Feingeist. Dankmar H. Isleib. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Dankmar H. Isleib
Издательство: Bookwire
Серия: münchenMAFIAmord
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783981837896
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nicht irre, wurde Fanny rot vor Scham.

      Doch vor ihrem Vergnügen musste ich noch einiges von ihr wissen.

      »Sag mal, Hanni, was genau hat denn dein Dahingeschiedener in seinem Amt gemacht? Weißt du da was Genaueres?«

      Als ob sie nur darauf gewartet hätte, legte Hannelore, die zu Trainierende, los. Ein offenes Buch. Ich musste nur noch blättern, registrieren und mir alles merken. Wie ein Wasserfall betete sie die unglaubliche Karriere ihres Ex-Mannes runter und ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Dame hatte ein verdammt gutes Gedächtnis und bei vielen Details, die sie wie nebenbei erzählte, ratterte es in meinem grauen Kasten und mir wurden schlagartig viele Zusammenhänge klar.

      Während sie mir mit ihren Details aus dem Leben ihres Ex-Mannes, ohne es zu ahnen, sehr half, rutschte nicht nur der Rock noch höher, so dass ich Einblick in ihr unbedecktes Innerstes bekam, sie rutschte auch immer näher, um nicht zu sagen, auf meinen Schoß, was Fanny mit einem Grunzen begleitete und er mir einen gemäßigt bösen Blick zuwarf. Als wolle er sagen:

       Alter, pass auf!

      Es half nichts, ich ergab mich freiwillig und über den Rest des Vormittags schweigt des Genießers Höflichkeit.

      13:39. Als wir uns endlich vom Acker machten – Hannelore hatte es plötzlich sehr eilig, vermutlich kam der Trainer vom Training und wollte seinen Fressnapf gefüllt sehen –, hatte ich rund ein Dutzend interessanter Informationen aus ihren Sprachergüssen herausgefiltert.

      »Fanny, das wird jetzt spannend. Gleich bekommst du was Gutes zum Essen und einen riesigen Napf Wasser. Wir fahren wieder ins Brenner. Pass bitte auf uns auf, du weißt schon: Die Menschen sind böse!«

      Fanny nickte.

      Wir hatten unsere Augen überall und kamen problemlos ohne Stau zur Maximilianstraße. Einen Parkplatz bekommt man dort nie. Und in die Operngarage? Nee – bei den Preisen. Nach der zweiten Runde hatten wir Glück. Fanny bellte einmal kurz und kräftig. Er bestätigte, dass er mit dem endlich gefundenen Platz direkt neben Hermés, gegenüber vom Vier Jahreszeiten, einverstanden war. Eine Politesse war nicht zu sehen. Ich wagte es, mich dem staatlichen Wegelagererzoll zu entziehen. Kein Geld erreichte den hungrigen Automaten. Fanny bekräftigte meine Entscheidung und nickte erneut.

      Der Gute hatte ebenfalls Hunger und Durst. Aufpassen strengt an.

      Mein Kumpel Mario, der Kommissar mit dem Blick für das Wichtige, saß schon. Am gleichen Tisch wie gestern. Es stand bereits ein Trog Wasser neben ihm. Auf dem Boden. Für Fanny. Der Mann überraschte mich immer mehr. Da der Kellner gerade vorbeikam, orderte ich als Erstes ein riesiges Steak für Fanny. Medium, versteht sich. Fanny quittierte das mit kräftigem Schlabbern. Ihm lief jetzt schon das Wasser im Maul zusammen. Aber das hatte er sich verdient, oder?

      »Heute Morgen haben wir eine Hand gefunden. Mit einem zwanzig Zentimeter langen Messer daran. Russischer Stahl. Gleich in deiner Nähe …«

      Das saß! Wollte er damit etwas andeuten? Ich stellte mich dumm. Ob er es glaubte? Ich wage es noch heute zu bezweifeln.

      »Ist ja schön für euch, Mario. Eine Hand. Das ist doch mal ein Anfang. Habt ihr denn den Rest auch schon?!«

      Ich schaute Fanny an, er blickte vielsagend zurück. Wir hatten ein gemeinsames Geheimnis. Bei Fanny war es auf jeden Fall besser aufbewahrt als bei mir. Selbst wenn sie ihn foltern würden, was der da oben verhindern möge: Der sagt nichts …

      »Nein. Haben wir nicht. Von keiner Klinik kam eine Meldung. Bis jetzt jedenfalls. Aber du weißt es selber, die Suche kann lange dauern. Monate. Wir haben die Hand gecheckt … Abgebissen … Vermutlich … Wenn das stimmt, muss das beißende Wesen ein riesiges Ungeheuer gewesen sein. Mindestens wie das hier.«

      Und deutete mit dem Kopf auf Fanny, der das gar nicht gerne sah und mir einen fragenden Blick zuwarf.

