Endstation Sehnsucht. Malcom Brady. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Malcom Brady
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783742750518
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in einer Schlange hinter amerikanischen Touristen, die nörgelnd ein unwichtiges Reiseproblem lösen wollten und trug sein Anliegen vor.

      Er hatte seine Identitätskarte verlegt und auf einem Kreuzfahrtschiff bedeutete der sogenannte Seepass nun einmal alles.

      Die kleine Plastikkarte erlaubte das Betreten und Verlassen der Kabine, das An und Von Bord Gehen des Schiffes und sie war absolut notwendig für jegliche Einkäufe die man an Bord tätigen wollte. Und wenn es sich nur um eine einfache Tube Zahnpasta handelte. Ist man auf einem Kreuzfahrtschiff ohne den Seepass, so gibt es einen praktisch gar nicht. Das Problem wurde jedoch schnell gelöst und er nahm sich vor nach dem Abendessen wieder einmal die gute Musik des bordeigenen Musikers zu genießen. Blues und Rockballaden aus den 60er und 70er Jahren waren genau das, wonach ihm an jenem Abend der Sinn stand, da seine Versuche bei Melba zu landen mehr als ins Stocken geraten waren. Wo war sie überhaupt? Er hatte sie den ganzen Tag noch nicht gesehen. Luis unterhielt sich an der Bar des Zwischendecks ausgiebig mit dem Weltenbummler über Wassersport, Tauchen und Bootsführerscheine. Anscheinend war der so gammlig aussehende Mann ein Ass in diesen Dingen, denn bereits seit mehreren Stunden hockten die beiden nunmehr ununterbrochen zusammen und plauderten.

      

      Das Wetter hatte sich schlagartig gebessert und die lauwarme Luft über dem tiefblauen Atlantik war für die Reisenden an Bord so etwas wie eine besondere Festtagsspeise. Rubén gab wie immer sein bestes. Dazu wurde getrunken, gegessen, getanzt und gesungen. Auch auf den geräumigen Außendecks. So sehr den Passagieren tagsüber das Wetter noch zugesetzt hatte, so gut tat ihnen die wohlige Brise der Nacht. Einzeln oder in Gruppen standen sie an der Reling und atmeten die weiche Luft ein. Auch Melba stand wieder an der Reling und wiegte sich im Klang der coolen Rockmusik. Dabei starrte sie über das von bunten Lampions erleuchtete Bootsdeck und versuchte in der Menschenmenge ein bekanntes Gesicht ausfindig zu machen.

      Efraim, der kurz an Deck gekommen war und sie dort stehen sah, ging auf sie zu. Als sie seine Schritte vernahm, drehte sie sich um. Er beobachtete, wie sie ein ein Taschentuch hervorzog und sich leicht über die Stirn wischte.

      „Das ist der Preis den man in diesen Breitengraden zahlen muss. Es ist die hohe Luftfeuchtigkeit und dazu das salzige Wasser“, sagte er.

      „Mir liegt dieses Klima“, entgegnete Melba sanft. Sie war nur wenig überrascht darüber, dass er sie angesprochen hatte. Efraim griff nach seinen Zigaretten und bot ihr eine an. Sie kam dichter an ihn heran und während er ihr Feuer gab, war sie ihm so nah, dass er den Duft ihres weichen Haares wahrnehmen konnte.

      „Aloe Vera“ sagte er als sie sich lachend eine Strähne aus dem Gesicht strich.

      „Wow, für einen kühlen Seemann besitzen Sie aber ein feines Gespür“, antwortete sie.

      „Sie stammen aus Malaga?“, fragte er.

      „Nein, eigentlich aus Asturien. Ich lebe allerdings schon seit etlichen Jahren an der Costa Blanca. Waren sie schon einmal in Panama?“ Melba deutete auf die blau-weiß rote Fahne am Bug des Schiffes.

      „Ja, zweimal. Ist ein verdammt schönes Land“, antwortete Efraim. Die Flagge der Reederei sagt allerdings schon längst nichts mehr über die Nationalität der Besatzung aus. Zwischen dem Service-Team gibt es hier an Bord eine eindeutige Rangordnung. Die meisten einfachen Seeleute, die Basisarbeiten verrichten, stammen aus dem fernen Osten. Es handelt sich um Chinesen oder Koreaner. Der Kabinen Service, die Küchenhilfen und das Personal am Buffet stammen von den Philippinen oder aus Indien. Im Speisesaal besteht das Service Team zum größten Teil aus Lateinamerikanern, der Oberkellner und der Chefkoch sind jedoch Europäer. Das junge Volk in den weißen Uniformen, welches hinter den Informationsschaltern oder an den Kassen der Boutiquen, Bars und Geschenkartikelläden arbeitet sind Engländer oder Amerikaner und das gleiche gilt für das Animationsteam. Mein persönliches Team mit den ranghohen Offizieren ist eine Mischung aus verschiedenen Ländern und Kulturen. Ich hoffe, ich langweile sie nicht mit meinen Ausführungen?“

