Shakespeares Sternenritt. Uta Rabenstein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Uta Rabenstein
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783946433101
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um den Streit nicht eskalieren zu lassen. Dann schob der Wurm beleidigt einen Siliziumchip vor den Höhlenausgang und schmollte. Aber manchmal platzte ihr der Kragen und der Schlagabtausch ging weiter.

      »Kannst du nicht einmal ordentlich deine Darmkaverne aufräumen, du Ferkel von einem Symbionten? Es gärt schon ganz furchtbar da drinnen! Du verjagst noch alle meine Freundinnen, zumindest die mit Geruchssensoren!«

      »Das ist meine Kaverne, und hier drin kann ich tun und lassen, was ich will! Kümmere du dich lieber um gescheiten Nahrungsnachschub! Immer muss ich hungrig einschlafen!«

      »Wenn du zu fett wirst, bekomme ich noch einen Darmverschluss. Du solltest mehr Chlorophyllbratlinge aufneh­men statt dieser ungesunden Siliziumkekse! Und was ich dir schon lange sagen wollte: Du glaubst anscheinend, ich würde deine metabolische Rauschgiftsynthese nicht bemer­ken, aber so dumm bin ich nicht. Mir wird schwindlig davon. Ein Junkie macht sich in meinem Darm nicht breit! Wenn das so weitergeht, schmeiße ich dich raus!«

      »Mach doch, mach doch! Du wirst schon sehen, was du davon hast! Elend krepieren wirst du!«

      »Meinst du etwa, du nicht? Wir werden ja sehen, wer von uns beiden länger überlebt!«

      »Ich krieche einfach eine Weile bei Esmeralda in den Dünndarm. Für ein paar Wochen überlebt man in einem Terrestrier, habe ich gehört. Ich werde mit dem größten Vergnügen auf deine Beerdigung gehen und eine herzergrei­fende Grabrede halten!«

      »Du undankbare Ausgeburt des dreizehnten Sonnensystems, wenn du dich nicht sofort entschuldigst, lasse ich dich verhungern! Ich hätte dich nie aufnehmen dürfen damals! Aber du warst so klein und niedlich. Ich Dummköpfin hatte dich sofort ins Herz geschlossen.«

      Edwina war einem Hustenanfall nahe, so aufgewühlt war sie innerlich. Dieser Mistkerl! Er war eindeutig zu weit gegangen. Sie hätte ihm schon viel früher Grenzen setzen sollen, aber ein konsequenter Erziehungsstil war nie ihre Stärke gewesen.

      Offensichtlich hatte der Wurm diesmal gemerkt, dass es höchste Zeit für ihn war einzulenken, denn er sendete ganz leise Signale aus der Nähe des Entgiftungsorgans. »Wollen wir uns wieder vertragen? Du wolltest mir doch einen Initiationsnamen aussuchen!«

      Immer wieder schaffte es der kleine Schlingel, dass sich Edwinas Zorn in Luft auflöste! Sie hüstelte trocken. Warum besaß sie solch ein weiches Herz?

      »Sobald du wieder neue Kameraden bekommst, wirst du einen Namen erhalten. Versprochen!«

      »Mit Party?«

      »Mit Party.«

      »Ehrenwort?«

      »Ehrenwort.«

      Ein raspelndes Geräusch drang aus Edwinas Innereien: Der kleine Kerl knabberte einen seiner heiß geliebten Kekse. Edwina seufzte. Warum war symbiotisches Zusammenleben nur so kompliziert?

      Mit einem Aufschrei flog die ultrasensitive Eingangstür, die in Wirklichkeit ein höchst intelligentes Wesen vom Planeten Gwmpwich war, gegen die Wand, die ihrerseits unter dumpfem Stöhnen versuchte, sich wieder in ihre korrekte Form auszubeulen. Esmeralda stürmte polternd in die Küche. Ihr Gesicht war vor Aufregung gerötet und die langen schwarzen, von einzelnen grauen Strähnen durchzogenen Haare hingen wirr und zerzaust ihren Rücken hinunter.

      »Ich habe sie ausfindig gemacht! Meine Tochter lebt und ist gesund«, rief sie strahlend und umarmte Edwina, was angesichts der Fülle des Körpersacks nicht ganz einfach war.

      »Party, Party!«, klinkte sich der Wurm ein. Edwina klopfte ungehalten auf den Körperbereich, hinter dem er sich vermutlich herumtrieb.

