Wechseljahresbeschwerden sind kein Muss und Maßnahmen keine Pflicht. Jederzeit haben Sie eine Option: einen kühlen Kopf bewahren – und abwarten.
Die kulturelle Brille
Andere Länder, andere Sitten. Jenseits unseres kulturellen Tellerrands sehen viele Frauen der Menopause ohne Endzeitstimmung entgegen, mancherorts freuen sie sich sogar darauf. Sie erreichen nach der Menopause einen hohen gesellschaftlichen Status, indigene Völker achten sie als Hüterinnen der Weisheit. In der Traditionellen Chinesischen Medizin wird der weibliche Wechsel nicht als krankhaft betrachtet, sondern schlicht als Beginn des siebenten Jahreszyklus im Lebenslauf bezeichnet.
Unsere Wahrnehmung wird durch die Umwelt, in der wir aufwachsen, und ihre Bedingungen stark geprägt.
Wechseljahre sind nicht nur eine Sache von Hormonen. Wie eine Frau sie durchläuft, hängt auch davon ab, wo sie lebt.
Die medizinische, kulturelle und gesellschaftliche Sichtweise beeinflusst die Psyche und das Erleben.
Westliche Frauen, die befürchten, krank zu werden und weniger wert zu sein, weil sie älter werden, klagen häufiger über Wechseljahresbeschwerden als anderswo.
Das kulturelle und soziale Umfeld gehört zu den Einflussfaktoren, die in der biomedizinischen Betrachtung vernachlässigt werden.
Die persönliche Brille
Was ist wirklich dran an den Wechseljahren? Was kommt jetzt auf mich zu? Wie lange dauert das? Und was tut mir jetzt gut? Der Beginn der »heißen Phase« wirft bei vielen Frauen Fragen auf. Kaum eine weiß, wenn plötzlich die erste Hitzewelle kommt, was da tatsächlich wechselt. Nicht selten werden die Vorzeichen der Menopause für Erkältungs- oder Grippesymptome gehalten. Vor Jahren noch unbekannt, hat die Nachfrage nach vorbereitenden Kursen und ganzheitlichen Wechseljahresberatungen zugenommen.
Eine Teilnehmerin: »Als meine Regel nicht mehr kam, dachte ich an eine Schwangerschaft. Mein Frauenarzt schüttelte milde lächelnd den Kopf: ›Es sind die Wechseljahre.‹ Mein erster Gedanke war, dafür bin ich doch noch viel zu jung!.«
In der ärztlichen Sprechstunde ist oft keine Zeit, auf alle Fragen einzugehen, die beim weiblichen Klimawechsel unter den Nägeln brennen. Dabei besteht gerade jetzt ein besonderer Gesprächsbedarf. Ein Grund mehr also, für einen Wandel im Gesundheitssystem zu plädieren, damit Patientengespräche und Beratungsleistungen angemessen honoriert werden.
Impulsvorträge und Seminare zum Thema finden Sie für kleines Geld in vielen Volkshochschulen und Bildungsstätten. Dort haben Sie die Gelegenheit, sich gründlich zu informieren, über wichtige Fragen zu diskutieren und viele praktische Tipps im Umgang mit Besonderheiten der Wechseljahre zu erhalten.
Die Atmosphäre zu Beginn jeder Seminarrunde ist erwartungsvoll, die Interessentinnen sind gespannt bei der Sache und nennen zum Auftakt ihre Erwartungen und Wünsche. Themen wie Hormone, Sexualität, Ernährung und Selbstfürsorge kommen offen zur Sprache. Das Verständnis um die Zusammenhänge des Wechsels, Selbsterfahrung, Heilpflanzenpraxis und der anregende Austausch miteinander ermuntern dazu, den Wechsel aktiv zu gestalten. Die Eindrücke dreier Kursteilnehmerinnen geben wieder, dass Wissen hilft und Reden auch.