      „Aber nein.“

      „Gut. Was halten sie übrigens von einem Cocktail?“

      „Au fein“, erwiderte Melba. „„Hier an Deck oder in den geheiligten Gemächern des Kapitäns?“

      „Wo es ihnen beliebt“, antwortete Efraim und dachte an seinen geräumigen Salon mit der beigefarbenen Ledergarnitur und dem bequemen Ohrensessel auf einem hellen, weichen Spannteppich. Dann war da noch die ganz mit Kirschbaumholz vertäfelten Wände, die geräumigen Einbauschränke, die hochwertige Stereoanlage, seine private Bibliothek, sowie die kleine aber stets gut gefüllte Hausbar. An sein Bett dachte er in diesem Moment nicht. Für die Schlafstätte war sein Schlafzimmer da. Außerdem gab es noch ein separates Arbeitszimmer mit einem wuchtigen, antiken Schreibtisch. Dazu konnte er jeder Zeit auf einen Knopf drücken und der Steward würde kommen und ihn nach seinen Wünschen fragen. Er konnte sogar zu jeder Tages und Nachtzeit auf den Knopf drücken und immer würde jemand erscheinen und sich nach ihm erkundigen. Allerdings hatte er bisher noch niemals einer Dame erlaubt, sein Heiligtum zu betreten. Noch nicht einmal einer Schönheit vom Kaliber Melbas.

      Sie bemerkte sein Zögern und sagte: „Während der ersten Tage sah es so aus als hätte dieses Schiff überhaupt keinen Kapitän, beziehungsweise hatte ich angenommen Passagiere stünden bei ihnen nicht besonders hoch im Kurs und jetzt wollen Sie sich mit mir abgeben?“

      „Das stimmt nun auch wieder nicht! Ich stille meinen Durst auch viel lieber zu zweit als allein.“

      „Und jetzt haben sie ihn also, den Durst?“

      „Nun ja...“

      „Gut, dann lassen sie uns einfach in die Viking Lounge Bar gehen“, schlug Melba vor. Dort waren sie allerdings nicht mehr allein, doch Rubéns erstklassige Rockmusik war mehr als eine Entschädigung.

      Kapitel 5

      „So kann man es aushalten, nicht wahr?“ sagte Luis scherzend zu Claudio, nachdem er angehäuft mit neuem Wissen über Raubfische, Schiffwracks und Motorbootmodelle den Weltenbummler auf dem Außendeck zurückgelassen hatte. Er fand seinen Freund über einer Straßenkarte von Cartagena gebeugt in einem Liegestuhl sitzend auf dem Oberdeck vor.

      „Wo ist eigentlich Melba?“ fügte er dann eher ernsthaft hinzu.

      „Unser „Playmate“ habe ich heute noch nicht zu Gesicht bekommen“, entgegnete Claudio etwas brummig, denn wie gerne hätte er das hübsche Mädchen selbst an seiner Seite gewusst.

      „Na ja, alt genug ist sie ja und sicher wird sie bestens auf sich aufpassen können. Morgen erreichen wir Kolumbien. Sieh dir lieber die Karte von Cartagena an. Die Altstadt ist wirklich eine Wucht. Es existieren noch viele gut erhaltene Gebäude aus der Kolonialzeit. Die Stadt muss einmal ein wichtiger Handelsplatz der Spanier gewesen sein. Auf jeden Fall freue ich mich sehr auf den Landausflug und denke, wir sollten morgen frühzeitig aufbrechen. Im Cruise Kompass steht, dass wir bereits um sechs Uhr in Cartagena anlegen.“

      „Mir ist alles recht Claudio, aber was ist mit Melba?“

      „Keine Ahnung. Lass uns sie suchen gehen. Weit kann sie ja nicht sein. In ihrer Kabine ist sie jedenfalls nicht. Ich habe bereits mehrere Male an ihre Tür geklopft.“

      Sie fanden Melba in der Viking-Lounge Bar. Sie hockte mit dem Kapitän zusammen und hörte konzentriert seinen Erzählungen zu. In der Tat schien sie derart von seiner Geschichte beeindruckt zu sein, dass sie nicht einmal Notiz von ihren beiden Reisebegleitern nahm, die sich auf die freien Barhocker neben dem schwarzen Piano niederließen, welches in ihrer unmittelbaren Nähe stand.

      „…nicht auf der Marilu, aber auf einem anderen Schiff“, hörten sie die Stimme des Kapitäns sagen.

      „Wir fanden ihn eines Morgens an Deck neben dem Kesselschacht.