Shakespeares Sternenritt. Uta Rabenstein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Uta Rabenstein
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783946433101
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und zum Entzug in eine Trockenzelle verfrachtet, wo er auf eine Drogenersatztherapie mit seifenfreien Detergentien gesetzt werden würde.

      Nun wurden feierlich die neuesten Beschlüsse des Ältestenrates bekannt gegeben. Der Älteste ließ platschend meh­rere Schleimpfropfen von der Redner-Empore ins Publikum fallen.

      Ein Fraktalblasensturm war die Folge.

      Nachdem auch die letzte Blase zerplatzt war, wurde der Älteste sehr ernst. Ein Ratsmitglied sollte sich sofort auf den Weg nach Delta Centauri zur nächsten Sitzung des Intergalaktischen Präsidialrates machen und dort über die geplante Invasion der Mo'har auf einem bewohnten Nachbarplaneten berichten, der sich doch immerhin in gerade einmal fünfundsiebzig Lichtjahren Entfernung von Ph'flz' Heimatplaneten befand.

      »Der Ärmste«, dachte Ph'flz bei sich, nicht ohne seine Gedanken in »Wie angenehm« zu verschlüsseln. Die telepathischen Fähigkeiten seiner Spezies, die ihm auch eine blasenfreie Verständigung ermöglichten, brachten nicht nur Vorteile. Allen Ratsmitgliedern war bekannt, dass sich die Raumfahrtflotte ihres Planeten in einem äußerst maroden Zustand befand und ein Befehl zu einer derart weiten Reise einem Selbstmordkommando gleichkam. Man würde daher jemanden auswählen, der als relativ entbehrlich erachtet wurde.

      Gedankenverloren sah Ph'flz die Fraktalblasen mit seinem Namen aufsteigen. Sein Name! Vor Schreck hingen seine Kopftentakel schlaff herunter und beinahe wäre ihm sein Gungimop entglitten. Er war der Auserwählte Überbringer der Botschaft! Natürlich, er war der Jüngste und Unerfahrenste, auf ihn konnte man am leichtesten verzichten!

      Mawan spuckte ihn aufmunternd an.

      Nur mit Mühe brachte Ph'flz sich so weit unter Kontrolle, dass er ein paar von der Farbe blau dominierte Dankes­blasen aus den Schulteröffnungen absondern konnte.

      Aber offenbar erwartete auch keiner eine längere Rede von ihm. Die Tentakelkränze der anderen Ratsmitglieder standen allerdings in auffälligem Fünfundvierzig-Grad-Win­kel vom Rumpf ab, was ihre grenzenlose Erleichterung aus­drückte. Diese Feiglinge!

      Der Älteste richtete ein paar Dankesblasen an Ph'flz, als er plötzlich durch einen Boten unterbrochen wurde.

      Alle aktivierten wie auf Kommando ihr telepathisches Sinnesorgan und Sekunden später brach ein Tumult los. In wilder Panik versuchten die ehrwürdigen Versammelten, als Erste einen Eho zu erwischen, um aus dem Ratswürfel zu entkommen.

      Mawan hatte Ph'flz zurückgehalten, der völlig verwirrt losstürmen wollte, obwohl er den Grund für die Massenhysterie überhaupt nicht verstanden hatte. Zum Glück, denn etliche seiner Landsleute verloren ihr Leben, als sie sich zu mehreren einen armen Eho schnappten, der mitsamt seiner Last in die Tiefe stürzte.

      »Wir haben noch Zeit«, übermittelte Mawan gedanklich an Ph'flz. »Bis zur Ankunft der Großen Flut wirst du dich schon im Weltraum befinden.«

      »Die Große Flut! Oh ewige Trockenheit! Aber die Große Flut soll doch erst in fünfzig Sonnenumläufen kommen!«, stieß Ph'flz hervor. »Dann, wenn die vier Monde in einer Linie in Richtung zur Sonne stehen. Und das ist alle 4786 Jahre einmal der Fall!«

      »Ganz richtig«, kam ruhig Mawans Antwort. »Aber du weißt doch, wie es mit den Astronomen auf unserem Planeten bestellt ist. Überall Lohnkürzungen und Entlassungen. Wegen der Sparmaßnahmen und Reformen wurden viele hochkarätige Wissenschaftler arbeitslos oder wanderten auf Nachbarplaneten aus, wo fähige Leute gesucht werden und die Bezahlung stimmt.

      Leider sind nur ein paar miserable unkündbare Astronomen übrig geblieben, die ihren Lebensunterhalt mit Sternen­kunde-Kursen für Erziehungsbegleiter oder mit Werbung für den Anbau gentechnisch veränderter Universalernährer auf­bessern. Leider haben sich diese Dummköpfe um fünfzig Sonnenumläufe verrechnet, so dass uns die Große Flut völlig unvorbereitet trifft. Für Evakuierungsmaßnahmen bleibt kaum noch Zeit.«

      »Wie kannst du das so ruhig denken! Das ist doch ganz furchtbar!« Ph'flz tat der Kopf weh, so intensiv war sein Gedankensturm.

