Shakespeares Sternenritt. Uta Rabenstein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Uta Rabenstein
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783946433101
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denn wie sie fest­stellte, kamen ihr die Gesprächspartner bei ihren Erläuterungen meist schnell abhanden, und Kira fand sie später in angeregter Unterhaltung mit irgendeinem Trottel, der beispielsweise Anekdoten aus dem Sportlerleben seines Großvaters zum Besten gab.

      »Warum das Raumschiff nach Delta Centauri überführt werden soll, kann ich Ihnen beim besten Willen nicht verraten – ich weiß es selbst nicht. Daran sehen Sie, dass es sich um einen Akt höchster Geheimhaltungsstufe handelt.«

      Bei den letzten Worten verzog Kira das Gesicht. Sie mochte es nicht, wenn mit verdeckten Karten gespielt wurde.

      »Nun gut, Sie handeln also in geheimem Auftrag. Aber Ihr Name ist doch hoffentlich nicht auch geheim?«

      Der Fremde schien sich nicht an ihrem ironischen Unterton zu stören. »Ich heiße Arthur Shakespeare und dies ist mein Begleiter Esso aus dem Horussystem. Wir sind Ingenieure und gehören zur Roten Flotte, von der Sie sicherlich gehört haben.«

      Natürlich wusste Kira, um was es sich bei der Roten Flotte handelte! Einige der besten Piloten, Ingenieure und Naturwissenschaftler, die sie kannte, waren bei der Aufnahmeprüfung in diese Eliteeinheit durchgefallen, weil dort eben nur die Besten der Besten aufgenommen werden. Kiras Blick, eben noch spöttisch, wurde fast ehrfürchtig.

      »Bitte, können Sie uns beide mit dem Piloten bekannt machen, von dem Sie sprachen?« Bei dieser Frage verknotete Arthur Shakespeare nervös die Finger.

      Esso saß scheinbar völlig unbeteiligt daneben und sortierte die winzigen Schuppen an den Tentakelenden, bis sie ordentlich in einer Reihe standen.

      Shakespeares Augenlid zuckte nervös und er fuhr sich mit der Hand durch die fettigen Haarsträhnen.

      Kira beschloss, mit dem Versteckspiel aufzuhören. »Ich selbst bin der Pilot. Ich fliege seit fünfzehn Jahren unfallfrei kreuz und quer durch die Galaxis. Drei Jahre bediente ich die Raumfähre zwischen MX 183 und MX 756. Zurzeit besitze ich leider nur ein etwas altersschwaches Raumschiff.«

      Sie grinste, aber ihr Gegenüber ging nicht darauf ein. Also fuhr sie achselzuckend fort. »Ich würde mich heftig freuen, wenn ich mal einen moderneren Flitzer fliegen dürfte. Es wäre mir wirklich ein ausgesprochenes Vergnügen. Für einen angemessenen Lohn natürlich.«

      Er winkte ab. »Geld spielt keine Rolle. Wichtig ist nur, dass der Raumgleiter weitgehend ohne Kratzer und vor allem ohne Überfälle ans Ziel gelangt. Die Zeit läuft uns weg, wir müssen uns unbedingt beeilen.«

      Er tauschte mit seinem Krakenbegleiter einen viel sagen­den Blick aus. Dabei stellte Kira fest, dass der Krake, der im Übrigen fünf Arme und ebenso viele Beine besaß, einen nach menschlichen Maßstäben vertrauenerweckend warm­herzigen Augenausdruck besaß. Arthur Shakespeare wandte sich wieder an Kira.

      »Wegen dieses Zeitdrucks engagieren wir Sie. Wir hätten zugegebenermaßen gerne eine kleine Auswahl an Piloten gehabt, aber wir müssen uns schnellstmöglich entscheiden. Sie haben den Job.«

      Sie wusste nicht so recht, ob sie beleidigt sein sollte, weil ihr eben recht deutlich gesagt worden war, dass man sie nicht auf Anhieb für die überaus fähige Pilotin hielt, die sie ihrer Meinung nach war, oder ob sie sich freuen sollte, dass sie den Job ohne große Umschweife erhalten hatte. Etwas verwirrt kippte sie den Rest ihres Drinks hinunter. »Wann soll es losgehen?«

      Ihr Gegenüber schaut auf sein Chronometer. »In genau sechzehn terrestrischen Stunden und vierzehn Minuten. Dabei bleibt's, es mag biegen oder brechen!«

      Kira verbarg mühsam ihre Überraschung. Das versprach ein Hals-über-Kopf-Unternehmen zu werden. Andererseits wäre es ein guter Job mit guter Bezahlung. Sie presste die Lippen aufeinander.

