf seinem Begleiter nun dankbar. Die Luft wurde zunehmend kälter und ein frischer Wind blies durch die hölzernen Totenstätten, derer es hier viele Hundert gab. Den ekligen, faulig-süßen Geruch von Verwesung trug dieser Wind den zwei Elfen entgegen, nur leicht gemildert durch die aromatischen Kräuter, mit denen die Moonytoads ihre Toten einbalsamierten.

      Träumender Lurch witterte jedoch noch etwas anderes an diesem Ort. Es war etwas, das nur die übernatürlich geschulten Sinne eines Schamanen wahrnehmen konnten. Er hätte es weniger als einen Geruch beschrieben, sondern eher als eine Art schwacher Energie, die seine Nasenschleimhaut kitzelte, so wie es eine allergische Reaktion tut. Ganz eindeutig identifizierte er diese Energie als die Reste einer ihm unbekannten Form von Magie.

      »Es ist unheimlich heute«, stellte Finstere Krähe fest, während sie langsam durch die Reihen der aufgebahrten Leichname gingen. »Wir sollten morgen früh wiederkommen, wenn es heller ist.«

      »Für einen Wächter der Toten bist du ein ziemlicher Schisser!« Träumender Lurch grinste hämisch. »Hast du dich nach all den Jahren noch immer nicht an die Toten gewöhnt?«

      Der Totenwächter blieb neben einem der Gerüste stehen, auf dem eigentlich ein toter Elf hätte liegen müssen, das aber nun aus mysteriösen Gründen verlassen war. »An die Toten schon – an Tote die davonlaufen allerdings nicht.«

      Mit einer Behändigkeit, die für sein Alter fast schon absurd war, erklomm der Schamane das Holzkonstrukt, um es näher in Augenschein zu nehmen.

      »Du siehst das völlig falsch«, bemerkte er. »Noch weniger als die Toten muss man die Toten fürchten, die gar nicht mehr da sind.«

      Ein Hauch von Stolz erfüllte den Alten aufgrund dieses – seiner Meinung nach – unheimlich tiefsinnigen Satzes. Auf Finstere Krähe schien dieser jedoch keinerlei beruhigende Wirkung zu haben. Dass irgendwo in weiter Ferne nun auch noch einige Kojoten damit anfingen, den hereinbrechenden Abend mit schaurigem Geheul zu begrüßen, trug offenbar auch nicht gerade zu seiner Beruhigung bei.

      Den Schamanen hingegen ließ diese unheimliche Atmosphäre gänzlich kalt. Er untersuchte weiter mit konzentriertem Eifer und erstaunlichen Kletterkünsten die Totengestelle.

      Bei deren Gestaltung hatte man den Hinterbliebenen völlig freie Hand gelassen. Demzufolge reichte die Palette an Verzierungen auch von nicht vorhanden über schlicht und einfach bis gepimpt bis zum Anschlag. Letzteres war eine offensichtliche Geschmacksverirrung der Angehörigen, die sich in einer Vielzahl bunter Decken, selbst gemachter Papiergirlanden und anderem geschmacklosen Zierrat äußerte.

      Die Ewigkeit auf einer Totenstätte verbringen zu müssen, die einer Jahrmarktsbude zum Verwechseln ähnlich sah, das rief selbst in dem schrulligen Schamanen ein Gefühl der Befremdung hervor.

      Als ebenso merkwürdig empfand er einige der Dinge, die man den Verstorbenen zur Seite gelegt hatte, da sie ihnen wohl zu Lebzeiten besonders ans Herz gewachsen waren. Neben den verschiedensten Waffen, Schmuckstücken oder Werkzeugen handelte es sich hierbei zumeist um irgendwelche Kleidungsstücke. Bei weiblichen Verblichenen waren es meist Schuhe. Ein Leichnam hielt sogar eine kleine, hölzerne Ente in den Händen, die so leicht war, dass sie im Wasser nicht untergehen würde. Ein anderer trug makabre Andenken an den vergangenen Krieg – mehrere abgeschnittene, menschliche und zwergische Finger – als Kette um den fleischlosen Hals.

      Ein Gegenstand, den er auf einem der verlassenen Totengestelle entdeckte, weckte jedoch das besondere Interesse des Schamanen. Es war eine lange, mit kleinen Federn geschmückte Pfeife, die der seinen sehr ähnlich sah. Sie rief in ihm einen vagen Verdacht hervor. Leider war es ihm nicht möglich herauszufinden, wer auf dieser Konstruktion eigentlich hätte bestatten sein müssen. An diesem wie auch an allen anderen Gerüsten gab es keinerlei Namensschilder oder ähnliches. Hilfesuchend wandte er sich deshalb an Finstere Krähe, der noch immer furchtsam um sich blickend und irgendwie nutzlos in der Gegend herumstand.

      »Gibt es eigentlich irgendeine Übersicht, welcher Verstorbene auf welchem Gestell liegt oder liegen müsste?«

      Der Totenwächter nickte. »Klar, der Häuptling besitzt ein Verzeichnis aller Totenstätten mit genauer Positionsangabe und Namen der darauf Bestatteten.«

      »Coole Sache das!« Träumender Lurch