Heike, 49: »Mit den Wechseljahren hatte ich bisher wenig am Hut. Die positive Einstellung dazu und die vielen Tipps, das ist schon eine Erleichterung. Wenn wir über die Menopause so gut Bescheid wüssten wie unsere Töchter über ihre Pubertät, hätten wir weniger Schiss davor.«
Susanne, 56: »Mich haben diese Hitzeschübe eiskalt erwischt und an Schlafen war nicht mehr zu denken. Hätte ich vorher gewusst, was in meinem Körper passiert und was ich selbst tun kann, wäre es mir sicher besser gegangen.«
Sigrid, 47: »Es hat mich frustriert, mit welchen Sprüchen man abgefertigt wird. Es heißt, entweder Hormone oder Augen zu und durch. Wenn man nicht das Glück hat, gleich an eine kompetente Ärztin zu gelangen, muss man sich eben selbst auf die Suche machen. Ich kann nur jeder Frau raten, sich besser zu informieren und sich bewusster damit auseinanderzusetzen.«
Mehrere Studien haben belegt: Gut informierte Frauen entwickeln nicht nur eine gelassene Haltung, sie leiden auch weniger unter Hitzewallungen und Verstimmungen. Lassen Sie sich also von Hiobsbotschaften nicht irritieren, bleiben Sie cool und bilden Sie sich Ihre eigene Meinung. Viele Argumente sind auf Ihrer Seite:
Sie sind nicht allein – jede gesunde Frau zwischen 40 und 50 kommt in die Wechseljahre.
Wechseljahre sind natürlich und keine Krankheit.
Akzeptieren Sie Ihre Reifung, anstatt dagegen zu kämpfen.
Die Wechseljahre werden so unterschiedlich erlebt wie die Pubertät, wie die Schwangerschaft und Geburtswehen.
Die meisten Frauen durchlaufen den Wechsel ohne Probleme, die medizinisch behandelt werden müssen.
Es ist gut zu wissen, dass Symptome in den meisten Fällen in der Postmenopause, den ersten zwei Jahren nach der letzten Periode, abflauen oder ganz verschwinden. So vielfältig sie auch sind, so zahlreich sind auch die Hilfsmöglichkeiten. Oft reichen schon einfache Maßnahmen aus, um sie zu lindern. Gehen Sie nach dem Prinzip der kleinen Schritte vor und testen Sie, was Ihnen guttut.
Bewegung ist wichtiger denn je. Sportliche Frauen haben wesentlich weniger Wechseljahresbeschwerden. Regelmäßige Bewegung in der Natur stärkt Körper und Geist, reduziert Stress und sorgt für gute Laune.
Übergewicht macht Beschwerden. Zusätzliche Kilos verstärken Hitzewallungen und erhöhen außerdem das Risiko für Bluthochdruck, Diabetes und Arteriosklerose.
Rauchen heizt ein. Raucherinnen kommen früher in die Wechseljahre, Nikotinkonsum fördert die Hitzewallungen. Damit aufzuhören ist nicht nur im Sinne Ihrer allgemeinen Gesundheit.
Wenn Sie merken, dass Ihre Beschwerden nicht besser werden, können Sie immer noch entscheiden, ob Sie mehr dagegen tun möchten.
Die weibliche Reifeprüfung
Die wilden 1960iger Jahre waren gekennzeichnet vom Konflikt der rebellischen Jugend und der Nachkriegsgeneration ihrer Eltern. Studenten gingen auf die Straße und protestierten gegen politische und gesellschaftliche Missstände, aufgebrachte Feministinnen forderten mit öffentlichen BH-Verbrennungen die Freigabe der Pille und mehr Frauenrechte ein. Etwa zur gleichen Zeit wurde die Die Reifeprüfung mit Dustin Hoffman zum Kultfilm. Er thematisiert die Suche nach Selbstfindung eines sexuell unerfahrenen jungen Mannes. Dessen Affäre mit der verführerischen reifen Frau eines Freundes seiner Eltern war damals ein ungeheuerlicher Tabubruch. Beides, das Erwachsenwerden und das Älterwerden, sind Prozesse der Reifung. Und so liegen die nicht falsch, die das Klimakterium als eine weibliche Reifeprüfung bezeichnen, ein Mäandern zwischen Abschied und Neuanfang. Wo stehe ich und wo will ich hin? Was bleibt von meiner Weiblichkeit, wenn ich älter werde? Vieles, was wir für selbstverständlich erachtet haben, verändert sich mit einem Mal.
Warum Veränderungen schwer sind
Die Botschaft der Wechseljahre lautet: Veränderung. Der Umbruch in der Lebensmitte erzwingt die Auseinandersetzung mit dem Älterwerden,