Personalentwicklung im Bereich Seelsorgepersonal. Christine Schrappe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Christine Schrappe
Издательство: Bookwire
Серия: Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783429060107
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Konzepten von Personalentwicklung als Zyklus von Personalplanung über Qualifizierungsprozesse bis zu Transferoptimierungen darstellen.

      Abbildung 1: Funktionszyklus der Personalentwicklung23

      Im Kontext des Themas dieser Arbeit soll der Begriff der Personalentwicklung ausgeweitet werden. Personalführung, Personaleinsatz und Arbeitsstrukturen werden thematisch beleuchtet als integraler Bestandteil von Personalentwicklung, um ein rein bildungsbezogenes Verständnis von Personalentwicklung zu weiten. Personalentwicklung ist strategisches Instrument der Gestaltung einer Gesamtorganisation. Personalentwicklung spielt nicht nur eine nachvollziehende, sondern impuls- und richtungsgebende Rolle für die Entwicklung der Gesamtorganisation. „Personalentwicklung ist ... nicht nachhinkender Erfüllungsgehilfe für die ‚von oben‘ in Gang gesetzten organisatorischen Veränderungen. Eine moderne Personalentwicklung steht eher in einer antizipativen, mindestens aber parallelen Relation zur Organisationsentwicklung.“24 Das Verständnis von Personalentwicklung als Dienst des Arbeitgebers Kirche muss sich in diözesanen Strukturen niederschlagen. „Personalentwicklung“ kann nicht nur der Name einer Abteilung des Ordinariates sein, sondern muss Leitbild und Handlungsmaxime sein, der sich alle betrieblichen Abläufe, beginnend von Haus- und Schlüsselordnungen über Tarif- und Fortbildungsordnungen bis hin zu Formen der Anstellung oder Verabschiedung von Mitarbeitern, verpflichtet sehen.

      Zu Recht warnt Erzbischof Robert Zollitsch aus seiner Erfahrung als Personalreferent vor einer allzu unbedarften und individuellen Verwendung des Begriffs Personalentwicklung, der diffuse Vorstellungen transportiert. Personalentwicklung darf nicht eingeengt werden auf die Erwartung, besser gefördert zu werden, um einen Zugewinn an Einfluss oder eine höhere Stellung und bessere Bezahlung zu erhalten. Personalentwicklung ist zunächst ein Instrument der Personalführung. „Im Mittelpunkt steht nicht der Einzelne, sondern die zu erledigende Arbeit und letztlich die vorgegebenen Ziele. Diesen werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter untergeordnet.“25

      Der Begriff der Personalentwicklung als Potenzialentwicklung wird im Rahmen dieser Arbeit insofern „entgrenzt“, als er nicht nur verstanden wird als Sammelbegriff für ein Maßnahmenbündel, als Arbeitsstrukturierungsinstrument oder als eigene Bezeichnung einer einzelnen Abteilung innerhalb eines Ordinariates. Personalentwicklung als Beitrag zur Humanisierung und Glaubwürdigkeit des „Unternehmens Diözese“ soll in diesem Kontext vielmehr als eine grundlegende Perspektive und Handlungsmaxime aufgezeigt werden. Personalentwicklung im Sinne von Potenzialförderung eines jeden Mitarbeiters zugunsten der Zukunftsfähigkeit der Organisation muss Maxime jeglichen Leitungshandelns sein und kann nicht an eine „Stabsstelle Personalentwicklung“ oder Fachabteilungen einer Diözese delegiert werden.

      Nicht zuletzt geht es um Entgrenzung von Lernprozessen. Die Realität entstandardisierter Lebens- und Arbeitsbiographien der einzelnen Mitarbeiter und entgrenztes, weil zunehmend nicht mehr steuerbares betriebliches formelles Lernen lässt sich nicht in ein Format traditioneller Weiterbildungsveranstaltungen pressen. Weder Zielvorgaben noch klassische Leitungsstile lassen sich klar definieren. Selbstgesteuertes Lernen findet außerhalb von Fortbildungsmaßnahmen statt. Lernorte haben sich ausdifferenziert, Lernprozesse lassen sich zunehmend schwerer steuern, weil sie in und außerhalb von Seminaren stattfinden, am Arbeitsplatz und in der Freizeit, mit unterschiedlichsten Medien zu nicht festlegbaren Zeiten. Schlüsselkompetenz ist die Fähigkeit zu Selbststeuerung und eigenständiger Problemlösung. Diese zu fördern ist Ziel von Personalentwicklung in einer lernenden Organisation.