      »Das war uns von den Sternen so vorherbestimmt«, gab Mawan unbeeindruckt zurück. »Aber nun zu dir. Wir neh­men meinen Privat-Eho – er ist sehr kräftig und wird uns beide tragen können – und reisen unverzüglich zum Raumhafen Baikorun.

      Schau, da kommt er ja schon angeflogen! Dort wirst du in Begleitung meines alten Freundes Duke Swampwalker auf deine Mission gehen. Er sieht etwas seltsam aus, weil er vom Planeten Terra stammt, aber er ist der beste Pilot, den ich kenne.« Mawan versuchte, den Nachgedanken »leider kenne ich nur zwei« zu verschlüsseln, was ihm nicht ganz gelang.

      Ph'flz ergab sich in sein Schicksal, kletterte hinter Mawan auf das muskulöse Geschöpf und klemmte den Gungimop unter die Bauchtentakel.

      Der Eho flog zwar recht unkoordiniert und hatte sichtlich Mühe, den Kurs zu halten, aber er war ein erfahrener Flieger und zäh.

      Mitten durch herrlich feuchte dunkle Regenwolken ging der Flug, was die beiden Passagiere für das Durchgerüttelt­werden entschädigte. Zwischen den Wolkenbänken sahen sie die Landschaft unter sich hinweggleiten. Von Kupfersalzen rote Felsformationen im Dunst von Sandstürmen, über denen der Regen bereits verdunstete, bevor er das Gestein erreichte, wechselten mit ausgedehnten graugrünen Sumpf­gebieten ab, in denen Treiberpflanzen träge vor sich hin dösten, um dann blitzschnell ein in die Reichweite der gefürchteten dicht behaarten Lianen geratenes Opfer zu umschlingen.

      Ph'flz' Tentakel flatterten wild, während er sich das Schicksal eines so gefangenen Lebewesens ausmalte: Es wurde unerbittlich festgehalten und mittels eines in den Körper injizierten Verdauungssekretes aufgelöst, bis die Treiberpflanze nur noch ihr Saugrohr hineinzustechen und es auszuschlürfen brauchte.

      Einzig anhand der aufsteigenden Gasblasen rings um die räuberische Pflanze konnte man erkennen, dass sie gerade mit Verdauen beschäftigt und daher für kurze Zeit friedlich gesonnen war. Wie Ph'flz aus Mawans Erzählungen wusste, konnten dann die berühmten, viel bewunderten Ernter es wagen, unter Einsatz ihres Lebens die feinen Lianenhaare abzurasieren, die auf Nachbarplaneten exportiert wurden, wo daraus unter anderem kostbare Webteppiche hergestellt wurden.

      Ab und zu tauchte auch eine der stets streng quadratisch angelegten Siedlungen von Ph'flz' Spezies mit den gürtelartig sie umgebenden Schlafwäldern auf.

      Dazwischen lagen die Zonen des Friedens mit ihren Dreierformationen von Bäumen: Ph'flz' Genossen, die das Stadium der Ewigen Weisheit erlangt hatten.

      Weiter ging der rasante Flug über riesige Felder mit kultiviertem Universalernährer. Sie wogten beim Niedergang eines der unzähligen Regenschauer, ein Anblick, der in Ph'flz jedes Mal ein wohliges Gefühl auslöste. So schön war sein Heimatplanet! Würde die Große Flut dies alles zerstören? Er hatte aus Erzählungen gehört, dass beim letzten Mal vor 4786 Jahren drei Viertel der Kontinente überspült und sämtliche Siedlungen zerstört worden waren.

      Im Gegensatz zu heute waren aber alle rechtzeitig gewarnt worden und die meisten hatten sich in höher gele­genen Regionen in Sicherheit bringen können. Warum nur konnte Mawan bei der drohenden Katastrophe so ruhig blei­ben?

      Dem Weltraumflughafen sah man bereits aus der Eho­perspektive an, dass seine besten Zeiten schon lange der Vergangenheit angehörten. Nur ein ehemaliges Nebengebäude wurde noch instand gehalten, der Rest war dem Zerfall preisgegeben.

      Ein einsames Raumschiff stand verloren auf der Startrampe und schien darauf zu warten, diesen wenig ermuti­genden Ort verlassen zu dürfen.

      Mawan reichte dem Eho ein Bündel Universos und bedeutete ihm, dass er den gleichen Betrag für den Rücktransport erhalten würde. Einstweilen sollte er sich eine Ration Futter aus der Kantine abholen.

      Dann machte er sich zusammen mit Ph'flz auf die Suche nach Duke Swampwalker. Sie fanden ihn in der herunterge­kommenen Raumhafenbar, wo er sich gerade einen Kosmischen Eingeweidebeißer in die Mundöffnung goss.

      Seine vollkommen tentakellose Gestalt erstaunte Ph'flz. Seltsamerweise schien er sich nicht zu freuen, dass ihm kleine Feuchtigkeitströpfchen das Gesicht herunterrieselten, denn er wischte pausenlos mit einem