Shakespeares Sternenritt. Uta Rabenstein. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Uta Rabenstein
Издательство: Автор
Серия:
Жанр произведения: Научная фантастика
Год издания: 0
isbn: 9783946433101
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versuchten sie, Kira eine absolut konkurrenzlos billige Raumschiff-Rundum-Sorglos-Versicherung aufzuschwätzen.

      Für Kiras alte »Schrottmöhre«, wie sie ihr Raumschiff mehr oder weniger liebevoll nannte! Dabei war es aber das zuverlässigste, das sie je besessen hatte, einschließlich des hyperschnellen Gleiters aus der Deneb-Serie von Star-Riders. Die Produktion war damals eingestellt worden, weil einfach zu viele Gleiter nach dem Durchtunneln eines Wurmlochs nur noch mit Teilen der Besatzung oder gar nicht mehr aufgetaucht waren.

      In den Anfangszeiten galaktischer Raum-Zeit-Reisen hatte man angenommen, dass ein Flug von der Erde zur Wega genauso einfach gelingen würde wie der Katzensprung von Berlin nach Tokio.

      Die Stabilität der Wurmlöcher hatte aber lange gewaltig zu wünschen übrig gelassen und letzte Probleme waren immer noch nicht ganz behoben.

      Kira hatte in informierten Kreisen munkeln gehört, dass die verschwundenen Gleiter in der ewigen Gefangenschaft Schwarzer Löcher gelandet waren, einmal mit, ein andermal ohne die bedauernswerten Wesen, die gerade unglücklicher­weise in dem betroffenen Raumschiff unterwegs gewesen waren, wobei sich Letztere manchmal an den absolut unglaublichsten Orten wiederfanden.

      Nachdem es auch den berühmten Astrosänger B'o-len aus der Nähe von Atair erwischt hatte, konnte nichts mehr vertuscht werden. Die Firma Star-Riders wurde kurz vor der Pleite noch rasch von Intergalactic Vehicles aufgekauft, wie es nach Kiras Erfahrung heute allenthalben üblich war, und stellte danach nur noch Windeln mit integrierter Schlafliedfunktion und drei Alarmmelodien je nach Dringlichkeit des Windelwechsels her.

      Obwohl Kira immer rascher lief – sie war schon etwas außer Puste, weil sie ihr tägliches Konditionstraining sträflich vernachlässigte, denn sie hatte sich, was Sport anging, immer durchgemogelt –, holte sie dieser geschwätzige Ro­boter bald ein.

      Nun ja, mit fünfunddreißig sollte sie vielleicht doch langsam beginnen, etwas für ihre körperliche Leistungsfähigkeit zu tun.

      Ihr Arzt hielt Kira bei jedem Besuch einen Vortrag über den unaufhaltsamen physischen Verfall der Terrestrier jen­seits der dreißig. Der hatte gut reden, seine Art war mit dreißig gerade erst im zweiten Larvenstadium angelangt.

      Kira war zwar nicht auf Terra geboren worden, war aber doch unbestreitbar ein Nachkomme dieser plumpen, auf einen Sauerstoffgehalt der Luft von 20,8 % angewiesenen Erdlinge.

      Sie schaute angestrengt zur Seite und tat so, als ob sie dem Gespräch der beiden Androiden zuhören würde, die sie gerade überholte. Die beiden unterhielten sich gerade über die letzten Übergriffe der Weganer auf den Stützpunkt ihrer Flotte auf irgendeinem kleinen grauen Mond irgendeines Planeten in einer verflixt weit von Wega entfernten Galaxie.

      Natürlich nützte es nichts. Der Blechmann ignorierte wie alle Versicherungsroboter sämtliche Regeln der Höflichkeit und plapperte ohne Gruß und einleitende Floskeln wie zum Beispiel »Guten Tag, wie geht es Ihrer Versicherung?« gleich drauflos.

      »Yeah Baby, unser Rundum-Sorglos-Versicherungspaket ist unschlagbar preiswert, glaub mir. Wir versichern sogar Vandalismus, du verstehst, alle deine Kumpels sind bekifft und haben sich bis zum Dematerialisieren volllaufen lassen, und dann hauen sie alles kurz und klein.

      Natürlich ist auch die Haftpflicht inbegriffen, falls du anschließend im Vollrausch aus Versehen ein paar Raum­schiffe zerbeulen solltest. Du wirst es echt nicht bereuen, Baby! Und solltest du – ssssst«, er machte mit seinem Metallarm eine wegwerfende Bewegung, »mal in einem Wurmloch verbleiben, werden zumindest deine Familienangehörigen Freudentänze aufführen.

      Dann gibt's für die ein Fünftel vom derzeitigen Wert deines Raumschiffes cash auf die Hand. Da bist du platt, was, Baby?«

      Ein dermaßen stümperhaft umprogrammierter Roboter war Kira bisher selten begegnet. Sie schüttelte den Kopf, unschlüssig, ob sie verärgert oder belustigt reagieren sollte.