      5 Vgl. Murken Sebastian (Hg.), Ohne Gott leben. Religionspsychologische Aspekte des „Unglaubens“, Marburg 2008, 249. Auf der mehrjährig angelegten Internetplattform www.ohneGott.de wurde das Lebensgefühl von sogenannten Atheisten abgefragt und die Antworten wurden ausgewertet. Auffallend war eine „oft verblüffend einfache Gleichung von Kirchenvertreter = Kirche = Religion = Gott“. Im kirchlichen Kontext erlebte Verletzungen werden psychisch pars pro toto bewertet.

      6 MDG Medien-Dienstleistung GmbH (Hg.), MDG-Trendmonitor, Religiöse Kommunikation 2010, Kommentarband I: Erkenntnisse zur Situation von Kirche und Glaube zur Nutzung medialer und personaler Informations- und Kommunikationsangebote der Kirche im Überblick, München 2010, 90.

      7 Ebd., 92.

      8 Ebd., 94f.

      9 Die Befragungen der sogenannten Sinus-Studie machen deutlich, dass ein Großteil der Interviewpartner sich auf Erfahrungen aus dem Kontext der konkreten Pfarrei vor Ort bezieht. Die primäre Assoziation mit Kirche bezieht sich nicht auf Vertreter von Caritas, Bildung oder Verbandsarbeit. Vgl. Spielberg Bernhard, Ladenhüter oder Laboratorium? Milieusensible Pastoral - die letzte Chance für die Pfarrei?, in: Ebertz Michael N. / Hunstig Hans-Georg (Hg.), Hinaus ins Weite. Gehversuche einer milieusensiblen Kirche, Würzburg 2008, 84-91, hier 88.

      10 Vgl. „Schön dass Sie wieder da sind. Eintritt und Wiedereintritt in die evangelische Kirche“, Kirchenamt der EKD (Hg.), 2009 (EKD-Texte 107), 17.

      11 MDG Medien-Dienstleistung GmbH (Hg.), MDG-Trendmonitor, 111.

      12 Ebd., 107.

      13 Ebd., 109f.

      14 Karrer Leo, Erfahrung als Prinzip der Praktischen Theologie, in: Haslinger Herbert u.a. (Hg.), Handbuch Praktische Theologie, Band 1 Grundlegungen, Mainz 1999, 199-217, hier 216.

      15 Vgl. Lörsch Martin, Kirchen-Bildung. Eine praktisch-theologische Studie zur kirchlichen Organisationsentwicklung, Würzburg 2005, 424.

      16 Kontinuierliche jährliche Erhebung statistischer Eckdaten über Priester, Diakone und andere hauptamtliche Mitarbeiter/innen in der Pastoral, hg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz Bonn 2010, www.dbk.de/zahlen-fakten (20.06.2010).

      17 Katholische Kirche in Deutschland. Statistische Daten 2007, Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Bonn 2009 (=Arbeitshilfe Nr. 231).

      18 Schuster Norbert, Aus gleichem Schrott und Trott hinaus. Organisationale Grunddaten zur Exodus-Funktion der Leitung, in: AnzS 114(2005/3), 20-24, hier 21.

      19 Hallermann Heribert, Seelsorger(in) – ein geschützter Begriff?, in: LS 55(2004), 210-214, hier 213. Der Versuch, den Begriff Seelsorger ausschließlich für Priester reservieren zu wollen, kann aus dem geltenden Kirchenrecht heraus nicht begründet werden.

      20 Vgl. Spielberg Bernhard, Ladenhüter oder Laboratorium? Milieusensible Pastoral – die letzte Chance für die Pfarrei?, in: Ebertz Michael N. / Hunstig Hans-Georg (Hg.), Hinaus ins Weite. Gehversuche einer milieusensiblen Kirche, Würzburg 2008, 84-91, hier 86.

      21 Ebd., 88.

      22 Arnold Rolf, Personalentwicklung – Grundlagen und Einführung, Studienbrief PE 0110 des Fernstudiums „Personalentwicklung im lernenden Unternehmen“, Kaiserslautern 2000, 4.

      23 Münch Joachim, Personalentwicklung als Mittel und Aufgabe moderner Unternehmensführung. Ein Kompendium für Einsteiger und Profis, Bielefeld 1995, 55.

      24 Ebd., 26.

      25 Zollitsch Robert, Wenn es ganz konkret wird – Personalplanung und Personalentscheidung, in: Der pastorale Dienst in einer Zeit der Aussaat, 5. Juni 2004, hg. vom Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2004 (Arbeitshilfen 185), 29-37, hier 34.

       2. Neue Choreographien des Religiösen – Kränkungspotenzial für Seelsorger

      Viele Hauptamtliche erkennen, dass ihre pastoralen Bemühungen oft ins Leere laufen. Resignation, innere Kündigung oder offene Rebellion gegen einen nur schwer fassbaren Gegner (im Zweifelsfall die Bistumsleitung) sind die Folge. Die im Zuge der