Shakespeares Sternenritt. Uta Rabenstein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Uta Rabenstein
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783946433101
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Multifunktions-Überlebenskit zur Hand, deaktivierte das Energieversorgungssystem des nervigen Roboters und durchtrennte zur Sicherheit noch zusätzlich ein paar Leitungen.

      Kapitel 3

       Ph'flz

      Löcher, Schwarze

      Wie jeder weiß, ist ein Schwarzes Loch ein Bereich im Raum, in dem die Gravitation so stark ist, dass selbst elektromagnetische Wellen wie z. B. Licht den Bereich nicht verlassen können und dieser daher schwarz erscheint. Schwarze Löcher sehen nur von weitem faszinierend aus, unter anderem, weil die durch die hohe Gravitation angezogene Materie vor dem Sturz in ein solches Loch so heiß wird, dass dieses von außen hell leuchtend erscheint. Ein atemberaubender Anblick! Vermeiden Sie es trotzdem, zu nah an ein Schwarzes Loch heran­zufliegen, selbst wenn Sie sich unwiderstehlich angezogen fühlen. Der Anblick lässt Sie sonst nie wieder los.

      Ph'flz öffnete träge drei seiner fünf Augen.

      Langsam schob sich die kleine heiße Sonne über den Horizont und kämpfte sich wie jeden Morgen mit ihren Lichtfingern durch den dichten Nebel. Die beiden kleinen Trabanten hatten sich davorgeschoben und bildeten dunkle Flecken vor der gleißenden Scheibe. Ehos glitten durch die gelbliche wasserdampfgesättigte Atmosphäre.

      Ph'flz saugte tief Luft durch seine Atemritze und pumpte einen Teil davon in seine Saugnäpfe. Mit einem eleganten Salto kam er auf seinen drei Pseudobeinen zu stehen. Um die Saugnäpfe herum befand sich jeweils ein Kranz aus zahlreichen Tentakeln, auf denen er rasch und mühelos davonglitt.

      Er musste an diesem Morgen zur Versammlung des Ältestenrates. Vor drei Sonnenumläufen war er als jüngstes Mitglied in den Rat gewählt worden. Im Alter von dreihun­dertfünfundachtzig Sonnenumläufen! Da von jedem Ratsmitglied nur noch ein Klon existieren durfte, wurden seine vier anderen Klone daraufhin eliminiert.

      Ph'flz pflückte auf dem Weg im Vorübergleiten ein paar Universalernährer, die seine Geschmackssensoren in dem Nahrungsaufnahmeschlitz unter den in Form eines unregelmäßigen Fünfecks angeordneten Augen erfreuten.

      Auf dem Rücken spürte er das Picken der Grewos, die sich um den besten Platz um seine drei Ausscheidungsöff­nungen stritten. Besorgt schaute Ph'flz zum Himmel. Normalerweise wechselten Sonne und Regenschauer einander ständig ab, aber heute war die Atmosphäre unangenehm trocken. Die Luftfeuchtigkeit war sicher unter neunundsiebzig Prozent gesunken.

      Er erhöhte seine Gleitgeschwindigkeit und begann, sein Gungimop zu polieren, das er geschickt mit den Bauchtentakeln festhielt. Ein makelloses Gungimop, das die Sonnen­strahlen perfekt reflektierte, würde ihn an das Ziel seiner Wünsche bringen: Man würde ihn für die ehrenvolle Aufgabe ausersehen.

      Viele Sonnenumläufe lang hatte er Zeit und Mühe in die Vervollkommnung der Gungimopscheibe gesteckt, die jeder Bewohner von Aoiah erhielt, wenn seine Metamorphose abgeschlossen war. In nährstoffarmen Jahren dauerte die Metamorphose natürlich länger.

      Ph'flz erinnerte sich: Bei ihm dauerte sie besonders lange. Seine fünf Erziehungsbegleiter waren schon an ihm verzweifelt und dachten, er würde für immer im Wurmstadium verharren und nur Jahr für Jahr Tausende neuer Wurmlarven ausbrüten. Aber er brauchte eben für alles etwas länger als seine Genossen. Deshalb war es nicht das letzte Mal, dass er seine Erzieher schier zum Wahnsinn trieb.

      Er schrubbte ein wenig fester die Metallscheibe beim Gedanken daran, dass er zum Beispiel erst nach sage und schreibe siebzehn Sonnenumläufen sämtliche Algorithmen des großen Mathematikers Ho Hon fehlerfrei aufsagen konnte. Mawan, seinem Lieblingserzieher, hingen die Kopftentakel damals schon bedrohlich schlaff herunter – nicht auszudenken, was geschehen wäre, wenn sie ihm abgefallen wären.

      Sein Gungimop glänzte wie eine Sprechblase, die das Fraktal für »Fortpflanzungserlaubnis« abbildete. Trotzdem wischte er weiter daran herum.