      Ihr war bekannt, dass es mit der Filmindustrie seit Jahren bergab ging, und immer mehr Robots, die vor Bluescreens die Hauptrollen in den so genannten Echtfilmen übernommen hatten, nachdem das Publikum der ausschließ­lich per Computer erstellten Filme überdrüssig geworden war, wurden kurzerhand auf nützlichere Tätigkeiten umprogrammiert. Manchmal waren die Programmierer allerdings überfordert und es ließ sich nichts Brauchbares mehr aus den metallenen Lebewesenkopien herstellen.

      Nicht nur die Filmindustrie hatte diese Probleme: Kira hatte Gerüchte gehört, dass ein Umfunktionieren von Politikerdoubles nahezu aussichtslos war. Dies lag wahrscheinlich daran, dass für diese Aufgabe Ausschussware verwendet wurde, die von Anfang an Schäden hatte wie defekte Fremdsprachenchips, Totalausfall der Toleranzimitation und nicht deaktivierbare Endlosschleifen aneinandergereihter Parolen.

      Wie sich Kira entsann, fielen bei dem letzten Präsidenten der Drei Vereinigten Kontinente hauptsächlich das männ­lich-markante Aussehen und, was fast noch wichtiger war, das Dauergrinsen auf. Erst als die Staatengemeinschaft wirtschaftlich fast in den Ruin getrieben worden war und sich zuletzt gar ein Bürgerkrieg auszuweiten drohte, eliminierte man diesen Katastrophenpräsidenten – beinahe zu spät.

      Der Cowboy-Versicherungsvertreter-Verschnitt nuschelte mit stark holonischem Akzent. Seit sich vor vielen Jahr­zehnten das Esperanto als Universalverständigungssprache endgültig durchgesetzt hatte, waren im Hinterkopf implantierte Übersetzungschips überflüssig geworden. Durch fal­sche Übersetzung ausgelöste verheerende Vernichtungsfeldzüge, weil zum Beispiel »lasst uns ein Bier zapfen« mit »ihr seid der größte Mist, der je verzapft wurde« verwechselt worden war, gehörten der Vergangenheit an, über die Kira nur noch in der Anekdotenglosse des Milchstraßenspiegels las.

      »Nein danke, Space-Cowboy, ich brauche keinerlei Versicherung. Erstens hat mein Raumschiff nur noch Sammlerwert und zweitens habe ich keine Familie.«

      »Nur meine beiden Koloniekinder auf Terra, die ich zweimal im Jahr besuche«, fuhr sie in Gedanken fort. »Und von Mutter kommen seit vielen Jahren nur noch unregelmäßig Lebenszeichen. Manchmal meldet sie sich zehn Monate lang nicht, um dann überraschend aus den Tiefen des Weltalls aufzutauchen und mich mit dem Klatsch und Tratsch sämtlicher Spiralgalaxien zu überschütten.«

      Laut sagte sie: »Und wenn ich ein anderes Raumschiff aus Versehen zerschrotten sollte, wird sicher mein reicher Onkel einspringen. Der sitzt im Intergalaktischen Präsidialrat und weiß gar nicht, was er mit seinem Geld anfangen soll, so viel bringt ihm sein Posten ein.«

      Kira hatte gehört, dass es früher genauso gewesen war: Einem Politiker wurden die Millionen nur so hinterher geworfen, selbst wenn er der unfähigste Trottel unter seiner Sonne war. Auch auf Terra hatte man das so gehandhabt.

      Sie fand, dass man stattdessen grundsätzlich so verfahren sollte wie auf einem kleinen Planeten inmitten eines offenen Sternhaufens in der Nähe von NGC 2264, wo unfähige Regenten ohne große Umstände zu Dünger verarbeitet wurden.

      Dem Volk hatte das leider nicht viel genützt, da mit einer Invasion durch Bewohner der Nachbargalaxie eine Seuche eingeschleppt wurde, die beinahe sämtliche Bewohner des Planeten dahinraffte. Nur ein paar blieben am Leben, die gerade auf der einzigen Raumstation die Geburt des fünftausendsiebenhundertzweiunddreißigsten Nachkommen ihres Regenten feierten.

      Oder war es die Entdeckung der fünftausendsieben­hundertzweiunddreißigsten Supernova im linken oberen Himmelsquadranten gewesen?

      Kira zuckte unwillkürlich mit den Schultern. Egal, jedenfalls umkreisten die unsanft aus ihrem Vollrausch Erwachten einige tausend Jahre ihren Heimatplaneten, bevor sie von mitleidigen Regonen an Bord einer Raumfähre genommen wurden.

      Kiras aufdringlicher Begleiter ließ sich nicht entmutigen. Im Gegenteil, sie hatte ihm unbeabsichtigt ein Stichwort geliefert, an das er eifrig anknüpfte.

      »Aber Kleines, alle Mitglieder des Intergalaktischen Präsidialrates sind bei uns versichert. Du wirst es kaum glauben, aber sowohl Sach- als auch Personenschäden sind bei jedem bis zu einer Summe von fünf Millionen Universos gedeckt. Da bleibt dir die Spucke weg, was? Diese Versicherung ist gar nicht teuer – tausend Universos im Jahr und du bist dabei!«

      Er