Feingeist. Dankmar H. Isleib. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dankmar H. Isleib
Издательство: Bookwire
Серия: münchenMAFIAmord
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783981837896
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jetzt nicht. Der Tote war zwar Staatssekretär im Bauministerium, vermutlich weißt du das längst, aber irgendwie dort nur geparkt. Abstellgleis, wenn du verstehst, was ich meine.«

      Mein Kumpel war redseliger, als ich mir das erhofft hatte. Wenn er was weiß, erfahre ich es. Das war schon mal klar. Jetzt hatte ich die Gewissheit, dass die Sache zum Himmel stank. Nun konnte ich meine Recherchen beginnen und meiner Spürnase heute einen Schampus ausgeben, weil sie mal wieder richtig geschnuppert hatte.

      Ich tätschelte Fanny und er lächelte zurück. Nur für mich erkennbar …

      Wenn nun noch morgen die zwanzig Mille auf meinem Konto eingehen würden, könnte ich mit Volldampf loslegen.

      Wohin mich die Reise mit der Familie Wille am Hacken noch treiben würde, davon hatte ich an diesem Spätnachmittag keine Ahnung.

      Ich lud meinen Kumpel noch auf einen French Icône ein, das relativ neue In-Getränk der Münchener In-People: 2 cl Wodka, 1 cl Rose-Sirup, 2 Barlöffel Sommerbeerentee, 15 cl Champagner. Der Kellner musste erst noch einmal nachfragen, ob sein Barkeeper das Zeug mixen kann. Er war wohl nicht auf dem Laufenden oder neu in der Branche. Entzückt servierte er uns wenig später die Drinks und ich muss sagen – dieser French Icône, erfunden vom Barkeeper von Klaus Hoppe vom ›Charles Hotel‹ hinterm Bahnhof, ein edler Schuppen, hat Zug, schmeckt und geht ab wie ‘ne Rakete.

      Côte d’Azur-Feeling.

      Wird Zeit, dass ich Geld verdiene, damit ich mir den öfter leisten kann …

      Ich ließ Fanny das Glas auslecken. Er schmatzte, wie nach einem Rinderfilet frisch vom Grill, medium! Dann kam der Rülpser. Laut und deutlich.

      Fanny!

      »Wollen wir uns morgen um die gleiche Zeit wieder hier treffen, Mario? Ist mir sicherer als das Handy.«

      »Geht klar, Kumpel. Pass auf dich auf und grüß Anna von mir, ja?!«

      Wunder über Wunder.

      Sooo eng waren wir nun auch wieder nicht. Dass er sich um mich Sorgen macht und Anna grüßen lässt? Vielleicht weiß er doch schon mehr, als er mir sagte.

      Ich schnalzte mit dem Finger. Signal für Fanny, dass die Reise weitergeht. Er wedelte noch mal kurz mit dem Schwanz und schob ganz lässig eine hässliche Handtasche mit MCM-Werbung drauf zur Seite, die etwas sehr viel teurer war als die Rechnung, die ich gerade cash beglichen hatte.

      Morgen werden die zwanzig Mille da sein, redete ich mir schon wieder ein. Ist ja auch Scheiße, wenn man immer klamm ist.

      Ich wusste, dass ich von nun an noch vorsichtiger sein musste, als ich es ohnehin war.

      Der Teufel lauert überall, hat tausend Gesichter und eine Kugel mehr im Lauf …

      Bei Anna angekommen, die Fahrt verlief ohne Zwischenfälle und ich wurde auch nicht verfolgt, musste ich ihr wohl oder übel reinen Wein einschenken.

      Es war nicht das erste Mal, dass ich in Gefahr war.

      Daran hatte sie sich inzwischen widerwillig gewöhnt. Aber diesmal befürchtete ich nach Lage der Dinge, dass ich es mit einer besonderen Spezies von Gegnern zu tun haben würde. Oder schon habe.

      Das hieße, dass auch die Fischer auf einem brennenden Ast sitzt.

      »Anna, ich bin inmitten eines neuen Falles. Aber anders als sonst glaube ich, dass du auch in Gefahr bist. Bevor ich nicht weiß, wer meine Gegner sind, werde ich in meiner Bude wohnen. Hier, bei deinen Eltern, bist du sicherer als bei mir oder wenn ich hierbleibe. Wenn du willst, lasse ich dir Fanny zu deinem Schutz da. Ja, ich weiß, du bist kein Fan von ihm, aber …«

      »„Aber …“ Was soll das? Ich hasse dich, Richter! Du bockst rum, schweigst dich aus, verschwindest, wann du willst, machst immer nur dein Ding und ich bin dein dämliches Anhängsel. So läuft das nicht. Spielst den Macho. Aber ich kenne dich besser! Ja, hau einfach ab. Lass mich allein!«

      Anna war drauf und dran, sich in Rage zu reden. Fanny schaute sie an, ich schaute Fanny an. Wir waren beide der Meinung, dass es in dieser Stimmung besser wäre, wenn wir uns verziehen. Fanny sprang hoch, wedelte freudig mit dem Schwanz – das kann die Töle wirklich gut –, schmiss aber nichts um und ich drückte Anna einen letzten Kuss auf die Stirn. Morgen würde alles schon wieder anders aussehen. Wir schlenderten zum F-Type und beim Umdrehen sah ich, dass Anna weinte. Also hielt ich noch mal kurz am Haupthaus, klingelte bei den Fischers.