      »Das freut mich für dich. Und wo steckt sie?«

      Das Lächeln erlosch. »Tja, so genau weiß ich das auch nicht. Auf einem Raumschiff in Richtung des Planeten, auf dem der Intergalaktische Rat tagt.«

      »Eine äußerst präzise Angabe, meine Liebe. Woher hast du die Information?«

      Esmeralda druckste herum. »Also, dir wird das nicht gefallen, aber auf dem Flohmarkt für Computerschrott traf ich eine Wahrsagerin der Liga der Übermittler der Gesamt­heitlichen Energetik ...«

      »Das ist doch alles Lüge!«, unterbrach Edwina kopf­schüttelnd.

      »Und wenn! Es besteht immerhin die Möglichkeit, dass sie tatsächlich übersinnliche Kräfte besitzt!«

      »Um welche Art Wahrsagerin handelte es sich eigent­lich? Die Sorte mit den drei verschrumpelten Köpfen, die mit Hilfe des Assoziativ-Spieles deine Zukunft ermitteln? Zehn Deutungen, eine gratis dazu? Musstest du eventuell aufzählen, was dir alles zu den Begriffen Friede, Freude, Eierkuchen einfällt?« Edwina verdrehte die Augen, so dass die gelbe Iris hinter den zartblauen Lidern verschwand und nur noch das Violette zu sehen war.

      »Die einzigen Wahrsager, denen zu trauen ist, meine Liebe, sind die von Delta Zetis. Alle anderen lügen dir das Schwarze aus dem Weltall.«

      Nun schüttelte Esmeralda heftig den Kopf.

      »Nein, es waren keine Schrumpfköpfe, sondern ein mit einem Hochleistungsrechner verbundenes Energiefeld, das durch optische Interferenzen manchmal sichtbar wurde, wie ein lebendiger Nebel, absolut ästhetisch und wunderschön anzuschauen ...«

      »... ein weibliches Energiefeld also ...«

      »Unterbrich mich doch nicht dauernd! Was wollte ich eigentlich sagen? Jetzt weiß ich nicht einmal mehr, wo ich stehen geblieben war!«

      »In der Küche.«

      Esmeralda ballte die Fäuste und schrie in gespielter Verzweiflung:

      »Edwina! Du bist furchtbar!«

      »Genau, das finde ich auch!«, ließ sich für Esmeralda unhörbar Edwinas Symbiont vernehmen. Edwina ließ be­schwichtigend ein wenig Gas in ihren Körper einströmen, wodurch sie kurzfristig einen halben Meter über dem Erd­boden schwebte. Mit einer eleganten Drehung, bei der ihr weißes Haar wie ein Schleier emporwehte, berührte sie wie­der die laut Morula nur durch zweimal tägliches sorgfältiges Wischen sauber zu haltenden goldbraun schimmernden Küchenfliesen.

      »Gut, gut. Ich werde mich nicht weiter lustig machen. Vielleicht spricht ja ein Energiefeld tatsächlich die Wahrheit. Hast du eventuell den Namen des Raumschiffes ermitteln können?«

      »Es heißt Midsummernight'sdream.«

      Edwinas Haare sträubten sich strahlengleich in alle Himmelsrichtungen vor Freude.

      »Das ist das Schiff meines Freundes Arthur Shakespeare. Es wäre großartig, wenn ich ihn wiedersehen würde! Er hat mich vor vielen Jahren gerettet, als sein vorheriges Raumschiff, die All'swellthatendswell angegriffen wurde. Ein paar Sekunden später wäre ich als atomarer Staub ins All gebla­sen worden.«

      Esmeralda ergriff Edwinas trotz der sieben Finger men­schenähnliche Hand und drückte sie fest.

      »Da hat bestimmt dein persönlicher Schutzengel die Hände im Spiel gehabt!«

      »Ich würde eher sagen, dein persönlicher Schutzwurm«, mischte sich Edwinas Symbiont ein. »Wenn du dich genau an die Situation erinnern würdest, dann würdest du ...«

      »Ruhe!«, formte Edwinas Gehirn mit voller Kraft und schickte die neuronalen Signale über Verstärkerkaskaden in ihre Eingeweide. Zuckungen deuteten an, dass die Kette aus elektrischen und molekularen Impulsen ihren Zielort er­reicht hatte.

      »Ein wenig Glück gehört immer zum Überleben. Reden wir aber lieber über dich. Wie willst du deine Tochter treffen? Ihr hinterherreisen?«

      »Das habe ich schon zweimal getan und beide Male haben wir uns knapp verfehlt. Nein, ich möchte ihr diesmal eine Nachricht senden, um einen Treffpunkt zu vereinbaren.« Esmeralda seufzte. »Mein kleines Häschen, so lange habe ich sie nicht mehr in die Arme schließen können! Und wenn wir uns nach Monaten sehen, plappere ich nur bedeutungsloses Zeugs. Ich nehme mir immer wieder vor, dieses Mal das zu sagen, was mir schon seit Jahren auf der Seele liegt und was sie endlich über ihren vermeintlichen Vater