      Hoffentlich würden sie ihn diesmal zum Überbringer erwählen! Schon so lange war dies sein sehnlichster Wunsch. Er musste nur aufpassen, dass er vor lauter Eifer nicht seine Farbe wechselte. Das würde ihn als Nichtswürdigen abstempeln und seinen sofortigen Hinauswurf aus der Ratsgemeinschaft zur Folge haben. Und dann würde er nie die Gelegenheit bekommen, Aoiah zu verlassen, um auf einen der Planeten zu gelangen, von denen Mawan so viel erzählt hatte.

      Während er den ersten Platzregen des jungen Morgens über sich rinnen spürte, kamen ihm die Zeilen der berühm­ten Dichterhorde in den Sinn:

      Verbruzzelt nebelt es hinter der Fluppe,

       frisch röbelt mein Gungimop empor.

       Kaskaden beißen in sämende Suppe,

       der Fundus matscht bereulich sein Ohr.

      Endlich erreichte er den Ratswürfel. Es sollte Glück bringen, durch das mittlere Loch der Fünf-Augen-Seite einzufliegen.

      Also bat Ph'flz einen Eho, der auf Kundschaft wartete, ihn gegen drei Universos hochzutragen. Ehos waren unwahrscheinlich arrogant, aber bei drei Universos wurden selbst sie freundlich und trugen beinahe jeden ohne wilde Flugkunststücke, die seine Tentakel zum Flattern gebracht hätten, nach oben.

      Im Ratswürfel herrschte gedämpftes Licht, in dem Hunderte von Sprechblasen schillerten. Unablässig lösten sich die Blasen von den Schultern der anwesenden Ratsmitglieder und stiegen auf, während auf ihnen die unterschiedlichsten Fraktale aufleuchteten. Die Muster waren aus der Sicht anderer Wesen wunderschön.

      Ph'flz' extraplanetarische Freunde überschlugen sich förmlich vor Begeisterung, wobei aber das letzte Treffen eine sehr unglückliche Wendung genommen hatte.

      Gemeinsam mit ein paar Arkturianern, zwei Amöboiden aus dem Gebiet um Sirius und einem Terrestrier hatte er einem Mittagessen der Putzkolonne zugesehen, wobei eine lebhafte Unterhaltung über den Vorteil der kleinen gestreif­ten Müllfresser gegenüber den großen gepunkteten Wisch­lappen im Gange war.

      Der Terrestrier gab den fraktalen Mustern lauter Namen, über die sich die anderen vor Lachen ausschütteten, wobei die Amöboiden ihre Scheinfüßchen gleich dutzenden Armen und Beinen in Wellen aus dem Protoplasma ausstülpten. Das lag daran, dass das Wort »Apfelmännchen« in deren Sprache etwas ungemein Unanständiges bezeichnete, was wiederum kein Terrestrier verstehen konnte. Der Übersetzungscomputer zeigte nur »Error« an, was an der veralteten Version 345.2 der Software lag, wo doch inzwischen bereits die Beta-Version von 387.5 erschienen war. Während Ph'flz noch überlegte, wie viele Schwierigkeiten sich ergaben, wenn man sich auf das Funktionieren technischer Geräte verlassen musste, nahm das Unheil seinen Lauf.

      Der Vorschlag des Terrestriers, sich lieber auf Esperanto zu unterhalten, was schließlich jede halbwegs gebildete Lebensform verstehen könne, hatte die Amöboiden tödlich beleidigt, worauf sie den Terrestrier kurzerhand verspeisten.

      Ph'flz machte sich immer noch große Vorwürfe, dass er nicht rechtzeitig die gefährliche Situation erkannt und den Streit geschlichtet hatte.

      Im Ratswürfel war eine erregte Debatte im Gange, das erkannte Ph'flz sofort an den Grün- und Gelbtönen der Muster. Die meisten Blasen stiegen entsprechend des Nachdrucks, mit dem sie ausgestoßen wurden, bis fast an die Decke, von der unablässig ein feiner Nebel sprühte, wo­durch im Würfelinneren die angenehme Luftfeuchtigkeit von nahezu hundert Prozent herrschte.

      Dort oben zerplatzte jede der Fraktalblasen, wie er aus der Zeit seines Lernens wusste, mit einem leisen »Plopp«, das jedoch nur von Lebewesen mit sehr empfindlichen Hörorganen wahrgenommen werden konnte. Zu diesen zählte Ph'flz jedoch nicht: Seiner Spezies fehlte ein Gehörsinn.

      Ph'flz ließ sich auf dem Luftkissenpolster neben Mawan nieder, der zur Begrüßung einen großen Schleimpfropf ab­sonderte. Sofort stürzten sich dutzende geflügelter, winzig kleiner Schleimfresser auf diesen Leckerbissen, um ein Festmahl zu halten.

      Eben wurde die Diskussion beendet und nur eine einsa­me Seifenblase stieg noch auf. Eine Seifenblase? Wer hatte sich diese halblegale Droge beschafft? Hunderte Augen richteten sich auf den Seifenjunkie, der leicht ausfindig gemacht werden konnte, da er ein verdächtiges Luxusseifen-Lavendelaroma