      Der Alte kam zur Tür, sah mich hasserfüllt an, wie immer. Ich sagte nur:

      »Passt bitte gut auf eure Tochter auf!«

      Der Arsch verstand das genau. Irgendwie war der nicht koscher, den sollte ich mir auch mal vornehmen. Kann man mit dem Verkauf von Klamotten so viel Geld machen?

      Aber er liebte seine Tochter über alles und würde sofort eine Horde von Totschlägern engagieren, die rund um die Uhr ihr prächtiges Anwesen überwachten. Es war gut so, wie es ist. Anna war hier sicher. Nur das zählte im Moment.

      Ich hielt auf dem Parkplatz vor dem Autohaus auf der Münchner Straße, das auch nur Edelschlitten verkauft. Öffnete den Kofferraum, entnahm ihm mein kleines, aber feines elektronisches Suchgerät und checkte meinen Boliden. Das wollte ich bei Fischer nicht machen. Hätte noch mehr Unruhe gebracht.

      Hatte auch ich schon eine Wanze am Wagen? Nach drei Minuten war die Sache erledigt. Der F-Type war sauber. Keine Wanze, keine GPS-Verbindung, nichts.

      19:30. Wir fuhren nun beruhigter zu meiner Bude im Lehel. Unter dem Dach fünfundachtzig Quadratmeter auf zwei Zimmer. Edel und für mich seit ein paar Monaten zu teuer. Thierschstraße. Schön, aber viel Verkehr und ‘ne quietschende Straßenbahn. Haltestelle unter meinen Fenstern. Wenn nur das Gebimmel der Kirche nebenan mir nicht dauernd auf den Sack gehen würde!

      Ich schmiss Fanny noch ein Steak in die Pfanne – das mochte er am liebsten –, setzte mich an den Mac und begann meine Recherchen fortzuführen. Schnell wurde es Nacht. Um zehn nach Zwei fragte Fanny an, ob wir denn nicht noch mal Gassi gehen könnten.

      Klar.

      Sonst scheißt der mir noch auf den nicht vorhandenen Perserteppich!

      »Komm, Nervensäge! Ist ja gut. Ich habe dich vernachlässigt. Kommt nicht wieder vor!«

      02:15. Fanny strahlte und wir liefen die fünf Treppen, achtundsiebzig Stufen, zu Fuß runter. Wie auch sonst. Es gibt keinen Fahrstuhl im Haus.

      Jetzt wusste ich zwar, wo und mit wem der tote Staatssekretär zur Schule gegangen war, mit wem er studiert hatte usw. Ich checkte auch das ganze mir nun bekannte Personenregister durch, um irgendwie einen Ansatz zu finden, checkte Hannelore, die Untrainierte, checkte ihren zweiten Mann, den Trainierenden, versuchte, etwas über die Tochter der Willes herauszufinden.

      Nada.

      Nichts, was mich auf irgendeine Fährte gebracht hätte. Das war schon ermüdend.

      Fanny und ich liefen die Isar zwischen Alpenmuseum, Friedensengel und Müllersches Volksbad entlang. Es war nichts los. Plötzlich schoss Fanny wie eine giftige Natter, sich blitzschnell um seine eigene Achse drehend, mit einer noch blitzartigeren Bewegung hinter mich und schon krachte es brutal: Fanny hatte kurzerhand mit einem einzigen harten Biss einem vermummten Mann die rechte Hand abgetrennt. Fannys Nacken war halt extrem trainiert und er wusste, welchen Biss er wie ansetzen musste, damit so eine Hand vom Körper fällt. Das hatten wir nicht nur einmal trainiert. Er hielt mir die Hand für Sekundenbruchteile als Trophäe entgegen. Dann ließ er sie fallen. An der Hand hing noch ein riesiges Messer. Der gellende Schrei des Handlosen ging im Lärm unter, den Fanny veranstaltete.

      Alles ging so schnell, dass ich jetzt wohl auch einen Blechsarg gebraucht hätte, wenn mein geliebter Mastiff nicht wahnsinnig aufmerksam gewesen wäre und rigoros eingegriffen hätte. Der besitzt halt eine feinere Nase und bessere Ohren. Fanny riecht Gefahr. Er hatte wohl auch im schwachen Mondschein den Stahl des Messers aufblitzen sehen.

      Logische Konsequenz für Fanny: Das Messer muss weg.

      Und wenn