      »Wir haben Fingerabdrücke verglichen. Der Mann ist uns kein Unbekannter, wenngleich wir ihm bislang nichts nachweisen konnten. Er ist aus Moldawien. Russe aus Transnistrien, genauer gesagt, er ist dort aufgewachsen. Irgendwann kam er ohne Papiere zu uns. Ein Mann fürs Grobe. Wir rechnen ihn zur DDBC-Organisation. Das ist Russisch ‚Деньги делают вас счастливым‘ und heißt so viel wie ‚Geld Macht Glücklich‘. Das kannst du doch auch bestätigen, Doktor!?«

      »Nein, kann ich nicht. Seit die mich beim LKA in der Maillingerstraße gefeuert haben, fehlen mir monatlich ein paar Tausend Euro! Ich muss mich verdammt einschränken. Kann keine Recherchen auf eigene Faust anstellen. Aber DDBC sagt mir was. Irgendwie habe ich das schon mal gehört mit den Moldawiern.«

      Fanny nickte schon wieder zustimmend.

      Bis jetzt hatte er aufmerksam zugehört und ständig in alle Richtungen geschaut. Sie wissen – er riecht die Gefahr.

      Dann kam auch schon sein Mammutsteak in der Größe eines Fußballfeldes für lauffaule Fußballprofis und von diesem Moment an waren wir ausgeblendet. Das heißt, nicht ganz. Kaum war das Steak für ihn gekommen und unsere French Icône – ich hatte sie wieder geordert, konnte einfach nicht widerstehen –, da klingelte Marios Smartphone.

      »Was gibt’s?«

      Dann war Stille am Tisch. Nur unter dem Tisch hörte man anfangs noch Fanny schmatzen, laut, wie zwei Models nach einer Hungerkur wegen des letzten Jobs in Milano…

      Mario sagte nur hin und wieder „hm“, oder „aha“, dann „wo? “, dann „bist du sicher? “, „aha“, „Irrtum ausgeschlossen? “, „OK“, „nein! “, „ich bin in dreißig Minuten da, nein, sagen wir vierzig“.

      Er legte das Handy weg und schwieg.

      Ich schaute Fanny an, der sein Fressen während des Telefonats plötzlich ruckartig unterbrochen hatte, und mir war klar, dass Mario-Hauptcommissario soeben die Nachricht erhalten hatte, dass sie den dazugehörigen Körper zur Hand mit dem Messer gefunden hatten.

      Was unweigerlich den Schluss zuließ, dass auch der Körper nicht mehr lebte.

      Fanny war sich zu 100 Prozent sicher. Sein Blick sagte alles. Er hatte es gehört! Sein Gehör ist eben x-mal besser als das von uns Menschen … Er kann Geräusche besser filtern als wir. Er kann sich auf einen Sound total fixieren und seine Gehörmuscheln drehen, so dass er rundum hören kann. Er kann unwichtige Geräusche ausblenden und erinnert sich an jedes Detail. Das Telefonat hatte meinen Mastiff erschüttert. Das sah ich sofort und sein Blick bestätigte mir seine Vermutung.

      Ich sagte zu Mario:

      »Ihr habt die Leiche gefunden. Zur Hand mit dem Messer, richtig?«

      »Scheiße. Woher weißt du das. Kann man so gut in meinem Gesicht lesen? Dann bin ich kein guter Bulle. Scheiße …«

      »Nein. Fanny hat mitbekommen, dass bei dir irgendetwas oberfaul sein muss, schau ihn dir an!«

      Nun warf mir Fanny einen vorwurfsvollen Blick zu. Biss leidenschaftlich und wütend in sein riesiges Stück Fleisch und mir war klar, was er mir sagen wollte:

       Doktor, du bist ein Arschgesicht. Verrätst uns hier!

      Und er hatte nicht unrecht. Es war ein Spiel mit dem Feuer. Ich musste es eingehen. Mario würde mir schon sagen, was abgelaufen war.

      An unserem Tisch war nun wieder das nervöse und gierige Schmatzen von Fanny zu hören. Zwischen jedem Bissen schaute er mich an. Fragend und wütend.

      Ich beruhigte ihn mit Blicken.

      »Ja, sie haben den Mann gefunden. Am Flaucher. Allerdings nur den Körper. Ohne Kopf. Sauber abgetrennt. Dennoch war die Zuordnung leicht. Wer liegt schon im Wasser mit nur einer Hand und ohne Kopf. Das wird richtig eklig. Die, die ihn beseitigt haben, wissen nicht, dass wir diese Fingerabdrücke bereits vorher hatten. Sie glauben, dass wir ihn nicht identifizieren können. Spuren in der Isar zu finden, ist nicht einfach. Die müssen ihn von der Brücke geschmissen haben. Gegen drei Uhr morgens, sagt der Doc.«

      »Scheiß Tag