      In Shakespeares Augen blitzte es belustigt auf. »Was ist los? Ist Ihnen gerade eine Laus über die Leber gelaufen?«

      Für einen Moment hatte Kira ein krabbelndes Insekt vor Augen, das gerade auf einer frischen, blutigen Leber spazieren ging. Sie schüttelte den Kopf. »Nein, nein. Es geht nur alles ein bisschen schnell. Aber ich werde mich bereit machen. Welche Startrampe?«

      »B12. Seien Sie bitte pünktlich. Sie wissen jetzt alles über uns, was Sie unbedingt wissen müssen. Wir sind leider gezwungen, uns blindlings auf Ihre hoffentlich vorhandenen Fähigkeiten zu verlassen. Vorher möchten wir aber doch noch gerne Ihren Namen erfahren.«

      Verflixt, jetzt wurde sie auch noch rot. Welch ein Glück, dass die Beleuchtung so miserabel war! »Kira Vendredo. Mein Vater gehörte zu den Elitepiloten der Raumflotte und ich versuche, in seine Fußstapfen zu treten.«

      Warum nur rutschte ihr dieser Satz immer wieder heraus? Das interessierte doch niemanden und außerdem ging es keinen etwas an. Sie hätte sich selbst ohrfeigen können.

      Aber Arthur lächelte zum ersten Mal. »Er ist hoffentlich glücklich, eine so erfolgreiche Tochter bekommen zu haben.«

      Sie erwiderte sein Lächeln, obwohl ihr traurig zumute war. »Er hat es leider nie erfahren. Kurz vor meiner Geburt geriet er in ein Gefecht und kam ums Leben.«

      Arthur strich sich die strähnigen Haare aus der Stirn. »Das tut mir leid. So schnell verdunkelt sich des Glückes Schein!«

      Er stand auf, sein Begleiter ebenfalls. Kira sprang auf und warf dabei fast den Stuhl um.

      »Ich erwarte Sie in sechzehn Stunden auf Startrampe B12. Verlasst Euch auf meine Redlichkeit!« Er reichte der befremdet dreinschauenden Kira kurz die Hand, anschließend sah sie sich gezwungen, einen Tentakel zu drücken. Der fühlte sich aber warm und fest und gar nicht unangenehm an.

      »Gxis baldaux«, ertönte eine tiefe, samtige Stimme mit leichtem Akzent. »Unsere Mission wird hoffentlich ohne Schwierigkeiten zu erfüllen sein.«

      Kira war für einen Moment völlig entgeistert, dann fing sie sich und klappte ihren Mund wieder zu: Mit Extraterrestriern erlebte man eben häufig Überraschungen. Solch eine wohltönende Stimme hatte Kira noch nie von einem ihres­gleichen vernommen. Dagegen klang Shakespeare geradezu langweilig, obwohl seine Ausdrucksweise ab und zu mehr als seltsam war.

      Die beiden verließen die Kneipe, nicht ohne sich vorher vom Wirt zu verabschieden. Auch Kira vollführte die schlangenähnliche Abschiedsgeste mit dem rechten Arm und murmelte »Gxis revido«.

      Draußen schloss sie geblendet die Augen. Sie sah zwar nichts, aber die penetrante Stimme, die auf sie einredete, erkannte sie sofort.

      »Hey Baby, du hast dich bestimmt für mein Rundum-Sorglos-Versicherungspaket entschieden. Du kannst sofort unterschreiben. Das Geld kannst du dann innerhalb der nächsten zwei Wochen auftreiben.«

      »Lass mich in Ruhe, du nervige künstliche Intelligenz!« In Kiras Schläfen begann ein leiser warnender Schmerz zu pochen. Sie sah sich um: Die Straße war bis auf zwei torkelnde Gestalten in einiger Entfernung leer. Sie würde auf sich selbst gestellt sein, sollte der Robot zum Angriff über­gehen. Sie spannte ihre Beinmuskeln an und war bereit, los zu sprinten, als der Roboter plötzlich den Kopf hängen ließ und dreinblickte, als ob sämtliches Öl aus seinen Gelenkverbindungen gelaufen wäre.

      »Ich bin ein Versager! Keiner mag mich! Ich bin der letzte Schrott!«

      Verdutzt blieb Kira nach drei Schritten wie angewurzelt stehen. Obwohl sie sich dagegen sträubte, meldete sich ihr schlechtes Gewissen. Wie hätte sie ahnen können, dass Versicherungsroboter solch eine sensible Psyche besaßen? Viel­leicht brauchte sie doch eine Rundum-Versicherung?

      Aber der Roboter schien gar keine Antwort mehr zu erwarten, sondern fuhr mit seinem Gejammer fort. »Ich bin als Versicherungsroboter untauglich! Eine Schande für mei­nen Konstrukteur! Niemand wird einen Roboter in meinem Alter mehr einstellen! Ich gehöre zum alten Eisen! Meine Existenz ist verpfuscht! Mir bleibt nur noch eins zu tun: Ich werde mich jetzt auf der Stelle abschalten.« Beim verzweifelten Versuch, seine Funktionen auszuschalten, blieb er in einer Deaktivierungsschleife hängen und winkte ununterbrochen mit dem rechten Arm einem imaginären Gegenüber zu.

      Kira überlegte kurz, ob sie ihn einfach so stehen lassen sollte. Aber womöglich hatte er